E-Commerce-Debakel kostet Media-Saturn-Chef den Posten

Das E-Commerce-Debakel des Jahres 2010 kommt von Media-Saturn. Der Elektronikhändler hat es weder geschafft, ein eigenes E-Commerce-Angebot hochzuziehen ("Online-Start auf unbestimmte Zeit verschoben"), noch, die längst überfälligen Übernahmen einzufädeln (vgl. dazu Amazon). Sondern im Gegenteil 2010 weiter Marktanteile an die Online-Konkurrenz verloren. Während die Online-Händler bvh-Schätzungen zufolge um mehr als 20% zulegten, gingen die Umsätze in den Media-Saturn-Märkten zurück.

Deshalb verwundert es nicht, dass Roland Weise, seit Januar 2007 Chef der Media-Saturn-Holding, heute seinen Stuhl räumen musste (s. Pressemitteilung):

"[Aufsichtsratschef Eckhard] Cordes ist offenbar zunehmend unzufrieden mit der Umsetzung einer im Grundsatz beschlossenen Internet-Handelsplattform.

Die Einrichtung stößt auf Schwierigkeiten und Widerstände, da die rechtlich selbstständigen Media-Markt- und Saturn-Geschäfte ihre Preise selbst festlegen.

Einheitliche, womöglich niedrigere Preise im Internet würden den örtlichen Märkten schaden, deshalb gibt es in den Regionen eine Ablehnungsfront.

Offenbar hatte sich Weise gegenüber Cordes immer vor seine lokalen Geschäftsführer gestellt."

Obwohl die Geschäfte super laufen, verlieren die Media- und Saturn-Märkte zunehmend Marktanteile an die Online-Versender:

"Media-Saturn steht international vor einem Rekordergebnis für 2010. In Deutschland sank der Umsatz zwar, der Gewinn stieg jedoch."

Die Media-Saturn-Gruppe (PDF) betreibt in Deutschland 375 Elektromärkte, die im Schnitt 24,3 Mio. Euro Umsatz machen. Insgesamt kommt die Gruppe in Deutschland so auf 9,1 Mrd. Euro (2009).

Laut bvh-Prognose (vom Juli) wachsen die Umsätze der Online-Elektromärkte 2010 "um mehr als 20%" – von 1,4 Mrd. Euro (2009) auf geschätzte 1,7 Mrd. Euro. Die Umsatzprognosen von Notebooksbilliger, Redcoon und Cyberport für 2010 untermauern diesen Trend.

Der Media-Saturn-Chef ist nicht der einzige, der in diesem Jahr über den E-Commerce gestolpert ist. Auch sein Promarkt-Kollege verlor den Online-Kampf ("MyBy vs. Promarkt").

In der Metro-Gruppe ist das Online-Geschäft nicht nur bei Media-Saturn die Achillesferse. Auch Kaufhof & Co. kämpfen um den Anschluss ("Metro entdeckt das Internet")

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Kategorien:Shopboerse

1 Antwort

  1. Die Entscheidung von Herrn Cordes kann ich sehr gut nachvollziehen und unterstützen. Verantwortliche Manager die immer noch nicht erkannt haben, dass das Internet als Vertriebsweg für die Zukunftsfähigkeit eines Handelsunternehmens einer der wichtigsten Bestandteile ist, sollten ausgetauscht werden.
    Die Einbindung der rechtlich selbstständigen Media-Markt- und Saturn-Geschäftsführer ist bestimmt nicht einfach. Mit der richtigen Motivation und einer integrierten Multichannel Strategie aber erfolgreich umsetzbar. Die möglichen Vorteile für das stationäre Geschäft sollten klar herausgearbeitet werden, damit auch dem letzten klar wird, dass er sich selber den Boden unter den Füßen wegzieht, wenn er sich gegen die Entwicklung stellt.

  2. Und sollte hier mal jemand von den betroffenen Unternehmen mitlesen: Senkt endlich mal die Preise für Medien und sonstigen Kleinkram. Die sind nach Abzug der Portokosten online immer noch erheblich billiger zu haben.

  3. Ich glaube, für eine Single-Brand-Strategie ist es zu spät. Selbst wenn man den stationären Handel am Erfolg des Shops beteiligt.
    Die Vermutung liegt nahe, dass Sie eher über Beteiligungen oder rechtlich losgelöste Firmierungen einen Fuß in die (E-Commerce-)Tür bekommen.

  4. @Pascal: Warum sollte es zu spät sein. Eine Brand Strategie ist doch das einzige was ihnen helfen kann.

  5. Hi Alex,
    ich vermute, dass es bei denen einfach zu viele Platzhirsche gibt, die da (z.B. auf dem Golfplatz) noch ein Wörtchen mitzusprechen haben.
    Für so einen „radikalen“ Move fehlt es (auf neudeutsch) einfach an Commitment.
    Bis die den Tanker rumgezogen haben, sind die schon längst am gelobten Land vorbeigefahren.
    Wenn die das noch schaffen wollen, dann müssen sie jetzt richtig Vollgas geben. Als MediaMarkt-Saturn Gruppe klappt das nicht.
    Gibt doch ein Sprichwort: „Speed beats perfection“ und das trifft’s momentan echt am Besten, wenn man sich die aktuellen (e-Commerce) Entwicklungen anschaut.
    Meinst Du nicht?

  6. @Pascal David bin absolut bei Dir :-)
    Das zweite Argument für eine Zweimarkenstrategie ist, dass Notebooksbilliger, Redcoon und die anderen schon zuweit voraus sind, als dass man sie mit einem weiteren Eletronik-Online-Shop noch einholen könnte.
    Da Media Markt für neue E-Commerce-Ideen das Online Verständnis bzw. die Online-Kompetenz abgeht, sehe ich momentan eigentlich nur eine Übernahme. Wer auch immer der Glückliche ist, er kann hoch pokern …

  7. Dann wäre Mediamarkt doch nur ein weiterer Anbieter mit den gleichen Assets wie die anderen auch.
    Eine zweite Marke macht nur dann Sinn, wenn es keine sinnvolle Lösung für ein mediaonline gibt. Das könnte durchaus der Fall sein, wenn man den offline Margenvorteil nicht riskieren möchte. Dann könnte man ggf. ein mediamarkt.de im Live Shopping Stil bauen.

  8. „Dann wäre Mediamarkt doch nur ein weiterer Anbieter mit den gleichen Assets wie die anderen auch.“
    Was ja im Fall von Mediamarkt schon ein erheblicher Fortschritt wäre :-)
    Zu Deinem zweiten Punkt: Können könnte man natürlich, aber könnte man auch erfolgreich? Das bezweifle ich, weil das nicht zum Standardrepertoire der üblichen Beratungsgesellschaften gehört.
    Ich bin da mittlerweile skeptisch – und tippe weiter auf Übernahme.

  9. @Alex: ein mediamarkt.de Live Shopping wäre sicherlich ein guter Anfang und das müsste ansich auch in der Unternehmensgruppe (leichter) verargumentierbar sein. Aber selbst dann wäre mediamarkt/saturn auch nur „copycat“. Mit wirklicher Innovation hat das ja nix zu tun… Das wäre aber gleichzeitig der Weg des geringsten Risikos.
    Grundsätzlich finde ich (als Endkonsument) die Liveshopping-Idee gar nicht so abwegig.
    Aber vermutlich lahmt da auch (zusätzlich zu den bereits angesprochenen Verkrustungen) der interne Ideen-Förderungsprozess. Ich habe da (leider) kein Insiderwissen, in wieweit die Mitarbeiter ermutigt werden, sich miteinzubringen. Meistens steckt ja in denen aber ungeahntes Potential.
    Unabhängig davon glaube ich, dass man Humankapital von aussen braucht. Menschen mit Pioniergeist, die dann auch bei Mediamarkt/Saturn, den nötigen Freiraum zum Ausleben bekommen.
    Und jetzt stellen wir uns mal vor, so ein e-Commerce-Pionier sucht gerade einen Job und hat jetzt die Wahl zu entscheiden wohin er gehen mag. Im Zweifel würde der doch niemals Mediamarkt/Saturn gegenüber Redcoon, NBB o.ä. wählen.
    Ich habe schon viele e-Commerce Teams in Gesprächsterminen erlebt. Es ist immer das Team im Hintergrund, dass für die Musik verantwortlich ist und nicht primär, dass Shopsystem oder die Fancy Technologie, die eingesetzt wird. Diese Dinge sind nur das I-Tüpfelchen.
    Als ich den ursprünglichen Beitrag gelesen habe, habe ich mich an den Artikel über Tony Hsieh & Zappos erinnert.In dem Interview sprach der doch davon, dass einer der größte Fehler das Thema „Hiring“ darstellt und dass dies langfristig einen Domino-Effekt hat. Ich glaube aus dieser Spirale herauszukommen ist auch für so eine große Gruppe wie Mediamarkt/Saturn gar nicht so leicht.
    @Alex: der Kassenzone-Beitrag „Die Dummen Fleißigen sind gefährlich“ ist super und passt da eigentlich auch gut rein.

  10. Naja noch ist nicht aller Tage Abend. Wenn MediaMarkt in zwei Jahren sich endlich mal durchgerungen hat auch online anständige Angebote zu bieten können sie immernoch sehr stark wachsen und auch online einen guten Anteil aufbauen. Man bedenke die Möglichkeiten die MediaMarkt hat – im Gegensatz zu den (im Vergleich) kleinen anderen Anbietern. Allein wenn in jedem Markt der Shop zusätzlich beworben wird ist das schon eine Präsenz von der andere nur träumen können.
    Und am Beispiel Zalando sieht man ja, dass selbst in völlig unbekanntes Unternehmen mit entsprechender Werbung fast von heut auf morgen bekannt ist. Und das obwohl bekannte Unternehmen wie Görtz, Leiser, Deichmann & Co. vorher online verkauft haben.
    Spekuliere aber auch auf eine Übernahme früher oder später – macht das Ganze einfacher.

  11. Man sollte nicht unterschätzen: Es gibt zwei Branchen, da haben neue Player (mit alten Konzepten) online kaum noch Aussichten auf Erfolg – und das ist der Elektronikmarkt und der Buchmarkt, weil beide schon extrem weit fortgeschritten sind.
    Das ist der große Unterschied zu Schuhen (und Mode generell), die online noch kaum besetzt sind.

  12. @jochen:
    Das Potential ist da!
    http://trends.google.com/websites?q=mediamarkt.de,+redcoon.de,+notebooksbilliger.de,+cyberport.de&sa=N
    Ist nur die Frage wie mans umsetzt. Ich hätte ne Idee, aber mich fragt ja keiner ^^

  13. Ich tippe auch auf eine Übernahme.
    Potentiale im Live-/Aktionsshopping sehe ich auch, allerdings müsste man dafür ein Team (von der Beschaffung bis zur Vermarktung) haben, welches die „Philosophie“ versteht und lebt. Mit einem ein Tag ein Produkt Frontend ist es nicht getan (siehe damals cyberport24)
    Deswegen wäre der Einstieg ins Liveshopping nicht einfach nur ein guter Anfang sondern ein grosser Schritt. Habe nämlich den Eindruck, man unterschätzt es so ein bisschen :-)

  14. @Fabian Wem sagst Du das. Hätte uns mal jemand gefragt ;-)
    Der Witz ist ja, dass Media Markt über TV und Print aufgrund der gesunkenen Reichweiten dort den nötigen Werbedruck gar nicht mehr aufbauen kann und entsprechend schon enorm viel Geld in Online-Werbung steckt. So lassen sich die Trafficzahlen erklären.
    Nicht, dass kein Geld da wäre …

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