Männer im Online-Kaufrausch: Holen die Frauen langsam auf?

Nach dem erstaunlichen Erfolg der Online-Shopping-Queens („Exchanges #61: Wenn Frauen shoppen“) lohnt sich dann doch noch ein kurzer Check der Umsatzanteile der Frauen („bvh-Zahlen 2012: Frauenanteile sinken auf neue Tiefststände“) anhand der letzten Zahlen des b(e)vh:

frauenumsaetze2013

Man sieht deutlich, wie der boomende Online-Handel den Umsatzanteil bei den Frauen im Distanzhandel als Ganzes von Jahr zu Jahr auf neue Tiefststände drückt – in nur drei Jahren von 62% auf – den jüngsten Zahlen zufolge – 53%.

Man sieht zugleich, wie die Quotenlevels – bei den Shoppingsendern über 80% der Umsätze, bei den Katalogversender um die 70% und bei den Stationären über 60% – vom Profil her – relativ stabil bleiben und deshalb gute Referenzniveaus bilden.

In der Zeitreihe wirkt es so, als ob die Frauen bei den Online Pure Playern extrem aufgeholt hätten. Allerdings weisen die 2013 explodierten Zahlen („Die 10 Mrd. Lücke im E-Commerce“) des b(e)vh bei so gut wie allen Kategorien extreme Sprünge bei den Frauenanteilen auf.

Um die Werte in der Zeitreihe vergleichbarer zu machen, müsste man also die Niveaus tendenziell angleichen und die Daten auf eine gemeinsame Basis stellen.

Würde man die 2013er Werte beispielsweise anhand der Shoppingsender von 85% auf 82% herunterrechnen, so käme man bei den Pure Playern auf eine Quote von 45% (statt 47%). Alternativ könnte man auch die alten Werte auf das neue Niveau hochrechnen.

Das ändert aber nichts an der Grundproblematik:

Denn selbst die 47% Umsatzanteil sind weit entfernt von den – je nach Einschätzung – 53%, 60% oder gar 70% Umsatzanteil für Frauen im Online-Handel, die man erwarten würde.

Das sind zugleich gute Referenzpunkte, anhand derer sich jeweils grob ermitteln lässt, wieviele Milliarden dem Online-Handel jährlich bei den Frauen entgehen. Ein Update dazu gibt es dann in einem separaten Beitrag.

Denn ungewöhnlich genug versetzt der Online-Handel derzeit also weiter vor allem Männer in einen Kaufrausch. Sie treiben immer noch mindestens 53% des Marktes – und das, obwohl Frauen das Internet längst ähnlich stark bzw. in bestimmten Bereichen (Social Media, etc.) sogar intensiver nutzen als Männer.

Vertieft haben wir das Thema in den Exchanges #61 („Wenn Frauen shoppen“).

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Frauenmaerkte

1 Antwort

  1. Auch wenn bvh-Zahlen wie von Dir geschildert wohl in Zukunft noch vorsichtiger genossen werden wollen, stimme ich auch zu, dass hier Potential verschenkt wird.

    Direkt und ohne Vor-Recherche gefragt:
    Gibt es Anzeichen dafür, dass diese Lücke in den Online-Umsätzen zwischen Frauen und Männern v.a. auf den unterschiedlich nachgefragten Produktkategorien beruht? Wäre meiner Meinung nach nicht unlogisch.

    Plakativ:
    Elektronik und Technik allgemein:
    Entscheidungsfindung und Onlinekauf von Produkten nahezu optimal. (keine Retourenproblematik aufgrund unterschiedlicher Größen etc. )
    Bekleidung, Accessoires, Parfüm:
    Onlinekauf „schwieriger“ und unwahrscheinlicher, wenn sichere Entscheidung nicht möglich. Dazu größerer Retourenaufwand etc. Dazu kein Tastsinn, kein Geruchssinn, keine Betrachtung am eigenen Körper vorab möglich.

    Das Ziel wäre dann nicht Onlineshops besser auf Frauen abzustimmen, sondern eher letztere Produkte „Online-kompatibler“ zu gestalten, darzustellen und zu verkaufen.

    • absolut. Die Ursachen sind vielschichtig und sicherlich spielt auch dieser Aspekt mit rein. Aber natürlich sind auch die heutigen Shops auf diese Kategorien hin optimiert.

      Aktuell ist es einfacher, das Phänomen zu beschreiben (incl. der entgangenen Umsätze) als einigermaßen sicher zu sagen, was genau für das Phänomen verantwortlich ist.

      Es gibt auch so gut wie keine Studien, die Ursachenforschung betreiben, was genau die weiblichen Zielgruppen ausbremst.

      Auf meine Lieblingsstudie zu den entgangenen Marktpotenzialen (http://excitingcommerce.de/2010/02/21/24hour-fashion-lovers/) werde ich ja nicht müde hinzuweisen. Nur ist die auch schon ein bisschen in die Jahre gekommen.

    • das Problem sind aber auch nicht nur die Produkte. Es ist die ganze Shopping-Atmosphäre, die online offenbar nicht so aufkommt wie zum Beispiel im stationären Handel und selbst im TV.

  2. Ja, man könnte die Shopping-Atmosphäre als einer der größten (und letzten?) Bastione des stationären Handels betrachten; wenn auch bei wachsendem Risiko des instore Barcode-Shoppings.

    Ob es im Onlinehandel erst mit einer Art virtuellen Realität gelingt eine anregende Einkaufsatmosphäre zu schaffen oder ob dies bereits durch gegenwärtig mögliche Optimierung oder Veränderungen gelingt bleibt abzuwarten. (Beim Jagd- oder Schnäppchen-Instinkt ist dies Online schließlich gelungen)

    Meines Erachtens spielt auch die Nichtvergleichbarkeit der Produktpreise in Frauenaffinen Produkt-Kategorien dem weiblichen Kundenmangel im Onlinehandel in die Karten:
    „Den TV hättest du online 100 Euro günstiger bei redcoon.de bekommen als im Mediamarkt!“
    „Das Kleid hättest du online 50 Euro günstiger bekommen als bei Esprit im Laden!“

    Den letzteren Satz habe ich so noch nie gehört. Bekleidungs-produkte sollen nicht vergleichbar sein (v.a. hinsichtlich des Preises) und selbst die Markenshops bieten online im Vergleich zu einem großen stationärem Laden kaum Kaufanreize (Preise oft identisch).

    @TV: Genau. Das Thema Teleshopping und das Wachstum von Homeshopping-Europe, die sich, um (vermutlich) weiter international zu expandieren, aktuell Backend- und prozess-technisch zukunftsfähig aufstellen (SAP, Automatisierung, etc.) darf mit Spannung verfolgt werden. Gefühlt wurde Teleshopping nämlich schon vor Jahren durch den boomenden E-Commerce totgeredet.

    Ob Teleshoppingverkäufer in Onlineshop-Videos wohl die Zukunft sind? (nicht ganz ernst gemeint)

  3. Denke auch nicht, dass es an den verfügbaren Produkten liegt. Es ist wohl eher die Atmosphäre die am Screen mit derzeitigen Mitteln kaum an den stationären Handel rankommt. Im Laden werden eben einiges mehr an Sinnen angesprochen – am Bildschirm eben nur einer oder maximal zwei (Sehen und Hören). Und deshalb ist das Shoppen sei es nun im Shoppingcenter und kleinen Laden immernoch bei Frauen so beliebt.

    Als kleiner Denkanstoß: Man stelle sich vor, Westwing würde ihr Konzept auf den stationären Handel übertragen. D.h. Mindestens alle 3 Tage wird die komplette Ladenfläche umgestaltet und die visuellen Themenwelten von online auf offline übertragen. Der Laden wäre voll und würde das durchaus (mit den vorhandenen Mitteln) erfolgreiche Online-Konzept um Welten schlagen. Der Laden wäre garantiert immer voll und niemand würde einen Abgesang auf den stationären Handel singen.
    Natürlich ist dieses Szenario kaum umsetzbar… und so holt Westwing eben online alles raus was möglich ist.

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