Strukturwandel: Online-Geschäft rettet deutsche Buchbranche

Die Buchbranche ist die erste Branche, die dem Online-Handel nun auch ganz offiziell Respekt zollt und diesen als ihren Retter feiert ("Online-Geschäft rettet deutsche Buchbranche"):

"Der florierende Online-Handel hat die Buchbranche im vergangenen Jahr vor dem Schlimmsten bewahrt.

Amazonbuch

Für den klassischen Buchhandel endete 2010 nach einem katastrophalen Weihnachtsgeschäft mit einem Minus von 2,8 Prozent.

Dass für das Gesamtjahr doch ein winziges Umsatzplus von 0,4 Prozent in den Büchern der Branche steht, hat sie dem E-Commerce zu verdanken."

Vielleicht sollte man es nicht so direkt sagen, aber für die Buchbranche hat sich der traditionelle Buchhandel in den letzten 15 Internet-Jahren zum Reinfall entwickelt, der dem Online-Handel in dieser Zeit nur wenig entgegenzusetzen vermochte – und zwar weder in Sachen Sortimentskompetenz noch in Sachen Verkaufskompetenz (siehe das Interview in der kommenden Ausgabe des Buchreport).

Zu den ganz wenigen Ausnahmen zählen branchenfremde Buchhändler wie das Kulturkaufhaus Dussmann, von dessen Online-Verständnis sich selbst Thalia & Co. so einiges abschneiden könnten:

"Ich definiere Online in Bezug auf das KulturKaufhaus als Informa­tionskanal und hielte es für ein Missverständnis, den Online-Auftritt nur als Absatzkanal zu sehen.

Dass man nebenher über diesen Weg auch verkaufen kann, ist klar, aber es ist für uns nicht das Geschäftsfeld, mit dem wir viel Geld verdienen werden.

Terminals im Laden halte ich für eine falsche Idee, das sind verwaiste Plätze. Ich hatte vor ein paar Jahren selbst darüber nachgedacht und bin froh, dass wir das nicht gemacht haben. 

Um es grundsätzlich zu formulieren: Etwas im Laden zu tun, was man gut oder besser zu Hause machen kann, das ist keine Strategie, um stationären Handel spannend zu machen."

Was für ein Unterschied zum strategischen Selbstverständnis von Thalia im aktuellen Geschäftsbericht von Douglas (PDF)!

Es ist nicht so, dass es für den traditionellen Buchhandel in einer online-getriebenen Welt keinerlei Perspektiven gäbe, wie zum Beispiel Dorothea Redeker sehr schön in ihrem Buch Quo vadis, Buchhandel? ("Vom klassischen Händler zum Anbieter partizipativer Lösungen") herausarbeitet.

Aber natürlich ist die Referenz für zeitgemäßen Buchhandel inzwischen Amazon. Was nicht heißt, dass Amazon immun wäre gegen neuartige Geschäftsmodelle – im Online-Handel ebenso wie im Buchhandel vor Ort.

Wenn man den Umbruch im Buchhandel verfolgt, kann man sehr viel lernen, was auch den anderen Handelsbranchen noch bevorsteht, die sich der "Herausforderung Internet" ebenso halbherzig stellen wie die Buchbranche. Dramatischer als in Deutschland ist die Lage für den Buchhandel schon in England und in den USA

Exciting Commerce Beiträge für die Buchbranche finden sich seit 2009 auch regelmäßig im Buchreport-Blog

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Kategorien:Uncategorized

  1. …und wie groß der Vorsprung der Online-Buchhändler erst werden wird, wenn sich Ebooks durchgesetzt haben…

  2. Danke für den Artikel, aber ich verstehe da etwas nicht ganz richtig… Wieso sollen sich Thalia und Co vom Onlineverständnis vom Kulturhaus Dussmann eine Scheibe abschneiden? Im verlinkten Artikel steht doch nur, dass Dussmann seine Kunden befragt hat, und das Internet hauptsächlich auch als Informationsplattform nutzt. Das hängt doch aber ganz stark mit derem Konzept zusammen: Dussmann steht für mich für ausführliche, ruhige Kultur und nicht für den Massenkonsum Thalia und Co. Die Zielgruppe von Dussmann beschäftigt sich doch viel stärker und ausführlicher mit dem einzelnen Kulturgut als der Massenkonsument von Thalia? Deswegen kann doch Multichannel mit Onlinestationen im Handel funktionieren? Die einzelnen Onlinestationen sollte man doch eher erweiternt nutzen.
    z.B.: Ich frage den Verkäufer im stationären Handel nach einem Buch, welches nicht lagernd ist. Also bestellt der Verkäufer (oder ich) das Buch online im Handel und liefert es direkt nach Hause.
    Oder gehts einfach um den Onlineshop Thalia an sich?

  3. der Umlaut im Permalink ist ungünstig fürs Sharen.
    otherwise: informativer Artikel, wie immer.

  4. Danke, werde künftig darauf achten

  5. @Justus Was Dussmann mE hat und Thalia nicht, ist ein klares strategisches Profil/Verständnis. Welchen Mehrwert kann ich meinen Kunden bzw. den Verlagen bieten und wie kann ich mich von Amazon absetzen?
    Nur ein bisschen Online-Bestellfunktionalität reicht da mE nicht aus. Zumal die Thalia-Verkäufer bei jedem nicht lagernden Buch die Unzulänglichkeiten von Thalia kommunzieren und dem Kunden signalisieren: Sowas findest Du nicht bei uns im Laden. Bestells doch lieber gleich online (bei Amazon).
    Die (strategische) Frage ist doch: Was können stationäre Buchhändler bieten, was ein Amazon nicht kann. Darauf hat Thalia noch keine Antwort, Dussmann schon.

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