Umbrüche im Buchmarkt: Bullshit-Bingo für die Buchbranche

von Matthias Hell

Zum Einstieg präsentieren wir diese Woche Leander Wattigs aktuelles „Bullshit-Bingo zum Buchmarkt“,
das in perfekter Verknappung einige der populärsten Irrtümer und Vorurteile der Publishing-Branche vereint:

Buchmarktbullshitbingo2012

Neue Vertriebsmodelle

Amazon: Auf Werbetour,
um die neuesten Kindle-Modelle in Europa zu promoten, bekräftigte Amazon-Chef
Jeff Bezos in mehreren Interviews seine Strategie der Kundenbindung durch den
Aufbau einer eigenen Plattform. Am prägnantesten brachte dies Bezos gegenüber der BBC zum
Ausdruck
:

„We sell
the hardware at our cost, so it is break-even on the hardware. We want to make
money when people use our devices, not when people buy our devices.”

BookShout:
Kundenseitig führt Amazons Modell eines geschlossenen Ökosystems allerdings zu einigen
Frustrationen. Der Service BookShout ermöglicht es Nutzern nun, eBooks
verschiedenster Herkunft innerhalb eines Systems zu lesen – für O’Reilly-Manager
Joe Wikert ein lang
ersehnter Fortschritt
:

„You can
now import your Kindle and Nook ebook purchases into the BookShout social
reader platform. I just moved all my Kindle ebooks into it. What a liberating
experience. I was half-tempted to open my hotel window and yell out, “Mr.
Bezos, tear down this wall!”

Yudu: Das plattformübergreifende digitale Publishing stellt auch der Dienstleister Yudu Media in
den Mittelpunkt und wendet sich scherpunktmäßig an Hersteller von angereicherten
eBooks im Bildungsbereich. (via The
Bookseller
)

Neue Erzählformen

Coliloquy: Das
Prinzip „Choose your own adventure“ kennt der eine oder andere noch aus den guten
alten Rollenspiel-Büchern. Coliloquy hat das Modell nun für eBooks adaptiert –
inklusive Autoren-Feedback und Analyse-Funktionen. (via Publishing Perspectives)

eBook Shorts: Bisher
werden Kurz-eBooks à la Kindle Singles noch über den reduzierten Preis
vermarktet. Doch sollte das Prinzip „kurz und auf den Punkt“ nicht als eigenes
Wertversprechen betrachtet werden? (via TOC)

Struktureller Wandel

Amazon vs. Google: Hat sich die Publishing-Branche zu lange auf das
falsche Feindbild eingeschossen? Im Gegensatz zu Amazon habe Google das Zeug
zum Verbündeten der Verlage, meint
Rüdiger Wischenbart im Perlentaucher-Blog
:

„Mit Pauken, Trompeten und teuren
Anwälten in Europa und USA gingen sie gegen die – gewiss: nassforsche –
Digitalisierungskampagne des Internetgiganten Google vor, statt sich darüber
einen starken Hebel zu erstreiten, um aus digitalen Büchern ihr Geschäft für
die Zukunft abzusichern.“

Rovio: Neue Player entdecken das Publishing-Geschäft: Mit der App
Angry Birds eroberte sich Rovio ein Millionen-Publikum. Nun hat das Unternehmen
seine erste Koch-App präsentiert. (via Good
eReader)

Buchhandel im Umbruch

Thalia: Eine „Beichte
hat Thalia-Chef Michael Busch in der FTD
abgelegt: Zu viele, zu große Standorte und Versäumnisse im eBook-Geschäft
hätten die Buchkette geschwächt. Trotzdem glaubt Busch noch an die Trendwende
im kommenden Jahr.

Ex Libris: Auch
die Schweizer Buch- und Medien-Kette Ex Libris – eine Migros-Tochter – spürt den
Gegenwind im Filialgeschäft: In den kommden 18 Monaten will man bis zu 30 von
bisher 113 Filialen schließen. (via DRS)

Ocelot: Unter dem
Motto „Not just another bookstore“ ist die Berliner Buchhandlung Ocelot in
diesem Jahr angetreten, um den Negativtrend der Branche zu widerlegen. Nun hat
das Buchgeschäft auch einen zeitgemäßen Onlinestore der anderen Art eröffnet. (Pressemitteilung)

Unter der Rubrik Buchlos in die Zukunft
bringen wir jede Woche das Spannendste zu
den strukturellen Umbrüchen in der Buchbranche.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Buchhandel

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