Alles wird gut: GfK gibt Online-Entwarnung für den Einzelhandel

Die Handelsforscher von der GfK trauen dem Online-Handel für die kommenden 10 Jahre nur noch ein sehr beschränktes Wachstum zu.

In einer viel beachteten GfK-Beruhigungs-„Studie“ zum E-Commerce („Wachstum ohne Grenzen?“) gabs deshalb diese Woche schon mal eine Online-Entwarnung für den Einzelhandel.

Den Ladenumsätzen wird der Online-Handel den GfK-Einschätzungen zufolge weiter nichts anhaben können:

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„Wir zeigen mit unserer Prognose, dass der Online-Handel nicht das Ende des stationären Handels bedeutet. Auch im eCommerce ist ein natürlicher Sättigungsverlauf zu erkennen.“

Welche wesentlichen Wachstumstreiber/Erfolgsfaktoren für den Online-Handel die GfK in ihrem „Kreislauf mit nachlassender Dynamik“ übersehen hat, kann sich jeder selber überlegen (siehe auch K5 Marktausblicke 2025):

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„Unsere Prognose für die kommenden zehn Jahre soll Händlern, Investoren und Entwicklern als objektive Grundlage für langfristige Entscheidungen dienen.“

So der für das Vertriebspapier zuständige „GfK-Handelsimmobilienexperte“.

Bezeichnend auch hier, wie unkritisch über die Vertriebsstudie der „renommierten Marktforschungsfirma“ berichtet wurde. Siehe auch Roland Berger und die Online-Sorgen der Shopping-Center.

Unglücklich in jedem Fall der Veröffentlichungszeitpunkt – in einer Woche, da marktführende Onliner neue Rekordumsätze („Amazon und der erste Milliardentag in der Geschichte„) und steigende Wachstumsraten („Zalando wächst im ersten Halbjahr auf 1,37 Mrd. Euro (+31%)„) ohne Ende vermeldeten („Zooplus-Zahlen: Bestandskunden befeuern das Wachstum“).

Aus Online-Sicht gehen wir weiter davon aus, dass der Online-Handel hierzulande spätestens 2020 ein Marktvolumen von 100 Mrd. Euro erreicht hat, während die GfK so ein Volumen selbst für 2025 nicht sieht.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Uncategorized

1 Antwort

  1. mehr dazu auch im Carpathia-Blog: http://blog.carpathia.ch/2015/07/25/gfk-geomarketing-studie/ („Stationäre Beruhigungspille oder warum die neue GfK-Studie zu den legendären Irrtümern unserer Zeit gehören wird“)

    Auch wenn dort die Online-Marktanteile mit Online-Umsatzanteilen verwechselt werden, kann man der Aussage nur zustimmen: „Was solche beruhigende Prognosen bringen, ist fraglich. Ich erachte sie für fahrlässig da sie ein unrealistisches Szenario vorspiegelt unter dem Etikett einer sonst renommierten Institution wie der GfK.“

  2. „Wir beabsichtigen nicht eine Mauer zu bauen“ klang damals ähnlich trügerisch wie diese Studie!

  3. Gottseidank ;-)

  4. Ich habe mir die GfK-Studie ehrlich gesagt nicht angeschaut. Aber wenn ich die Artikel und Kommentare lese, scheint Euch allen klar zu sein, dass der B2C-E-Commerce in D auf jeden Fall zweistellig wächst. Und dann eher 18% als 12%.

    Da frage ich mich aber, wieso der B2C-Paketversand laut DHL & Co. im letzten Jahr „nur“ um 7% gewachsen ist:

    http://www.shopanbieter.de/news/archives/9234-kep-studie-b2c-sendungsvolumen-in-2014-nur-um-7-prozent-gestiegen.html

    Für mich sind die Zahlen der Logistiker die beste Kennzahl wenn es um E-Commerce-Wachstum geht. Vielleicht übersehe ich ja etwas, aber ich wundere mich schon etwas über Eure Überheblichkeit, mit der Ihr Euch regelmäßig über die Zahlen anderer lustig macht bzw. frage mich woraus Ihr Euren Optimismus schöpft. Werdet doch nicht Zugang zu geheimen Zahlenwerk haben, dass niemand außer Euch kennt?

    Da man über Kommentare ja kaum Emotionen rüberbringen kann, nur sicherheitshalber: – wer mich kennt, weiß dass ich den letzten Absatz nicht böse meine, nur freundlich provozierend.

    • Auch DHL hat in seinem Geschäftsbericht 2014 von einem Volumenwachstum von 7% geredet. Also eine Steigerung, die nahezu deckungsgleich zu den verlinkten BIEK-Zahlen von DPD, GO!, Hermes, TNT und UPS ist.

      Interessanterweise hat DHL im 9-Monatsbericht von 2013 das durchschnittliches Volumenwachstum von Q1 2010 bis Q3 2013 auch „nur“ mit 9,3% jährlich angegeben. Siehe: http://www.dpdhl.com/content/dam/dpdhl/Investoren/Veranstaltungen/Reporting/2013/9M/DPDHL-Praesentation-Q3-2013.pdf

      Ich sehe da ein Diskrepanz zwischen dem Wachstum, das dem E-Commerce allgemein attestiert wird (auch von den Einzelhandelsverbänden), und dem Wachstum, das die Logistiker berichten. Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass große Versender von A wie Amazon bis Z wie Zalando seit Jahren ein deutlich zweistelliges Wachstum aus der D-A-CH-Region berichten. Eine Erklärung für diese Diskrepanz habe ich nicht. Bestenfalls könnte dies bedeuten, dass sich Bestellvolumen von kleineren Shops auf die Branchenführer verlagert: Wenn die Großen überproportional wachsen, müssen zwangsläufig andere stagnieren oder gar verlieren.

      Aber so richtig glaube ich dies allerdings nicht. Ich habe nämlich tatsächlich Zugang zu einem geheimen Zahlenwerk, das außer mir niemand kennt: die Umsatzstatistik meiner eigenen Firma. Auch wir wachsen seit Jahren stets mit klar mehr als den genannten 7% oder 9,3% und können in den meisten Produktsegmenten eigentlich noch keine Sättigungseffekte feststellen. Deshalb verursacht das Fazit der GfK-Studie auch bei mir ein Stirnrunzeln.

      Ich wüsste nur zu gerne, woher die GfK ihre Zahlen bezogen hat bzw. wie diese ermittelt wurden. Könnte es sein, dass dort Verbraucher zu ihrem Kaufverhalten befragt wurden?

      • Ja, Verlagerung von kleinen zu großen Marktteilnehmern ist bisher auch meine Vermutung. Es ist ja für mich unbewiesener Fakt, dass etliche Händler gar nicht mehr wachsen, bestenfalls stagnieren.

        Weiterer Einfluss könnte sein, dass immer mehr Gewerbetreibende ihren Bedarf über B2C-Shops, Amazon & Co. decken. Diese müssten ja theoretisch von den Logistikern als B2B gewertet werden. Ist jetzt aber Spekulation..

    • Dazu zwei Ideen von mir (ohne jeglichen Einblick in irgendwelche geheimen Zahlen):

      1. Zu Beginn des eCommerce gab es bereits ein Volumen X im B2C-Versand. Jegliche Steigerung sowohl im eCommerce als auch im Paketversand geht also von unterschiedlichen Niveaus aus und hat demzufolge andere prozentuale Steigerungsraten.

      Zur Verdeutlichung:
      Im Jahr 0 des eCommerce versendet DHL bereits 1 Mio Pakete. Nach Abschluss des 1. Jahres haben die eCommercler 1000 Pakete versendet.
      Steigerung des eCommerce: unendlich
      Steigerung des DHL-Volumens (bei sonst gleichen Bedingungen): 0,1%
      Im zweiten Jahr erhöht sich das Aufkommen des eCommerce auf 2000 Pakete.
      Steigerung des eCommerce: 100%
      Steigerung DHL: ca. 0,2%

      usw.

      2. Möglicherweise führt die Ausweitung des eCommerce zu größeren Einzel-Bestellungen. Ergebnis: Höherer Umsatz bei gleicher Paketzahl.

  5. Danke für die spannenden Anmerkungen. Ohne ins Detail gehen zu wollen, halte ich es prinzipiell im business mit der Parole „Panic sooner!“ von Jack Welch. Klar, ich kann mir die ganze Zeit auto-suggestiv einreden, der „Online Handel schwächelt“. Das kann man tun. Aber was wäre, wenn nicht? Was, wenn der Online Handel oder die weitere Digitalisierung meines Geschäfts nicht nachlässt!?“ Ob man in diesem Szenario dann mit krudem Zahlen- und Interpretationswerk von GfK & Co gut beraten ist … da bin ich mir nicht so sicher.

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