Studie: Top-Shops bevorzugen eigenentwickelte Systeme

Ob Zooplus, Redcoon, Notebooksbilliger, Globetrotter oder andere erfolgreiche Online-Versender – Exciting Commerce vertritt schon seit längerem die Auffassung, dass die Wachstumstreiber im deutschen Online-Handel tendenziell Standardlösungen meiden und stattdessen entweder auf eigenentwickelte Shoppingsysteme setzen oder aber auf mehr oder weniger stark angepasste Open Source Lösungen. Das lässt sich leicht behaupten, an einzelnen Beispielen auch gut aufzeigen, aber als generelle Aussage nicht ganz so leicht belegen.

Der Schweizer E-Commerce-Report, eine neue qualitativ-empirische Studie, die das Institut für Wirtschaftsinformatik der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel im Auftrag des Paymentdienstes Datatrans in diesem Jahr erstmalig erstellt hat, hat erfolgreiche Online-Shops in der Schweiz genau danach befragt – und bestätigt im wesentlichen unsere Eindrücke:

"Sieben [von 19] Studienteilnehmer bezeichnen die spezifisch ausdifferenzierte Gestaltung und laufende Weiterentwicklung ihrer eingesetzten IT-Systeme im Zusammenspiel mit den Geschäftsprozessen als Kernkompetenz.

Von den sechs in den vergangenen drei Jahren im E-Commerce am stärksten gewachsenen Unternehmen (vgl. Abb. 3-1) gehören fünf zu dieser Gruppe. Die beiden anderen sind in ihrer Branche in der Schweiz Marktführer im E-Commerce.

E-commerce-report-ch

Sechs dieser sieben Anbieter haben die Systeme für die gesamte operative Wertschöpfungskette selbst entwickelt und pflegen sie selbständig weiter. Es handelt sich dabei um den Onlineshop, die Auftragsverwaltung, das Warenwirtschaftssystem, die Kundenverwaltung und ggf. branchenspezifische Komponenten. Für die Softwareentwicklung werden im Maximum 22 Mitarbeitende beschäftigt.

Eines der sieben Unternehmen arbeitet auf Basis von zwei Standardsoftware-Produkten, wobei bei einem davon eine persönliche Verflechtung sowie ein Zugriff auf den Quellcode bestehen, so dass zwei Personen individuelle Funktionalität entwickeln können. Ein anderes Unternehmen hat für eine branchenspezifische Funktion sogar individuelle Hardware entwickelt."

Warum neigen die Händler zu Eigenentwicklungen? Der E-Commerce-Report zitiert noch einige der Geschäftsführer zum Thema:

  • Marcel Dobler von digitec sagt: „Mit unseren selbst entwickelten IT-Systemen sind wir effizienz- und know-how-mässig vielen anderen Firmen überlegen. Jeder einzelne Prozess wurde auf uns zugeschnitten. Durch die automatisierten Abläufe benötigen wir weniger Personal und daraus resultiert dann der Preisvorteil für den Kunden.“
    s. auch: Digitec: Der Schweizer E-Commerce-Aufsteiger 2009
  • Sven Betzold von ifolor sagt: „Die funktionale Anpassung und Erweiterung unserer IT-Systeme ist infolge der dynamischen Marktentwicklung eine permanente Aufgabe. Informatik ist eine unserer Kernkompetenzen.“

Der E-Commerce-Report vermittelt auch sonst ein hervorragendes Bild von den Themen, die professionelle Online-Händler derzeit bewegen.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Open Source, Optaros

  1. Das letzte Zitat (Christian Wanner von LeShop) bringt das eigentliche Problem auf den Punkt:
    Was bedeutet sein Zitat? Die Standardlösungen sind nicht verkehrt, teils hervorragend und intelligent und auch innovativ, aber sie sind für viele Einschätzungen zu teuer. Das ist der springende Punkt. Herr Wanner sagt es selbst: Deren Versuche mit Standard-Software sind gescheitert + externe Consultants sind zu teuer.
    Das Problem, das wohl selten irgendwo Erwähnung findet:
    Top-Shops wollen selber bauen. Herr Dobler spricht davon firmeninterne Prozesse somit exakt zuzuschneiden. Die konzeptionelle Planung, Denkprozesse, Usability etc., da ködern viele sogenannten Top-Shops noch externe Agenturen und lassen sich “inspirieren”. Das ist wohl in Ordnung so und muss von externen Agenturen so erfasst werden um anders zu reagieren. Aber die Eigenentwicklungen sind ohne exakte Vorstellungen und Ideen einfach schlcihtweg “kulturlos”. Man spart enorm viel Geld, das ist richtig und auch ein ausschlaggebender Punkt. Aber einfach nur zu sagen, dass man mit Eigenentwicklungen besser fährt, finde ich gefährlich. Da spreche ich nicht mal als Mitarbeiter einer solchen “externen” Agentur, sondern auch als Beobachter. Shops müssen sich darüber im Klaren sein, inwiefern sie über Human Ressources verfügen, die in der Lage sind Funktionen und Features zu “erfinden” und diese in das Gesamtbild des Shops einzufügen. Das ist eine E-Commerce-Kultur-Strategie, die ohne entsprechenden Ressourcen extrem nach hinten los gehen kann.
    Diesen Punkt finde ich erwähnenswert, wenn man einen Trend aufzeigt, der sich mit Eigenentwicklungen befasst.

  2. Danke für den Kommentar. Stimmt natürlich. Und die Beitragsserie ist auch genau so zu verstehen. Ich versuche ja immer auch zu betonen, um welches Marktsegment es sich handelt, das auf Eigenentwicklungen setzt.
    Es geht nicht darum, Standardlösungen abzuwerten, ganz im Gegenteil, sondern zu verdeutlichen, für wen sich welche Systeme eignen.
    Aber Exciting Commerce wendet sich natürlich in erster Linie an die Innovationstreiber, und für die sind die marktgängigen Standardlösungen nun mal größtenteils eine Qual, wie die Aussagen ganz gut belegen.
    Ich plädiere aber bitte NICHT dafür, dass nun jeder anfängt, sein eigenes Shopsystem zu entwickeln. Für den klassischen “Shopbetreiber” gibt es nun wirklich genügend hervorragende Standardsysteme, die ihm das Leben wirklich einfach machen.

  3. Meiner Meinung nach hängt das ganze doch sehr mit den Produkten zusammen die ein Shop anbietet. Ein Fotoservice kann garnicht auf eine Standardlösung zurückgreifen, und solch ein Hardware Shop wie der von digitec bei dem man sich alles mögliche zusammenkonfigurieren kann braucht natürlich auch eine Eigenentwicklung.
    Warum aber ein Zooplus oder Globetrotter eine völlig eigenentwickelte Lösung benötigen kann ich nicht nachvollziehen. Ein Bergfreunde.de ist ähnlich aufgestellt vom Warenangebot wie Globetrotter und setzt auf OXID. Ich persönlich denke es ist letztlich günstiger eine Standard-OpenSource Software als Basis zu nehmen und daraufhin Module etc. zu entwickeln. Allein die ganze Produktverwaltung, Kundenverwaltung, Bestellverwaltung und Prozesse sind doch da schon integriert.
    Was leider den meisten Standardlösungen fehlt sind effektive und moderne Marketingtools. Sowas wie bei Amazon dass ich persönliche Vorschläge schon auf der Startseite erhalte oder automatische E-Mail-Marketing-Tools die genau auf meine letzten Käufe eingehen. Sowas gehört für mich zumindest als direktes Bundle einer Partnerfirma dazu.
    IBM Websphere Commerce ist hier sehr weit was das angeht aber natürlich für einen kleinen Shop der noch am Anfang steht viel zu teuer.

  4. Zooplus und Globetrotter sind natürlich eine andere Generation. Da gabs zum Teil noch keine erschwinglichen Standardlösungen. (Wobei man den Zoohandlungsbereich in seiner Komplexität nicht unterschätzen sollte ;-)
    Und das Open Source Thema ist tatsächlich erst ein sehr Neues. Bis vor einem Jahr gabs in diesem Bereich eben noch so gut wie nichts, was auch wachstumsstarken Unternehmen genützt hätte.
    osCommerce (bzw. xt-commerce) hat sich doch immer eher als billige Einsteigerlösung positioniert, während Magento und Oxid ganz klar den Enterprise-Markt anvisieren.
    Aus diesen Gründen ist das Thema derzeit auch spannend zu verfolgen, weil sich auf einmal neue Perspektiven auftun.
    Interessierten sei auch die Oxid Commons http://www.oxid-esales.com/de/news/oxid-commons im Juli und Meet Magento http://www.meet-magento.de/ im November empfohlen, wo natürlich genau diese Themen auf der Agenda stehen.

  5. Wir machen da andere Erfahrungen und haben von einigen Top-Shop-Vertretern mit Eigenentwicklung bereits Anfragen bezüglich Erstellung eines Magento Shopsystems bekommen.
    Sicher, bisher gab es explizit bei den Open Source Entwicklungen nicht wirklich die perfekten Systeme. Bei näherem Hinsehen machen aber auch viele Kommerzielle Systeme schlapp was Flexibilität angeht und halten bei weitem nicht was sie versprechen.
    Aber Magento ist eine echte Alternative, da das System von Haus aus gut durchdachte Marketingfeatures mitbringt, die auch in Eigenentwicklung auf Dauer zu teuer in der Entwicklung sind.
    Magento bietet darüber hinaus eine sehr gute Flexibilität für weitere Eigenanpassung. Wir haben das System für Kunden grundlegend im Handling und Funktionalität verändert ohne den Kern berühren zu müssen.
    Ich wünsche mir mehr solcher professionellen Open Source (Shop-) Projekte.

  6. Ist individuelle Shopprogrammierung die bessere Lösung?

    Was haben Zooplus, Redcoon, Notebooksbilliger und Globetrotter gemeinsam? Sie sind erfolgreich – und ‘fahren’ auf selbstentwickelten Shopsystemen! Schon länger vermutet Jochen Krisch von Exciting-Commerce, dass Eigenentwicklungen (der extrem angepasste OS

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