Der Bundesverband des deutschen Versandhandels (bvh) hat heute eine erste Marktprognose für das Jahr 2010 veröffentlicht. Demnach hat die Quelle-Pleite keinerlei spürbare Auswirkungen auf den Gesamtmarkt. Der Distanzhandel soll auch 2010 wieder um 2% wachsen – von 29,1 auf 29,7 Mrd. Euro.
Erstaunlich pessimistisch zeigt sich der bvh dabei für den Online-Markt: Dieser soll der Prognose zufolge 2010 nur noch um 10% auf 17,1 Mrd. Euro wachsen. 2009 betrug das Wachstum noch 16%, 2008 lag es bei 22%.
2009 war ein einschneidendes Jahr für den deutschen Versandhandel: Nicht nur Quelle, auch Mode & Preis und andere Katalogversender mussten aufgeben.
Doppelt bitter für die einst so stolzen Katalogversender: Erstmals in der Branchengeschichte hat sich ein elektronischer Versender an die Spitze der größten deutschen Distanzhändler gesetzt. Wenn man den Umsatzberechnungen von Thorsten Boersma glauben darf (und wer würde das nicht ;-), dann hat 2009 nicht Otto Quelle als umsatzstärksten Distanzhändler abgelöst, sondern Amazon.
Der Damm ist gebrochen: Noch machen sich viele keine Vorstellungen davon, wie umwälzend die kommenden Jahre für den Versandhandel werden und wie sehr sich der Abwärtsstrudel für die Katalogversender nun beschleunigen wird. Dann nachdem Quelle als Marktführer so würdelos fallen gelassen wurde, dürfte kaum noch ein strauchelnder Katalogversender auf ein Rettungsnetz hoffen.
Wer also in den letzten 10 Jahren nicht gelernt hat, ohne Katalog zu verkaufen, der ist nicht nur dem Untergang geweiht, sondern wird die kommenden Jahre nur noch mit sehr viel Glück überleben:
Die bvh-Zahlen unterstreichen die strukturellen Veränderungen und wie stark die Konkurrenz wächst: Während die Multi-Channel-Umsätze der Versender 2009 um weitere 3,2% eingebrochen sind, gewinnen die neuen Marktteilnehmer unaufhaltsam hinzu: So weisen nicht nur die Online-Pure-Player (+15%), sondern vor allem die stationären Händler (+22%) und die Marken/Hersteller (+27%) eine enorme Wachstumsdynamik auf, die den Katalogversendern auf Fünfjahressicht kaum noch eine Chance lässt.
Das Handelsblatt hatte kürzlich einen sehr bezeichnenden Artikel zum Thema ("Warum Marktführer träge werden"), der verdeutlicht, warum Unternehmen mit strukturellen Veränderungen nicht klar kommen.
Frühere Beiträge zum Thema:
- bvh-Zahlen 2009: E-Commerce ist mehr als Versandhandel (2)
- ACTA 2009: Der Online-Kanal ist sich selbst genug
- Debatte: Die Zukunft des elektronischen Handels
Kategorien:Shopboerse
Bei aller Euphorie für den Onlinehandel, ich glaube, die meisten Händler werden nicht überleben.
Das Internet ist wie eine Stadt.
Wieviele Händler der gleichen Branche, mit vergleichbarem Sortiment, braucht eine Stadt? 3,4 vielleicht 5?
Niemand braucht mehr als eine Hand voll Amazons, Mindfactorys, Vikings etc..
Und das meine ich weltweit!
Wenn man jetzt noch hinzurechnet, wer am Onlinehandel alles dran hängt, Web-Agenturen, Paketdienste, Hardware-, Software-Hersteller, Vermieter von Lager- und Büroräumen, spezielle Medien, Hoster usw., dann hätte eine Konzentration auf weltweit einige wenige Onlinehändler pro Branche enorme volkswirtschaftliche Folgen. Hoffen wir also, das ich mich irre.
Hinzu kommen die immer höheren Anforderungen an den Onlinehändler und seinen Shop. Das können am Ende nur einige, wenige, große Händler leisten.
Ein Ausweg könnte die Spezialisierung sein. Aber gerade bei bei sehr speziellen Produkten reichen auch wieder einer oder einige, wenige Anbieter.
Mit Verlaub, aber in dem Beitrag steht nirgends etwas von “Onlinehandel”, sondern nur etwas von “Online-Markt”. Bewusst: Denn welcher Marken/Hersteller braucht (Online-)Händler, die keinen Mehrwert bieten, sondern nur Marge abgreifen?
> “Hoffen wir also, das ich mich irre”
Warum so nostalgisch? Das ist der Lauf der Dinge. Der Handel sieht doch, was auf ihn zukommt und hat lange genug Zeit, darauf zu reagieren und sich strategisch neu auszurichten.
Handel ist Commodity. Damit ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Die Musik spielt im Verkauf, wie man bei den Live Shopping Days schon mal ganz gut erleben konnte. Und hier bietet gerade der Online-Markt noch enorme Potenziale, sich zu differenzieren.