Börsengang nach Maß: Warum Zalando mehr Respekt verdient hat

Zalando startet mit einer Punktlandung an die Börse, hat damit keinen Cent liegen gelassen – und zugleich alle Zocker leer ausgehen lassen. „Typisch Zalando!“, möchte man sagen, wenn Zalando nicht in einem komplett anderen Ruf stünde.

zalandoipo

Dabei bleibt es ein Mysterium, warum speziell bei Zalando Realität und öffentliche Wahrnehmung so sehr auseinanderklaffen. Weder sind an der Spitze des Unternehmens irgendwelche Schaumschläger, noch hat man von Zalando jemals ein Wort der Überheblichkeit oder Seitenhiebe auf den Wettbewerb gehört. Ganz im Gegenteil ist die öffentliche Zurückhaltung und die Zurückgenommenheit der Zalando-Führung fast schon beängstigend für ein Unternehmen dieses Kalibers.

„Ich tue lieber etwas, als groß darüber zu reden“, sagte Robert Gentz auf der Heureka-Konferenz im Mai, einem der ganz wenigen öffentlichen Auftritte, wo er sichtlich lieber in der letzten Reihe zugehört hätte als vorne den großen Selbstdarsteller zu geben, eine Rolle, die ihm weder auf der Bühne noch sonst liegt.

Als wir im Anschluss noch kurz gesprochen haben und er mich spontan in die Zalando-Zentrale eingeladen hat, dann wären wir unter normalen Umständen auf der kurzen Autofahrt sicherlich schweigend nebeneinander gesessen und unseren Gedanken nachgehangen.

Viele andere würden so eine Autofahrt für einen endlosen Pitch nutzen. Ihn hingegen erlebe ich als einen der wissbegierigsten Menschen. Und so wollte er an dem Tag natürlich als erstes wissen, wie es denn zu bewerten sei, was Collins da mit About You am Tag zuvor vorgestellt hat. Im Gegenzug gibt er freimütig Auskunft über Zalando, ohne dabei um den heißen Brei herumzureden (aber natürlich auch, ohne dabei groß ins Plaudern zu geraten).

Es sind Taten statt Worte, die Zalando so groß und stark gemacht haben. Denn was man immer wieder unterschätzt: Zalando ist im Kern ein hart arbeitendes, extrem schnell lernendes Unternehmen, das in erster Linie durch Leistung dort steht, wo es heute steht. Und nichts hätte das besser verdeutlichen können als dieser unaufgeregte Börsengang.

Denn was ist das für eine Leistung: Als Newcomer im Online-Handel nach 6 Jahren mit einer Bewertung von über 5 Mrd. Euro an die Börse zu gehen und dabei 600 Mio. Euro für das Unternehmen einzusammeln, für nicht einmal 12% der Anteile. Bewundernswert, wie die gesamte Zalando-Story!

Und wenn man von einem ausgehen kann: Die Zalandos werden auch weiterhin keine großen Worte verlieren, sondern schneller voranpreschen als es so manchem lieb sein kann. Aller Missachtung und aller Anwerfungen zum Trotz.

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Kategorien:Samwer Report, Shopboerse

1 Antwort

  1. Das ist deine persönliche subjektive Wahrnehmung und Meinung über die Gründer. Dazu kann ich nichts sagen, ich kenne nur das Video, wo sie in romantischer Atmosphäre in einer Blockhütte sitzen und philosophieren.
    Die Gründe, warum viele Leute der Zalando-Story misstrauen liegt meiner Meinung nach überhaupt nicht in den von dir angesprochenen Punkten, sondern viel mehr hier:

    – Häufig werden die Samwers und insbesondere Oliver Samwer mit Zalando gleichgesetzt. Dieser Mann polarisiert und hat wohl mehr „Feinde“ als „Freunde“. Die eigentlichen Gründer finden medial kaum statt.
    – Zalando hatte anfangs nie die Intention zu dem zu werden, was sie jetzt sind. Es war ein reines Exit-Projekt, das aus Mangel an Möglichkeiten zu dem wurde, was jetzt an die Börse ging.
    – Zalando ist nicht profitabel (ein Quartal ausgenommen) und somit ist auch so schnell nicht mit einer Dividende zu rechnen. Ob sie nachhalting profitabel werden können und solch eine Bewertung damit rechtfertigen, bleibt abzuwarten.
    – Die Angst vor einer zweiten Dotcom-Blase, die ich für absolut gerechtfertigt halte
    – Die negative Presse über Zalando (Arbeitsbedingungen, Dumpinglöhne, Hire & Fire etc)
    – Der unpassende Zeitpunkt Zalando und Rocket binnen zwei Tagen an die Börse zu bringen. Vertrauen schafft man so nicht!

    Und nur so, Zalando hat keinerlei Einfluss auf den Ausgang des heutigen/gestrigen Aktienkurses, somit kann man hier wirklich nicht von einer Punktlandung seitens Zalando sprechen.
    Des Weiteren hat Kinnevik knapp 10 % verloren, die Graumarktpreise von Rocket sind um über 20% eingebrochen und dies alles mit dem Rückenwind eines überaus erfolgreichen IPOs von Alibaba.

    • Naja, jeder hat halt seine Sichtweise auf die Dinge. Ich sehe es wie Jochen, die Leistung des Zalando-Teams ist absolut bemerkenswert. Und Deine Sichtweise auf die Dinge ist halt mal wieder ein Spiegel der deutschen Seele. Wenn etwas schnell groß wird und viel Geld im Spiel ist, muss eigentlich irgendwas faul sein. Unternehmer, die in D ziemlich geradlinig und konsequent nach vorn marschieren (Samwers) müssen erst mal verteufelt werden, weil’s eben nicht zum deutschen Wohlfühl-und Kuschelkapitalismus passt.
      Das vorherrschende Bild eine erfolgreichen Unternehmers ist ein Familienunternehmer, der in 50 Jahren ein Unternehmen mit 1000 Leuten aufbaut, jeden Angestellten persönlich kennt und ihm zum Geburtstag gratuliert.
      Nicht, dass ich das gering schätze, aber faszinierender finde ich die Samwer-Story.

  2. Das sehe ich differenzierter.

    Kein Unternehmen in dieser reinen E-Commerceszene ist derart schnell gewachsen und hat einen Markt erobert, wie es Zalando gemacht hat. Das krasse dabei ist, dass es um den Verkauf von Schuhen geht/ging – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Keine Wahnsinns-Technologie, keine Wahnsinns-Erfindungen, sondern einfach klassischer Warenhandel, spezialisiert auf Fashion, mit einer großen Marketingstrategie, dessen „Schrei vor Glück“ nunmal Jeder mittlerweile im Ohr hat. Basierend auf den neuen Technologien & Vertriebskanälen. Es könnte auch in einem Satz formuliert werden: einfach den Nerv der Zeit getroffen.

    Ob Kopie der Samwers oder sonstwas: ist völlig wurscht. Der Markteintrittserfolg und Aufbau dieses Konzerns gibt den Umsetzern Recht. Dass man nach so wenigen Jahren über einen Börsengang diskutieren kann, das ist beachtlich.

    Über einen O. Samwer kann man ebenso streiten. Hier gibt es wohl nur schwarz oder weiß. Dass solche Start-Ups, mit deren Visionen, Jahre benötigen, um profitabel zu sein, ist selbsterklärend. Wenn man die Marktposition inne hat und jeder zweite Deutsche beim Kauf von Schuhen zumindest an Zalando denkt, dann hat man sehr viel richtig gemacht. Und so wird sich in den nächsten Jahren einer der größten Kostenblöcke, der Marketingeinsatz/Spending, quasi selbst regulieren – da man entsprechende Stammkundschaft aufgebaut hat. Schafft es Zalando jetzt noch den Service (zum Beispiel in Form von Express-Lieferungen) weiter zu kräftigen, so wird man zukünftig dieses Stammkundenpotential noch weiter ausbauen können. Amazon lebt es in diesem Business vor. Einmal „Prime“, immer „Prime“. Bei Gebrauchsgütern wie Schuhen oder Fashions sollte das Thema insgesamt ein Selbstläufer werden.

    Meiner (persönlichen) Ansicht nach war der Börsengang zu diesem Zeitpunkt ein Volltreffer. Natürlich wurde im letzten Quartal geschönigt, das ist aber das Üblichste bei solch einer Mammutgeschichte. So schafft man neue finanzielle Spielräume, um Themen anzugehen und finanzieren, die den nächsten großen Schritt Richtung Profitabilität schaffen.

    Viel interessanter finde ich in diesem Zusammenhang den Börsengang von Rocket, das wird die Königsklasse in Anspruch und Realität.

  3. Ich halte es mit Jochen und Claus: Zu allererst kommt – Respekt für die unternehmerische Leistung! Das soll erst mal einer nachmachen. Und nein, es ist keine Frage des Geldes. Ich kenne einige Unternehmer, aber nur sehr sehr wenige machen mit soviel Geld so etwas Erfolgreiches. Und nein zum zweiten: der IPO ist schlichtweg eine Kapitalmaßnahme. Auch nach dem Börsengang wird das Unternehmen weiter existieren, die Gründer weiter arbeiten, es größer machen und iwann auch profitabel sein. Also igelt Euch weiter ein, in der negativen Wahrnehmung. Ich für meinen Teil freue mich über diesen IPO – denn er bringt Licht ins tiefschwarze Dunkel der deutschen Finanzierungslandschaft für Gründungen! Danke Jungs!

  4. Das ist nicht meine Sichtweise, sondern ich habe die Gründe aufgezählt, warum die breite Presse solch eine Meinung hat.
    Ich selbst bin in Aktien wie Amazon und Tesla investiert bzw. war es und habe überhaupt kein Problem damit in Firmen, Personen oder glaubwürdige Storys zu investieren. Bei Zalando und insbesondere bei Rocket halte ich mich aber fein raus.

  5. Ich glaube besser als Dirk Müller in diesem Interview kann man die allgemeine Meinung und Stimmung bzgl. der Samwers und der Börsegänge nicht auf den Punkt bringen: http://www.n-tv.de/wirtschaft/Zalando-und-Rocket-wecken-Erinnerungen-article13700551.html

    Aber wie gesagt, ich als Online-Shop-Betreiber wünsche mir natürlich auch, dass es für E-Commerce-Deutschland anders kommt als viele jetzt vermuten. Aber falls so etwas wie Rocket nach hinten losgeht, dann haben solche Storys dem E-Commerce wieder einmal mehr geschadet als genutzt.

    • Kostolany hätte gesagt, wie die einhellige Meinung so negativ zu einem Wert ist, ist das eigentlich der beste Grund zu kaufen. ;-)
      Ich erinnere dabei an den Kursverlauf von Facebook, ohne die beiden miteinander vergleichen zu wollen.
      Da waren plötzlich auch alle der Meinung, dass das nie was werden würde und nun…?
      Abgesehen davon, wenn Zalando und Rocket jetzt um 30% fallen, ist das immer noch super für die Firmen, denn die Bewertung wurde im Vorfeld des IPO noch mal kräftig nach oben gezogen. Ich glaube auch nicht, dass hier Privatanleger Verluste machen, hier haben Profis gezeichnet, die sich jetzt ihre Zeichnungsgewinne auszahlen lassen.

  6. Jochen und Kai haben wichtige und gute Punkte angesprochen.

    Die Gründer sind ein schönes Beispiel für zurückhaltendes Understatement. Keine Schaumschläger wie ein Jason Goldberg (Fab) oder andere die vor Bullshit Bingo nur so strotzen und eine Pleite von über 300 Mio. Dollar noch als positiv und geplant darstellen.

    Auf der anderen Seite ist es natürlich fraglich ob es tatsächlich durch „gewiefte Ideen“ zu diesem „Erfolg“ von Zalando gekommen ist oder eher durch das extrem hohe Investment mit dem natürlich solch ein schnelles Wachstum auch erst möglich ist. Wenn man 10 jungen Gründern jeweils 1 Mrd. Euro gibt wäre interessant zu sehen wieviele davon ein 2 Mrd. Euro (Umsatz)-Unternehmen in wenigen Jahren auf die Beine stellen.

    Und wer weiß, vielleicht entwickelt sich aus einem Zalando auch noch ein Amazon…

  7. Natürlich ist es totaler Quatsch der Medien jetzt schon von einem Flop zu sprechen, dies kann man erst in mehreren Monaten sehen. Aber falls der Aktienkurs in einem Jahr gegen den Trend des Marktes unter dem Ausgabepreis liegt, ist die Werbung alles andere als gut für die Unternehmen und den E-Commerce gewesen.
    Das Zalando an Tag 2 schon 10 % unterhalb des Ausgabekurses liegt, ist nur eine Momentaufnahme. Jedoch zeigt die Entwicklung von Kinnevik (-15% binnen zwei Tage), dass deren Aktionäre sich anscheinend mehr vom Börsengang versprochen hatten.

  8. Ich denke Oliver Samwer verfolgt einen sehr langfristigen Plan und mit dem Ziel in so vielen Ländern wie möglich ausserhalb von US und China das jeweilige Ebay, Amazon, usw aufzubauen. Wenn das gelingt, dann kann Rocket in 10 Jahren auch > 100 Mrd wert sein. Aber dafür werden Unmengen an Risikokapital benötigt. Wie man an den Cap Tables von Dafiti und Co sehen kann, ist Rocket bereits deutlich unter 50%. Ein IPO von Rocket wäre also ideal um sehr viel Geld reinzuholen, die Anteile in den Ventures wieder auszubauen und für eine Weile Ruhe zu haben. Spannend wird es dann erst wieder in 1-2 Jahren wenn das Geld verbraucht ist, aber da wird er sich schon was einfallen lassen.

    Bei Rocket wird es denke ich so ablaufen:
    – Die Samwers lassen sich vorab 287 Mio Euro auschütten
    – Beim IPO wird die Bewertung so hoch wie möglich angesetzt, was viele Zocker anlockt
    – Der Kurs wird fallen. Es gibt einfach zu wenig Substanz, um die Bewertung von 6,2 Mrd dauerhaft zu rechtfertigen, zumal die „proven winners“ bereits mit einem hohen Multiplikator hochgerechnet wurden
    – Die Samwers müssen jetzt einfach abwarten und können dann am absoluten Tiefpunkt zuschlagen. Idealerweise reichen dafür die 287 Mio aus der Vorabausschüttung
    – Falls der Kurs dann schnell steigt, kann man auf die 4,5 Millionen Bezugsrechte zurückgreifen, die man sich hat sichern lassen.

    => Am Ende haben die Samwers wieder die absolute Mehrheit und gleichzeitig eine volle Kasse bei Rocket Internet.

  9. Die Sinnfreien Bewertungen sind doch jenseits von gut und böse. Unternehmerische glanz Leistung sehe ich hier nicht. Zum Glück wurden nicht genügend dumme Menschen gefunden die diesen Mist gekauft haben.
    In den nächsten Monaten geht’s weiter bergab und dann kann mit dem entsprechenden Optionsschein wenigsten Geld verdienen.
    @kai… Bin da absolut deiner Meinung.
    Und Jochen kirsch hat wohl selbst ordentlich investiert in diesen Schrott, da ansonsten so ein Bericht nicht nachvollziehbar ist.

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