Mit Redcoon vor dem Aus (“Ceconomy und das Redcoon-Debakel von Media Saturn”) hat Media Saturn heute einmal mehr aus der Not eine Tugend gemacht und sich beim Kapitalmarkttag als Ceconomy zwar in sich schlüssig (“Die Metro-Gruppe weist drei Wege in den modernen Handel”), aber komplett ohne Online-Strategie präsentiert.
“Ohne Stores wäre das alles nicht möglich”, bilanzierte Media Saturn Chef Pieter Haas am Ende nicht ohne Stolz und beschrieb damit genau das Dilemma. Media Saturn hängt weiter am Tropf seiner gut 1.000 Stores, mit einer erschreckend hohen Click & Collect (aka Click & Collapse) Rate von bald 43%:
Was aber, wenn die Frequenzen in den Media Saturn Stores noch weiter abnehmen? Darauf hatte er keine Antwort. Zur Not könne man die Stores immer noch als regionale Auslieferungs-/Abhollager für das Online-Geschäft betreiben.
Im Prinzip können Online-Spezialisten wie AO (“Wie AO zum besten Elektronikversender aufsteigen will”) jetzt in aller Ruhe abwarten, bis die Stores von Media Markt und Saturn über kurz oder lang kollabieren.
Wie die Schweizer Migros-Gruppe mit Digitec angreift
Bemerkenswert ist die Online-Defensive von Media Saturn zudem im Vergleich zur Migros-Gruppe. Denn während die Metro-Gruppe und Media Saturn bei Redcoon abbauen, gibt Migros bei Digitec ordentlich Gas (“Migros-Tochter Digitec plant Software-Entwicklung in Berlin”):
“Der Umsatz beläuft sich mittlerweile auf rund 700 Millionen Franken im Jahr. Erst letzte Woche gab die Migros bekannt, dass Digitec ein kräftiger Stellenaufbau bewilligt worden sei. Beim Onlinehändler wird die Zahl der Mitarbeiter auf deutlich über 1000 steigen.”
Und dann ist da noch das dritte große Fragezeichen: Denn im letzten Jahr ist Amazon hierzulande umsatzseitig erstmals an Media Saturn vorbeigezogen (“Amazon Deutschland wächst 2015 auf 10,6 Mrd. € (+19%)”).
Wie will Media Saturn online gegen Amazon ankommen?
Und während Media Saturn in den kommenden Jahren auf 3% Wachstum hofft, getrieben durch jeweils 20 – 30 zusätzliche Stores, strebt Amazon weiter 15% bis 20% an.
Selbst wenn sich Media Saturn in den letzten Jahr extrem gewandelt hat (siehe die Unterlagen vom Kapitalmarkttag). Auf all diese Fragen hat weder die alte Media Saturn Holding noch die neue Ceconomy AG eine schlüssige Antwort.
Man kann also nur hoffen, dass man bald einen Partner/Käufer findet, der an die Strategie glaubt und dafür zumindest noch ein bisschen Geld locker macht.
Frühere Beiträge zum Thema:
- Ceconomy und das Redcoon-Debakel von Media Saturn
- Ceconomy AG: So präsentiert sich Media Saturn der Börse
- Media Saturn verfehlt seine Online-Ziele vor der Abspaltung
- Exchanges #133: Media Saturn nach dem Befreiungsschlag
Kategorien:Elektronikhandel
man mag ja von der Onlinestrategie (so es denn überhaupt eine gibt) von Media-Saturn halten was man will, aber dagegen AO als jemanden dagegenzustellen, der nur warten müsste, bis sich das Thema MSH von alleine erledigt, ist in meinen Augen äußerst gewagt.
Wenn man bedenkt, wie viel Kohle AO Jahr für Jahr für wie wenig Umsatz verbrennt (und das in Warenbereichen, die nicht gerade als Margenbringer bekannt sind), geht denen deutlich früher die Puste aus, als dass wir uns von MSH verabschieden können.
Am Ende wird der eine (AO) zumindest in Deutschland weg vom Fenster sein und der andere (MSH) den Kooperationen allmählich in die Bedeutungslosigkeit folgen. The Winner takes it all und das wird Amazon sein…
Die 10,6 Mrd in 2015 von Amazon vs. derer von MSH sind aber nicht ganz korrekt im Vergleich – oder? Letztlich macht Amazon soweit ich weiß in der selben Waren-Kategorie (Hifi, Elektronik, weiße Ware) in 2013 noch etwa 3,5 Mrd Umsatz – das ist m. E. nach der korrekte Vergleich oder ist Amazon NUR in dieser Waren-Kategorie auf über 10 Mrd gewachsen?
Damit will ich aber nicht die Kernaussage des Beitrages schmälern…
Das sind die Amazon-Gesamtumsätze. Beide Unternehmen befanden sich 2015 in Deutschland bei jeweils ca. 10 Mrd. Euro.
Aber Amazon hat ja auch mal als Buchhändler begonnen. Und wäre Media Saturn ambitionierter veranlagt, würde es (online) ebenfalls nichts daran hindern, in andere Kategorien vorzudringen …
Hm. Wer meint 40% Abholquote wäre schlecht für ein Unternehmen hat IMHO das Prinzip von Omnichannel noch nicht ganz verstanden. Die Märkte sind der einzige wirkliche Vorteil den MS gegen Amazon hat.