In der Woche nach Windeln.de (“Windeln.de erlaubt Einblicke in die Börsenunterlagen”) hat nicht nur DHL seine neue Strategie für Allyouneed präsentiert. Auch dm und Rossmann gingen an die Öffentlichkeit, konnten sich auf ihren jeweiligen Jahrespressekonferenzen aber nur über Rekorde für die Filialen freuen. Online ist die Verzweiflung weiter groß.
“Wir werden das Online-Geschäft nicht subventionieren”
dm übt sich weiter darin, seine Online-Antipathie in eine Strategie zu verpacken. “Integrieren, aber nicht subventionieren”, lautet die strategisch mehr als schizophrene Losung der dm-Führung:
„Wir setzen langfristig auf Multichannel. Aus diesem Grund haben wir uns für ein Angebot entschieden, das sich in unsere bestehende Website und die dm-Welt integriert und nicht als reine Online-Kaufoption neben unseren dm-Märkten existiert. Wir werden das Onlinegeschäft nicht über das stationäre Geschäft subventionieren.“
Auf gut deutsch also: “Wir setzen langfristig auf Stationär und die Extrawürste der Onliner können uns gestohlen bleiben.” In Österreich ist der dm-Shop schon zu besichtigen.
Rossmann vor dem Neustart
Auch bei Rossmann ist das Online-Geschäft nach der Schlecker-Pleite vor lauter Filialeröffnungen komplett zu kurz gekommen:
Erstmals seit Jahren gab es auf der Jahrespressekonferenz keinerlei Angaben mehr zur Online-Entwicklung, sondern nur noch das übliche Lamento (“Im Internet kaufen die Kunden das Falsche”).
Immerhin hat Rossmann inzwischen reagiert und plant nach bald 15 Jahren so etwas wie einen Neuanfang (“Trend ohne Rendite: Drogerieriesen brüten über Online-Shopping”):
“Junior Raoul berichtet: „Wir beschäftigen uns momentan wieder verstärkt auch mit Online.“ So sei die Führung der Internet-Tochter „vor einigen Wochen“ ausgetauscht worden. Die Sparte solle näher an die Zentrale.”
Während dm und Rossmann in Sachen Online-Strategie gerade agieren, als hätten wir noch 2005 (“Was hat Franz nur falsch gemacht?”), müssen sich die einzigen, die überhaupt zeigen, wie eine smarte Online-Strategie aussehen könnte (“Windeln.de erläutert seine Strategien für das Kerngeschäft”), dumm anmachen lassen für blöd verkaufen lassen.
Wer bietet Amazon Paroli?
Dabei geht es ja auch in diesem Markt um Amazon, das in den USA das Windeln.de-Vorbild Diapers.com betreibt und auch sonst zeigt (“Prime Pantry: Wenn Amazon die Vorratskammern auffüllt”), was in diesem Marktsegment möglich wäre (“Amazon führt gebrandete Dash Buttons für Haushaltsprodukte ein”), wenn man denn wirklich wollte.
Mehr dazu auch in den Exchanges #80 (“Amazon als Nahversorger”) und in den kommenden Exchanges #94 über Windeln.de.
Frühere Beiträge zum Thema:
- Windeln.de erläutert seine Strategien für das Kerngeschäft
- Windeln.de erlaubt Einblicke in die Börsenunterlagen
- Windeln.de wächst in China auf 56 Mio. €, in DACH auf 44 Mio. €
- Wie flott Windeln.de gegenüber Rossmann & Co. vorankommt
- Windeln.de wächst auf 100 Mio € und holt weitere 15 Mio. €
Kategorien:Food
Hat dies auf Ingo Naumann rebloggt und kommentierte:
Leider ist in Deutschland derzeit nur OTTO mit seinem Projekt „Collins“ mit amazon annähernd vergleichbar.
Gibt es auch eine Begründung, warum gerade nur Collins mit Amazon annähernd vergleichbar sein soll? Aus meiner Sicht sind sich diese beiden Anbieter so ähnlich wie Äpfel und Birnen.
Die Ähnlichkeit liegt im Herangehen an den Markt, weniger in der Unternehmensform oder den technischen Ansätzen, denn hier geht COLLINS tatsächlich eigene Wege, und um mit den Worten von Klaus Wowereit zu sprechen: “…und das ist auch gut so”. Aus dieser Perspektive betrachtet gibt es in der deutschen eCommerce-Landschaft derzeit nichts Vergleichbares. Während viele Händler beim Versuch den Kunden möglichst lange auf den eigenen Seiten zu halten, ihr eigenes Sortiment bis zur Unkenntlichkeit verwässern, fokussiert sich COLLINS mit seinen spezialisierten Shops auf die jeweilige Zielgruppe. Der Weg von OTTO ist insofern bemerkenswert, dass man dabei lediglich Infrastruktur und Sortimentsteile beisteuert, die Ausrichtung aber den jeweiligen Anbietern selbst überlässt. OTTO verlässt für ein nachhaltiges Einkaufserlebnis das Diktat der Uniformität, dem andere Händler bei Amazon unterworfen sind und letztlich dadurch einen großen Teil ihrer eigenen Identität aufgeben müssen. Das Projekt COLLINS basiert auf der Förderung des peripheren Wachstums, wogegen Amazon darauf setzt, seine Kernmarke aufzuwerten. Erst die Unterschiedlichkeit der Konzepte, und nicht deren Kopie, bringt die Chance mit sich, dem aktuellen Machtvakuum etwas entgegen setzen zu können.
Die im April 2015 veröffentlichten Zahlen (nach nunmehr 4 Monaten Echtbetrieb) sind vielversprechend: 30 Apps aktiv, 400 Entwickler avisiert, längere Verweildauer der Kunden, der Umsatz oberhalb der angepeilten Zeile. Das etwas andere Modell scheint OTTO bis dato Recht zu geben.
Aus meiner Ansicht liegen die Unterschiede zwischen Amazon und AboutYou gerade besonders im Herangehen an den Markt:
– Amazon: Externe Partner helfen, das angebotene Produktsortiment zu vergrößern. Dabei werden sie von Amazon in ein von Amazon vorgegebenes Muster der Produktpräsentation gepresst. Der externe Partner verdient sein Geld mit seinem Produktumsatz, von dem Amazon eine Verkaufsprovision abzieht.
– AboutYou: Externe Partner realisieren die unterschiedlichsten Formen der Produktpräsentation, sind aber weitgehend auf das AboutYou-Sortiment beschränkt. Der externe Partner verdient sein Geld über eine Verkaufsprovision.
Also, ich finde, dass Geschäftmodelle nicht unterschiedlicher sein können.