Burda und die große E-Commerce-Bereinigung 2014/15

„Zu unseren zentralen strategischen Entscheidungen des Jahres zählt die Absenkung der Beteiligungsquote an der zooplus AG“, rekapituliert Burda das Geschäftsjahr 2014 (PDF).

zooplusburda

Was gut ist für Zooplus, das nun ungehindert wachsen kann („Zooplus überrascht mit Umsatzsprung auf 571 Mio. € (+34%)“) und an der Börse entsprechend boomt, ist nur eines von vielen Zeichen für Burdas zunehmende Amazon- und Google-Paranoia („den dominanten amerikanischen Technologie- und E-Commerce-Unternehmen, die in Europa derzeit noch zu besseren Wettbewerbsbedingungen agieren können als die europäischen Unternehmen selbst“), die den Geschäftsbericht durchzieht.

„Das Jahr 2014 war geprägt von Anteilsveräußerungen und Portfoliobereinigungen“, heißt es bei Burda nicht nur bei den DLD Ventures.

Auch sonst wurde kräftig aussortiert: Mytheresa abgestoßen („Was steckt hinter dem Exit an Neiman Marcus?“), Audibene verkauft („Burda findet nach MyTheresa auch Käufer für Audibene“), und auch die jüngsten Börsengänge von Etsy und von Windeln.de dürften Burda nicht ungelegen kommen.

Dabei sind Burdas Signale in Sachen Online-Handel durchaus widersprüchlich. Erstaunlich, dass man an Cyberport festhält („Der nächste Geschäftsführer ist weg“), bei fast allen Zeitschriften auf E-Commerce-Erlöse hofft und auch international durchaus weiter in E-Commerce investiert. Laut Geschäftsbericht (PDF):

„Daneben baut Burda International die digitalen Aktivitäten in allen Märkten weiter aus. Dazu gehören der Start des Abo-Box-Business Bimbasket aus dem Bereich Eltern-Kind in Russland im Herbst 2014 und der Ausbau der Aktivitäten des Fashion-E-Commerce-Portals Showroom über dessen Mutterland Polen hinaus.

tompress

In Frankreich hat sich das Unternehmen mit 24,0 Prozent am E-Commerce-Spezialisten Tompress beteiligt. Tompress ist ein Multichannel-Anbieter (internetbasierter Versandhandel) für Lebensmittelverarbeitung, Konservierung, Kochen und Gartenwaren.“

Selbst auf dem heimischen Markt sind wieder Übernahmen geplant, allerdings bevorzugt zur Rettung der bestehenden Geschäfte („Burda plant Übernahmen von digitalen Martkführern“):

„Im Digitalgeschäft wird in 2015 das anorganische Wachstum wieder mehr an Bedeutung erlangen. Burda strebt die Übernahme von marktführenden Digitalunternehmen mit starker Marktposition und guten Wachstumsaussichten an. Der Fokus liegt dabei auf attraktiven Later-Stage-Akquisitionen.“

Mit den widersprüchlichen Signalen aus dem Hause Burda haben wir uns ausführlich auch in den Exchanges #88 („Burda und der Fluch des Wachstums“) befasst.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Shopboerse

1 Antwort

  1. wohl eher „zentralen strategischen FEHL-Entscheidungen“ … oder wie sonst erklärst Du als Digitalvorstand den Verkausfpreis für ein strategisches zooplus-Aktienpaket von 50,- EUR pro Aktie wenn der Kurs aktuell bei > 100,- liegt? bad timing? we weren’t informed? nur allein mit dem Burda Ausstieg eher nicht zu erklären ….

    • Verkaufsdruck? Na, immerhin halten sie noch 30% an Zooplus. Kann also bei viel gutem Willen auch als genialer Schachzug durchgehen: Ich verkaufe die 20%, damit die 30% explodieren.

      Andererseits versprüht der Geschäftsbericht schon eine gewisse Amazon-Panik (wie man sie aktuell bei vielen Investoren findet, wenn sie in Modelle wie Zooplus & Co. investieren sollen).

      Alles in allem vermisst man bei Burda inzwischen eine gewisse Grundsouveränität in digitalen Dingen. Bin sehr gespannt, wo sie stattdessen einsteigen wollen.

      • Im Allgemeinen entstehen höhere Marktpreise durch Verknappung des Angebots im Vergleich zur Nachfrage. Dies gilt auch im Aktienmarkt. Ich kann also schwerlich den Preis hochtreiben, indem ich eine große Zahl Aktien auf den Markt werfe. „Ich verkaufe die 20%, damit die 30% explodieren“ kann also nicht funktionieren. Sollte die Burda-Führung wirklich dies als Plan beabsichtigt haben, müsste sie sich eigentlich fragen lassen, was auf dort bei Sitzungen geraucht wird.

        Ich schließe mich den Worten von Sven Rittau an.

      • War natürlich nicht ganz ernst gemeint.

        Im Fall von Zooplus stellte sich die Lage allerdings so dar, dass Zooplus erst, als Burda bereit war, die Mehrheit abzugeben, über eine Kapitalerhöhung neue Aktien ausgeben konnte.

        Insofern ist für Zooplus durch den Rückzug von Burda schon ein Knoten geplatzt., der die Umsatzexplosion (und in der Folge natürlich auch die Kursexplosion) erst möglich gemacht hat.

      • @Christian Rothe

        Das eine Verknappung bei Aktien den Preis beeinflusst pauschal gilt m.E. nicht. Mit der Abgabe inkl. Kommunikation durch Burda wurden relevante Schwellen und insbesondere Kontrollgrenzen unterschritten, das ist mehr als postiv für das Papier. Manche Aktien sind chronisch unterbewertet, da die Gesellschaft durch einen Mehrheitseigner quasi kontrolliert werden und dieser diese z.B. als „Dividendenpapier“ benutzt … es fehlt also die Phantasie.

  2. Danke Christian.. Jochen sollte sich mal etwas Basiswissen rund um Aktien und Börse anlesen :)

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