Unwort des Jahres: Social Media

Kein Begriff ist so irreführend und verharmlost die Entwicklungen im Bereich der Online-Netzwerke ähnlich stark wie der Begriff "Social Media". Deshalb ist "Social Media" unser Unwort des Jahres.

Social Networks verändern die (Medien-)Welt. Doch indem der Netzwerk-Begriff durch den zwar sehr griffigen, aber in diesem Zusammenhang komplett unsinnigen Medienbegriff ersetzt wird, möchte uns die Medien-, PR- und Marketingindustrie vorgaukeln, dass man im Netzwerkkontext mit der klassischen Mediendenke (= Aufbau und Monetarisierung von Reichweite) weiterkäme.

Nichts widerspräche dem Netzwerkgedanken mehr, wie wir spätestens seit dem Cluetrain-Manifest wissen sollten. Netzwerke sind keine Fortführung, sondern eine Alternative zu traditionellen Medienstrukturen.

Interessanterweise ist "Social Media" jedoch nicht der erste Versuch einer darbenden Medienindustrie, das Internet für sich zu vereinnahmen. Zu New Economy Zeiten wollten sie uns weismachen, dass das Internet Teil der "Neuen Medien" ist.

Profitiert haben allerdings schon damals weder "neue" noch "alte" Medien, sondern Google, ein Unternehmen, das das Internet als Netzwerk verstanden hat.

Entsprechend sollten auch jetzt beim Begriff "Social Media" wieder alle Alarmglocken schrillen, zumal gerade wieder Horden an als "Social Media" Experten getarnte Schaumschläger unterwegs sind.

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1 Antwort

  1. Gibs ihnen Jochen ;-) wo kann ich unterschreiben?
    Ist tatsächlich furchtbar nervig.

  2. Ein unterstützender Blogkommentar reicht fürs erste vollkommen ;-)

  3. jippie – du hast mir grad die einleitung für meinen vortrag bei der direktmarketing konferenz nächste woche geliefert, danke ;)

  4. Fein, fein. Spread the news ;-)

  5. gute Wahl. Ich hätte auf „Nachhaltigkeit“ getippt ;)

  6. LOHAS, die neuen Ökos, waren knapp dahinter ;-) Ist aber ja alles kein reines Online-Thema.

  7. Es ist immer wieder erstaunlich, wenn sogenanntes „studiertes Volk“ a la Marketing- & PR-Clone in Meetings und Projekten von all den neuen Errungenschaften redet.
    Anstatt die Möglichkeit zu verwenden den ehrlichen Kontakt zum Kunden zu suchen, wird gezwitschert, gefaked und gebogen was die Tastat(h)uren hergeben. Bei solchen Begriffen wie Guerillia-Marketing leuchten ihre Augen auf wie die eines billigen Roboters.
    Anstatt das Wort „social“ ins New Business einfliessen zu lassen sind es die alten Gier-Mechanismen par excellence.

  8. Social Media steht ursprünglich nicht für Social Networks, sondern für Sites, auf denen Nutzer primär eigene Inhalte produzieren, also besonders Blogs und Sites à la Flickr und YouTube.
    Der Begriff ist eher politisch zu verstehen, da es quasi um die „Vergesellschaftung“ von vormals zentral kontrollierten Massenmedien geht.
    Von daher verbindet sich für mich auch nichts negatives mit dem Begriff.

  9. Habe ich das jetzt richtig verstanden: Du möchtest, dass man „Social Networks“ sagen soll und nicht „Social Media“? Weil Networks das sind, was gemeint ist, und „Media“ im Grunde für Werbemedium steht?
    Nimmst du es da nicht ein wenig arg genau?
    eric

  10. @Q-BEE: Solange der Begriff noch so verwendet wurde, war auch nichts dagegen einzuwenden. Nur wurde die Bedeutung inzwischen erweitert. Und sobald von „Social Media Marketing“ die Rede ist, sollten einem sämtliche Haare zu Berge stehen.
    @eric Wie man das Phänomen nennt, ist mir schlussendlich egal. Nur „Media“ ist die denkbar schlechteste Wahl, weil in diesem Zusammenhang extrem irreführend. Persönlich bleibe ich bei „Social Web“.
    In jedem Fall plädiere ich aber dafür, dass die Schaumschläger weiter bei „Social Media“ bleiben, dann fällt es einem einigermaßen leicht, sie zu erkennen ;-)

  11. Eine Frage der Begrifflichkeit: Social Media

    Jochen Krisch kürt gerade das Unwort des Jahres: Social Media:
    Kein Begriff ist so irreführend und verharmlost die Entwicklungen im Bereich der Online-Netzwerke ähnlich stark wie der Begriff Social Media. Deshalb ist Social Medi…

  12. Und ich dachte, man sagt jetzt halt einfach nur „Social Media“ statt „Web 2.0“, weil zweiteres so abgegriffen klingt… ;)

  13. Mal im Ernst: warum soll es eigentlich KEIN „Social Media Marketing“ geben dürfen? Stell dir vor, da ist ein Anbieter eines Datensicherungs- und Rettungsservice, der einen Twitter-Account hat. Dort twittert er regelmäßig über neue Konzepte, Techniken und Methoden und beantwortet Nachfragen. Wer sich dafür interessiert, abonniert diesen Tread – und schon entsteht im Fall des Falles eine Geschäftsbeziehung.
    Was ist daran falsch? „Märkte sind Gespräche“ heißt es im Cluetrain-Manifest – willst du allen Anbietern einen Maulkorb verordnen?

  14. Ist das so schwierig zu verstehen? Ich möchte nicht das Social Web abschaffen, ganz im Gegenteil, sondern plädiere lediglich dafür, sich über den verharmlosenden und irreführenden Begriff „Social Media“ Gedanken zu machen. Nicht mehr und nicht weniger.
    Und zum Thema Marketing verweise ich gerne auf die Cluetrain-Thesen 28 und 86. Dort ist eigentlich alles gesagt zum Thema „Märkte sind (keine Marketing-)Gespräche“.

  15. These 28 und 86 hat nun aber auch wirklich gar nichts mit dem von mir genannten Beispiel (das m.E. ein positives und nützliches ist) zu tun!
    Aber ich verstehe: dir gefällt die Verwendung des Begriffs „Medium“ nicht.
    Mir erscheint das als Haarspalterei, denn warum sollten die Kommunikationstools der SNs, die Blogs, Twitter u.a. keine MEDIEN sein? Man schickt eine Botschaft über ein Medium (oder was?): an einen, an eine Gruppe, an viele, an potenziell alle. Welcher Art die Botschaften sind und welcher Art der soziale Zusammenhang, in dem sie gesendet und empfangen werden, ist in der Wortbedeutung nicht enthalten.

  16. Ich sage ja nicht, dass es keine Medien sind, sondern dass der Begriff extrem irreführend ist, weil er Gemeinsamkeiten betont, wo es darum ginge, die Unterschiede und Besonderheiten zu traditionellen Medien herauszustreichen.
    Denn wie Du korrekterweise sagst, handelt es sich bei Blogs, Twitter & Co. eben in erster Linie um Kommunikationstools.
    Und interessanterweise würde ja auch so gut wie niemand das Handy zu den Social Media zählen, obwohl dort massenhaft „nutzergenerierter Content“ in Form von SMS, etc. produziert wird.
    Unser heutiges Medienverständnis impliziert massenmediales Denken. Bei all den genannten Tools handelt es sich aber (im Kern) um „persönliche“ Tools, die die direkte Kommunikation erleichtern und unterstützen.
    Dieser Aspekt kommt im Medienbegriff nicht nur viel zu kurz, sondern wird geradezu pervertiert, weil (persönliche) Gespräche zum (massen-)medialen Phänomen erhoben werden.
    Im grundsätzlichen Medienverständnis bin ich bei ja Dir: Doch Social Media ist derzeit einer der meistmissbrauchten Begriffe, weil er eben oftmals nicht in der von Dir beschriebenen Form, sondern im massenmedialen Kontext benutzt wird.

  17. nervig, absolut!
    meiner meinung nach auch total überschätzt und hochgejubelt.

  18. Social Media – Unwort des Jahres

    excitingcommerce kührte das Unwort des Jahres: Social Media. Auch ich möchte mich dem anschließen.
    Zitat:
    Interessanterweise ist Social Media jedoch nicht der erste Versuch einer darbenden Medienindustrie, das Internet für sich…

  19. Social Media: Das Ende vom Anfang!

    Kaum ein Kundenkontakt, in dem Social Media nicht Thema sind – so geht es mir in den vergangenen Monaten. Keine Frage, wir befinden uns mitten in einem Hype. Geradezu nervs werden die Diskussionen in der Branche – oder sollte ich schreiben: den …

  20. Zum besseren Verständnis wäre es vielleicht hilfreich, einmal kurz aufzuführen, auf welche angebliche (falsche) Definition von Social Media mit der Ernennung zum Unwort des Jahres Bezug genommen wird und welche andere (richtige) Definition stattdessen gelten soll.

  21. Sogar in der Rechtswissenschaft gibt es sowohl persönliche als auch juristische Personen. Ich sehe keinen Grund, warum nicht auch eine Firma an einem Dialog teilnehmen kann.
    Wenn McDonalds auf Facebook mehr als eine Million Fans hat, dann ist das einer Aufforderung zur Kommunikation gleichzusetzen. Ich denke, Social Media beschreibt auch die Möglichkeit, einen Dialog mit den sog. Lead-Usern zu eröffnen und zu führen. Social Media Marketing wäre dann im Gegensatz zum klassichen Marketingbegriff eine dialogorientierte Kommunikation.
    Ehrlicher Dialog setzt gute Produkte voraus, sonst gerät das sog. Social Media Marketing rasch zum Flop oder zum Fiasko.

  22. Wie soll mans sagen…
    Either it´s in the DNA – so no need of Buzzwords – or it´s not.
    Das Social Media bei sagen wir mal Monsanto nicht funktionieren wird, ist allerdings auch wahr ;-)

  23. was ist denn bitte Social Media?

    […] gekommen wie es kommen musste: „Social Media“ wurde zum Unwort des Jahres gewählt. Dies ist ein Urteil, dem ich nur beipflichten kann. Dieses ganze […]

  24. Social Media – Definitionssalat

    weiterlesen

  25. @Thomas Vehmeier und du meinst aus Usersicht ist auf „Fan werden“ zu klicken eine Aufforderung zum Dialog mit Mcdonalds? Dem User ist das Unternehmen völlig gleichgültig er kommuniziert in diesem Moment mit seinen Freunden, mit seinem Netzwerk, nicht mit McDonalds.

  26. also ich blick hier gar nix mehr! aber vielleicht kann ich einfach nicht theoretisch genug denken. ;)
    und ich sag auch gerne „social media“ zu dem, was wir früher immer nebulös „web 2.0“ genannt haben.

  27. Man scheint ja in Expertenkreisen mittlerweile Gefahr zu laufen, sich am Social-Media-Begriff die Finger zu verbrennen. Ich besorge mir mal ein paar Handschuhe …
    Zusammen mit Jochen Krisch habe ich das Trenddossier „Social Commerce – Verkaufen im Community-Zeitalter“ (Jan, 2008) geschrieben. Im einleitenden 1. Kapitel habe ich versucht, allgemein verständlich darzulegen, dass es medienevolutionäre Veränderungen von den klassischen über die Neuen hin zu den – wie ich sie nenne – „Sozial-Medien“ gibt. Diese lassen sich beschreiben, konzeptualisieren oder auch medienhistorisch vergleichen. Für mich ist der entscheidende Parameter die Umverteilung der Medienzeit. Deswegen ist auch das Mobiltelefon mittlerweile ein Sozial-Medium oder zumndest Medium-Träger. Zitat aus dem Kapitel: „Alles in allem [das Herumfummeln am Handy, sinnfreie und sinnvolle Beschäftigung im Netz; A.H.] also „Medienzeit“, die noch vor zehn Jahren mehrheitlich in die Tageszeitung, in Magazine und Zeitschriften, in Pfennigromane, Außenwerbung, in TV oder Radio investiert wurde. Kurzum: Medienzeit ist „sozialer“ geworden, weil mehr Aufwand betrieben wird, die eigene digitale Identität im Netz zu pflegen, das persönliche multimediale Backup (Bilder, Videos, MP3-Dateien etc.) zu verwalten und sich mit „Freunden“ oder Gleichgesinnten in aller Welt zu vernetzen, die kommunikativen Anschlüsse offen zu halten – per Kommentar, Bewertung, über die Lesezeichensammlung als Social Bookmarker, als Mitglied in den verschiedensten Communitys oder nicht zuletzt als Social Shopper.“
    Gerne für alle hier das Kapitel zur kritischen Prüfung oder zum Verbrennen: http://www.zukunftsinstitut.de/downloads/leseprobe_social_commerce_kap1.pdf
    Andreas Haderlein (Zukunftsinstitut)

  28. Das Problem in der Diskussion ist und bleibt der Begriff „Medien“.
    Ich würde mal behaupten, die Menschen verbringen nicht nur Medienzeit online, sondern vor allem Lebenszeit.
    Das Internet ausschließlich durch die Medienbrille zu betrachten, wird der Dimension der Entwicklung daher nicht annähernd gerecht.
    (Ich glaube, ich wiederhole mich zwar gerade, tue dies in diesem Fall aber sehr gerne ;-)

  29. Dann pointieren wir die Sache doch einmal: Immer mehr Lebenszeit = Medien- und Kommunikationszeit. Und ich bin gerade dabei, den „Verein zur Förderung analoger Lebenskultur“ ins Leben zu rufen. Schlecht fürs E-Commerce, E-Marketing, E-sonstnochwas …
    Aber im Ernst: Halte es auch für dringlicher, sich mehr über das „social“ als über „media“ Gedanken zu machen. Sind zum Beispiel Zombiefreunde in Networks oder User mit dem Habitus eines Couch Potatoes (read only) „sozial“ oder „asozial“?

  30. Couch Potatoes – doch wieder ein Begriff aus der Medienszene, der nicht weiterhilft …
    Ich würde eher von extrovertiertem und introvertiertem Verhalten sprechen. Sind introvertierte Menschen gleich „asozial“?

  31. Eine wirklich interessante Diskussion, leider habe ich sie jetzt erst entdeckt. Die Frage der richtigen Begrifflichkeit für das immer noch aktuelle Thema „Web 2.0“ zu finden, um der enormen Veränderung der gesamten Kommunikation online und offline sowie insbesondere mobil Rechnung zu tragen, geben ich Jochen Krisch Recht. Aber wie uns das Marketing in den Kinderschuhen schon gelehrt hat: Spreche zielgruppenorientiert. Und für uns alle stellt sich doch neben der Grundlagenforschung am Ende auch die Frage der Kommerzialisierbarkeit dieser Entwicklung aus Sicht der Beratung. Daher bleibe ich vorerst bei dem Buzzword „Social Media“, um potentielle Kunden anzusprechen, die eine ganz grobe Vorstellung haben, was sich dahinter verbirgt. Im persönlichen Gespräch reichere ich die Spitze des Eisbergs (das bisherige Wissen des Kunden) gern mit einer umfassenden Erklärung der tatsächlichen Veränderung an.
    Und vielleicht wird sich auch unser nächstes Buch (das 5. Buch zum Thema Web 2.0) dem Thema Social Media nähern : )

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