Design rules! Die ersten US Investoren orientieren sich um

In den USA scheinen sich die ersten Investoren zu besinnen und ihre Herangehensweise an Online-Investments grundsätzlich zu überdenken. Vor allem Dave McClure, der dafür einen neuen Fonds aufgelegt hat, fordert ein radikales Umdenken.

Da die wenigsten Online-Startups heute noch Tech-Startups sind, braucht es ein neues Kompetenzprofil (für Gründer ebenso wie für Investoren):

Addictive

Dass hier etwas grundsätzlich im Argen liegt, ist spätestens seit dem Aufkommen der Facebook-Apps zu beobachten, mit denen sich fast alle schwer tun. Doch auch außerhalb von Facebook dümpeln Unmengen von (Internet-)Startups dahin, weil zu wenig Wert auf ein intelligentes (Anwendungs-)Design gelegt wurde.

Aufbau und Gestaltung einer Anwendung sind essentiell!

Bei Exciting Commerce ist Anwendungsdesign von Beginn an ein zentrales – wenn auch leider wenig beachtetes – Thema. 2005/06 gab es die ersten Beiträge dazu unter dem Label "Exciting Tools", später dann unter der Rubrik "Widgets", "(Facebook-)Apps", "Virales (Anwendungs-)Design", etc.

Ernüchternd dabei, dass scheinbar weder Gründer/Entwickler noch Investoren in Anwendungen/Services denken können (s. die vielen missratenen Shopping-Apps fürs iPhone) geschweige denn überhaupt die Notwendigkeit für ein solches Denken erkennen.

Das macht eine Diskussion darüber quasi unmöglich. Dabei hat das mangelnde Verständnis für gutes Anwendungsdesign zunehmend fatale Folgen: Erstmals so richtig spürbar war dies 2008, als zunehmend gute E-Commerce-Anwendungen in die falschen Hände fielen (s. Das verlorene E-Commerce Jahr):

  • Denn Investoren sind ohnehin nicht sehr offen für innovative Anwendungen und Konzepte
  • Wenn sie dann aber doch mal in innovative Ideen investieren, dann
    stellen sie den Gründern oft Berater und/oder Manager zur Seite, die ihr
    Handwerk in der Internet-Steinzeit gelernt haben – und dem Startup in
    seiner Entwicklung mehr schaden als nützen.

Wievielen 2.0 Gründern hat Fred Wilson (der sich inzwischen wohl eines besseren besonnen hat) den Freemium-Floh ins Ohr gesetzt? Bezahldienste mögen in Ausnahmefällen (und im B2B-Bereich) ein probates Mittel sein. Im Consumerbereich sind sie aber oftmals nicht mehr als eine Notlösung für misslungene bzw. unausgereifte Internet-Anwendungen.

Wieviele Unternehmen sind in ihrer natürlichen Entwicklung gehindert und ausgebremst worden, weil sie viel zu früh auf Bezahlmodelle gesetzt haben, anstatt ihre Anwendung zu überdenken und so zu konzipieren, dass alternative Erlösmodelle möglich werden?

Chris Anderson beschreibt in 'Free' jede Menge alternativer Ansätze, wie sich online Geld verdienen lässt (ebenso wie Jeff Jarvis in 'Was würde Google tun?'). Im Grunde ist der Trick, das Internet als Medium zu begreifen – und die eigene Unternehmung als Mediendienst so zu konzipieren, dass sie für dritte Parteien attraktiv wird, die dann auch bereit sind, sich den Service etwas kosten zu lassen (s. Google als das ultimative Vorbild).

Sehr sehenswert ist in diesem Zusammenhang beispielsweise das Supernova-Startup-Panel mit Dave McClure und Slideshare-Gründerin Rashmi Sinha, die nicht wie einst Flickr & Co. reflexartig auf Freemium setzt, sondern sehr klare Vorstellungen hat, womit Slideshare einmal das große Geld verdienen will und die Seite nun in diese Richtung trimmen kann.

Wir brauchen ein besseres Verständnis für Internetanwendungen!

Vor allem brauchen wir Anwendungen, die vom Nutzer her gedacht werden und nicht von der Technik. Das mag im E-Commerce extrem sein, wo sich eine ganze Branche quasi immer noch über das Shopsystem definiert. Es gilt aber auch für andere Segmente.

Sehr ermunternd ist dieser sich abzeichnende Sinneswandel auch im Hinblick auf das Exceed-Programm, wo ja genau E-Commerce Anwendungen gefördert werden sollen, die – wie es Dave McClure so schön formuliert – "Addictive User Experience" und "Scalable Distribution Methods" vereinen. Seinem Appell kann man sich also nur uneingeschränkt anschließen:

"Startups & VCs: Learn How to Design, Market, & Eat Your Own Consumer Internet Dogfood"

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Facebook, Shopboerse

1 Antwort

  1. ‚Dogfood‘ … klasse.

  2. Moment
    eine ganze Branche quasi immer noch über das Shopsystem definiert
    Wird nicht auch hier immer globhudelt wie toll doch dies und jenes Shopsystem ist?

  3. Erstmal vielen Dank für den erfrischend „nonkonformen“ Artikel, wenn gleich auch ich, wie der vorherige Kommentar, den leichten Widerspruch zu den sonstigen Beiträgen bemerke.
    Aber immerhin wird Usability, so würde ich es anstatt Design benennen, mal thematisiert.
    Nicht nur hier hinken wir in Deutschland ziemlich hinterher, noch viel schlimmer ist die Einstellung der Investoren, die eigentlich Innovationstreiber sein müssten, siehe Innovationsvermeidung/Skepsis neuer Online-Startup Konzepte und „Internet-Steinzeit-Handwerker,“ im Artikel.
    Leider empfinde ich Deutschland sozusagen als das China der Online-Startups. Es wird einfach alles, zumeist auch noch ohne jegliche Anpassungen/Änderungen kopiert, weil scheinbar nur das die Investoren lockt. Sicher gibt es ein paar Ausnahmen, aber mehrheitlich erleben wir nur Copycats. Gerade aktuell warte ich fiberhaft (haha) auf den 563 Groupon Klon. Zudem gehen die Diskussionen ja schon in die Richtung, dass versucht wird 1:1 Kopien zu legitimieren. Soll das also bedeuten, dass das Land der Dichter und Denker nicht mehr hervorzubringen hat? Ich denke dies jedenfalls noch nicht.
    Erschwerend kommt aber auch hier die Grundeinstellung der Online Community hinzu, hiermit meine ich in erster Linie Blogkommentatoren und sekundär auch Blogartikel selbst, durch welche sich zu großen Teilen die Wahrnehmung von Aussenstehenden bildet. Bei den Blogs, die ich so lese, wo neue Konzepte und Startups vorgestellt werden, sind die Kommentare in der Regel negativ. Hauptsächlich wird Neues i.S.v. Innovatives aus Deutschland als (pardon) scheiße empfunden, selten gibt es Lob. Auch hier muss sich etwas ändern, zwar ist konstruktive Kritik immer gut und hilfreich, aber in der Form wird ja noch seltener als mit Lob kommentiert. Normalerweise sollte doch jedem klar sein, dass eine Unternehmensgründung kein Ein-Tagesjob ist, ungeachtet das ich noch kein Startup gegründet habe, war mir das schon immer klar und man sollte m.E. bereits den Schritt in die Selbstständigkeit-Unabhängigkeit (!) positiv bewerten.
    Da es im Artikel erwähnt wird, würde es mich ehrlich mal interessieren wie viele Investoren, Gründer und sonstige Entscheidungsträger im Online Bereich tatsächlich „Free“ gelesen und verstanden haben? Oder auch „Kopf schlägt Kapital?“
    Apropos „Free“, in einem Abschnitt des Buches wird ja auch die Entwicklung von hochtechnisch, nur von Informatikern zu bedienenden, Computern hinzu benutzerfreundlichen Maschinen in Ansätzen thematisiert. Hier kann man natürlich Parallelen zu diesem Artikel sehen. Jetzt muss das Umdenken zu einer echten Usability erfolgen.

  4. Nur der Klarheit halber:
    – Mit Design ist hier genau NICHT Usability gemeint, sondern der konzeptionelle Aufbau einer Anwendung (also im weitesten Sinne Systemarchitektur/Anwendungsdesign).
    – Auch bezieht sich dieser Beitrag nicht auf die deutsche Szene. Auch international findet man mehr Feature-Monster als intelligent designte Anwendungen.
    Ich empfehle ergänzend auf jeden Fall Dave McClures Beitrag zu lesen. Dann wird vieles klarer.

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