Vernetzbare Shopsysteme beim Neuland Fachtag in Bremen

Ob Contentinformationen oder persönliche Nutzerdaten (via Facebook Connect) – im Internet lässt sich inzwischen so ziemlich alles austauschen und von einer Systemplattform zur anderen übernehmen.

Nur E-Commerce-Systeme bleiben Shop- und Produktsilos, die sich zwar mittlerweile ganz gut und vergleichsweise einfach an die relevanten Vor- und Umsysteme anbinden lassen. Untereinander gibt es jedoch kaum geeignete Schnittstellen und Austauschmöglichkeiten – weder für Produktdaten noch für Bestellinformationen.

Auf dem zweiten Neuland Fachtag für E-Commerce durfte ich diese Woche in Bremen einen Vortrag zum Thema Vernetzbare Shoppingsysteme halten, in dem ich mich der Thematik von vier Seiten genähert habe, um das Thema zur Diskussion zu stellen:

Das Echo war sehr gut und die Reaktionen entsprechend vielfältig. Neben den üblichen Bedenken – Welches Interesse sollte ein Händler haben, fremder Leute Produkte zu verkaufen? – gab es auch viel Konstruktives.

Unter anderem zeigte sich, dass man selbst in Konzernen inzwischen mit dem Gedanken spielt, dass die eine Unternehmenstochter auch Sortimentsteile der anderen mitführt:

  • Warum sollte z.B. in der Tengelmann-Gruppe nicht Obi geeignete Aktionsware von Plus.de mitverkaufen oder Woolworth irgendwann Bekleidung von Kik, etc.?
  • Warum sollten in der Douglas-Gruppe nicht Thalia oder Christ irgendwann auch die Produkte von Hussel anbieten (und umgekehrt)?

Im Nachgang kam dann die Frage auf, wie tiefgehend die Shopsysteme optimalerweise integrierbar sein sollten:

  • Sollten nur die Produktinfos eingebunden werden können, um die Kundschaft dann wie von Affiliate-Lösungen bekannt auf die Partnershops verweisen zu können?
  • Sollten die Bestellungen in Partnershops für den Kunden im Warenkorb klar als Fremdbestellungen erkennbar sein (wie bei Amazon) oder nicht (wie bei Neckermann)?
  • Sind also unterschiedliche Optionen für den Integrationsgrad zu berücksichtigen?

Im Streckengeschäft/Drop-Shipment sowie im Elektroniksegment, wo bereits heute viel mit Distributoren gearbeitet wird, sind derlei Fragestellungen zum Teil schon gelöst. Bei den Shoplösungen für den E-Commerce sind sie aber erstaunlicherweise noch nicht angekommen.

Die mangelnde "Vernetzbarkeit von Shoppingsystemen" habe ich zum ersten Mal 2009 auf dem Convention Camp in Hannover thematisiert und im letzten Jahr u.a. auf der Meet Magento #3.10 sowie auf dem E-Commerce-Barcamp in Hamburg angerissen. Auch in den 50 Denkanstößen für den E-Commerce von morgen ist das Thema enthalten.

Unlängst hat Shopware als erster Shopsystem-Anbieter für Herbst direkte Vernetzungsmöglichkeiten angekündigt ("Jeder Shop ist ein Marktplatz"). Und wir sind gespannt, wie die Lösung aussieht und auf welchen Integrationsgrad Shopware dabei setzt.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Uncategorized

1 Antwort

  1. Tradebyte wäre hierfür evtl ein geeigneter connector…

  2. > Bei den Shoplösungen für den E-Commerce sind sie aber erstaunlicherweise noch nicht angekommen.
    Ganz dumme Frage von einem Unwissenden: Woher weisst Du das Jochen?

  3. Ohne mich für allwissend zu halten, ist mir zumindest kein Shopsystem bekannt, das entsprechende Vernetzungsmöglichkeiten anbietet (wobei sich der zitierte Satz nicht auf die dort erwähnten Dropshipment-Lösungen bezog, die gibt es natürlich, aber in der Regel backendseitig.)
    Oder worauf genau bezieht sich die Frage?

  4. Es gibt keinen Shopanbieter, der das momentan öffentlich anbieten.
    Das hier ein wahnsinnig großer Bedarf besteht, scheint den Anbietern nicht klar zu sein.
    Die Porbleme eines solchen Systems haben ja auch gerade shopperella in die Knie gezwungen.

  5. > Oder worauf genau bezieht sich die Frage?
    Passt – die Frage bezog sich genau darauf, ob es tatsächlich so ist, oder ob es Dir nur nicht bekannt ist.

  6. @Kai Das ist auch nicht ganz so einfach, aber weniger wegen des Inter-Shop Datenaustauschs von Produkt und Orderdaten (wobei das auch schon ne ganz nette Herausforderung ist), sondern viel mehr wegen der Prozesse, die dann hintendran haengen. Wenn jeder Shop ein Marktplatz ist, muesste er im Ernstfall auch dafuer sorgen, dass der Partnershop, der die Produkte liefert, dieses dann a) auch zuverlaessig tut und b) entsprechende Status-Infos liefert.

  7. Der Kopfschmerz beim Datenaustausch ist bei XML Standards relativ gering. Das Shopsystem muss es natürlich können ;-)
    Der zweite Kopfschmerz den Claus anführt ist deutlcih größer.
    Will ich das überhaupt – erfüllt der „Partnershop“ meine Qualitätskriterien?
    Will ich überhaupt Bauchladen sein?
    usw. usf.

  8. @Guuter Freund
    Bauchladen ist sicher uebertrieben, aber mit komplementaeren Produkten / Sortimenten kann man seinen Shop sicherlich attraktiver machen. Ich sehe hier aber weniger Point-to-Point Datenaustausch der Shops sondern mehr die Anbindung an einen zentralen HUB (wie z.B. TheBakery) Hier habe ich die Thematik Qualitaetskiterien erschlagen und kann mir bereits jetzt schon die Produkte voellig verschiedenartiger Shopsysteme plus Offline-Lieferanten reinholen.
    Das ist aus meiner Sicht mittelfristig der gangbarere Weg.

  9. Bauchladen meinte > Vollsortimenter vs. Spezialisierung
    Bauchladen ist ja i.O. – man muss es aber bewusst wollen.
    TheBakery – Jenachdem welche Brille man auf hat ist das total sexy oder total gefährlich.

  10. Noch ´ne kleine Ergänzung:
    Die Thematik Qualitätskriterien sind bei TheBakery nur zum Teil erschlagen.
    Ob der „Partnershop“ z.B. logistisch leistungsfähig genug ist kann mir TheBakery auch nicht garantieren.

  11. >Ob der „Partnershop“ z.B. logistisch leistungsfähig genug ist kann mir TheBakery auch nicht garantieren.
    Doch eigentlich schon. Das ist an der Stelle wie bei Amazon, da sind Service-Levels eingestellt und die werden ueberwacht. Natuerlich kann dir keine Plattform der Welt garantieren, dass die Ware selbst i.O. ist, aber was den Service angeht, ist das schon ganz gut. Gefaehrlich ist die Sache eigentlich hauptsaechlich fuer etablierte Haendler, weil man jetzt auf einmal auch ohne grossen Kapitaleinsatz
    ein richtiger Konkurrent werden kann.

  12. Sorry – ich erkenne da noch ganz andere Gefahren :-x

  13. Nach fast 6 Jahren aktiver Entwicklung, Betreuung und Positionierung eines recht großen Marketplaces / einer Vertriebskooperationsplattform kann ich ex usus sagen:
    Die Herausforderungen in Sachen Schnittstellen (Produkte, Orders etc.) sind weithin überschaubar und selbst in einem eher schwerfälligen Systemumfeld, in dem ich mich bewegen musste, gut machbar; dank Aggregatoren mit sauberen Prozessen wie Tradebyte oder Novomind ist der Geschäftsansatz inzwischen auch sehr gut multiplizierbar, ohne hier permanent neu entwickeln zu müssen.
    Die wahren Herausforderungen liegen vielmehr in der Qualitätskontrolle und -sicherung (Produktdaten, Liefertreue, Fulfillment), im Kundendienst und in der internen operativen wie strategischen Steuerung. Zu dem Thema könnte ich dicke Bücher schreiben ;o)
    Ein „Shopsystem“, das solche Funktionen off the shelf besitzt, kenne ich auch nicht. Ich sehe solche Funktionalitäten aber auch eher in einem PIM-System und nicht in einem Shopsystem (einem „Frontend“ kann es wurscht sein, woher die Produkte kommen und wer die Orders erhält).

  14. So ist es!

  15. Stimmt alles, nur wieviele Shopbetreiber nutzen ein PIM? ;)
    Das Buch würde ich im übrigen sehr gerne lesen

  16. > Stimmt alles, nur wieviele Shopbetreiber nutzen ein PIM? ;)
    Die Frage würde ich gerne ergänzen – wielviele im Enterprise-Segment nutzen ein PIM? :)

  17. Wie viele Shopbetreiber ein PIM nutzen, weiß ich nicht. Spätestens wenn man den Vernetzungsgedanken bzw. Marketplace-Ideen zu Ende denkt, sollte man sich über die Zwischenschaltung eines solchen Systems ernsthaft Gedanken machen. Der Markt dafür ist umfänglich und reicht vom „großen“ HEILER bis zur kleinen SaaS Lösung. Und Hybris bietet ein so called PIM in seinem Framework an.
    Ein reines Shopsystem ist für mich ein Kundenfrontendsystem und hat mit den Aufgaben in diesem Umfeld (Search, Faceted Search, Promotions, Individualisierung, Dynamisierung, Checkoutprozesse etc pp) genug zu tun; Produktdatenkonsolidierung im großen Stil ist ein Fall für spezifische MiddleWare.
    Eine Shoparchitektur (Betonung liegt auf Architektur), die alles inkl. „Vernetzung“ kann, ist mir aber doch noch eingefallen: Amazon Shop. Das ist aber ein anderes Universum…

  18. Danke für die Einschätzungen. Finde ich immer sehr spannend!

  19. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis weit höher als in der Theorie.
    (Ernst Ferstl, österreichischer Lehrer, Dichter und Aphoristiker)

  20. Sehr gut! Kannte ich auch noch nicht …

  21. Das Thema „Vernetzbare Shoppingsysteme“ ist ja exciting, aber in der Praxis gehört da schon mehr zu als bunte Slideware ;-)
    Sven hat´s schön beschrieben und nur an der Oberfläche gekratzt.

  22. Was ja auch niemand bestritten hat, oder?

  23. Aus StatusQuo-Sicht hat Sven absolut Recht. Denken wir aber mal ein paar Jahre weiter. Hier wird sich vieles standardisieren müssen, da nicht jeder Partner bei der aufkommenden Fülle von Vertriebsplattformen und Marktplätzen immer wieder Anbindungsthematiken ans Bein binden will. Selbst bei Lösungen wie TradeByte und TheBakery ist immer ein gewisses Customizing und Pflege notwendig. Zuendegedacht wären die von Jochen beschriebenen Shopsysteme, die sich „unterhalten“ können, nur konsequent (vom Multistore-Systems eines Unternehmens konsequent über die Unternehmensgrenzen hinausgedacht) – ich würde das jedoch nicht nur auf Produkte beschränken, sondern auch auf externen passenden Content und User…
    Alledrings muss dann noch viel mehr standardisiert werden, wie bspw. bei Produkten die Attribute und Merkmale (damit bspw. das Merkmalsmapping entfällt), damit die Produkte auch strukturiert im Shop integrierbar sind und auch vom User gefunden werden können… Wie geht eigentlich bspw. Google damit um (Thema duplicated content ;-) )?
    Die Argumentation von Sven, weshalb das keine Aufgabe vom Shopsystem/Frontend sein sollte, kann ich aber nicht wirklich nachvollziehen – ich würde aus Erfahrung die Logik genau dort verorten und gerade nicht im Backend oder PIM ;-)
    Im Prinzip ist das ganze ja nichts anderes, als Produkte aus der Cloud. Dies gibt es ja innerhalb eines Unternehmens ja bereits häufiger, wie bspw. bei Walz oder HappySize, wo sich verschiedene Markenshops miteinander „unterhalten“ und Produkte (eigene oder von Vertriebspartnern) einfach in einem oder mehreren spezialisierten Shops auftauchen können, wie bspw. ein Bastelset bei BabyWalz oder CreaWalz…

  24. @ Hagen: „Produkte aus der Cloud“ auf Markenshops des Shopfrontends verteilen, ist etwas anderes als riesige Mengen von Produkten aus hunderten Quellen _in_ diese „Cloud“ zu bringen, wenn zudem jede Quelle das Thema Attribut/Merkmal, Warengruppe, Bildqualität, Text usw. in einer anderen Art und Weise versteht und lebt. Die Standardisierungshoffnung bleibt an der Stelle ein schöner Traum aus Theorie, aus meiner Sicht.
    Nicht zuletzt deshalb treibt Amazon den großen und doch nicht zu 100% wirksamen Aufwand einer „ASIN“-Konsolidierung aller Produkte -> nicht im Shop-Frontend sondern vorher.
    WENN die Zukunft wirklich die großen hybriden Shop-Frameworks bringt, mit denen ich die Einzel-Module nach meinen konkreten eCommerce Geschäftsmodellen frei und auch außerhalb meiner eigenen „Cloud“ vernetzbar zusammenstecken kann, DANN werfe ich meine bis dato gepflegte architektonische Trennung der Funktionen mit lautem „Hurra!“ in die Spree.

  25. > Die Argumentation von Sven, weshalb das keine Aufgabe vom Shopsystem/Frontend sein sollte, kann ich aber nicht wirklich nachvollziehen – ich würde aus Erfahrung die Logik genau dort verorten und gerade nicht im Backend oder PIM ;-)
    Na da habt Ihr dann wohl unterschiedliche Erfahrungen. Ich denke Sven weiss genau wovon er redet.Für einen pure player reicht es vielleicht aus ein Shopsystem mit PIM Funktionalitäten zu pimpen, für einen Mehr-Kanal Anbieter (ich darf das böse Wort hier nicht schreiben, sonst bekomme ich wieder auf die Mütze) reicht das aber ganz sicher nicht aus.
    Volle Zustimmung – die Funktionalitäten im Bereich Datenhandling (Aggregation, Konsolidierung, Cleansing, usw. – wir können es nennen wie wir wollen) sind bei den meisten Shopsystemen derzeit viel zu rudimentär, als das man die „mal eben“ vernetzen könnte. Ist aber nicht so, als hätten die Shophersteller das nicht auf dem Radar – empfehle einen Blick auf die Roadmaps der Enterprise Anbieter ;-)
    Bis das allerdings mit den Magento, Oxid, Shopware und Co. dieser Welt gehen wird, habe ich wahrscheinlich die ganze Spree leergesoffen :-)
    > Die Standardisierungshoffnung bleibt an der Stelle ein schöner Traum aus Theorie, aus meiner Sicht.
    So ist es – Theorie und Praxis eben!
    > Was ja auch niemand bestritten hat, oder?
    Nein – hat niemand bestritten. Nicht persönlich nehmen! Du stellst Thesen auf bzw. polarisierst – ich halt auch :-)

  26. Umso schöner, wenn das alle auf dem Radar haben. Defacto muss das irgendwann ohnehin systemübergreifend erfolgen, aber sicher nicht von heute auf morgen.
    Das mit der Theorie und der Praxis unterstreiche ich ja. Das Thema ist hochkomplex (aber auf Dauer mE nicht vermeidbar).
    Ansonsten: Als Onliner vergisst man immer, dass sich immer noch ein paar Händler mit mehreren Kanälen rumplagen müssen. Aber auch das wird sich geben :)
    Um die Standardisierung mach ich mir weniger Sorgen. Wenn sich kein unabhängiger Standard findet, dann wird ihn Amazon vorgeben.
    Die Anmerkung hatte ich im übrigen nicht persönlich genommen, wollte es nur kurz klarstellen. Eine Debatte lebt ja von gegensätzlichen Positionen, kein Problem damit.

  27. Wir freuen uns schon auf das 4. Quartal 2011 bzw. den Release von ShopwareConnect, deren Mehrwert hier in der Präsentation auch kurz erwähnt wurde.

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