Nach der Open Source Debatte bei Demandware hat sich nun auch der Intershop Berater (und Intershop Open Source Beauftragte :-) Stefan Hollmann in die Diskussion eingeschaltet und öffentlich mit einigen "Mythen zum Thema Open Source" aufgeräumt.
Unter dem Stichwort "Balance von Geben und Nehmen" schreibt er zum Beispiel:
"Individuelle Anpassungen zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb
sind bei Open Source zwar möglich, müssen jedoch immer wieder neu
erbracht werden. Stellt doch kein „geschäftstüchtiger“ Online-Händler
seine Innovationen der Community zur Verfügung. Daher funktioniert hier
der Kreislauf von Geben und Nehmen in der Online-Gemeinde nur bedingt.
Closed Source dagegen schützt die Investitionen und Erfahrungen nicht
nur des Herstellers. Individuelle Entwicklungen eines Softwareanbieters
kann sich ein Kunde vertraglich schützen lassen, so dass ein speziell
auf seine Anforderungen entwickeltes Feature nicht für seine direkte
Konkurrenz verfügbar ist. Damit hat der Kunde die Sicherheit des
Kundendienstes (Support) und der Individualität seines Angebotes."
Ein im Vergleich zur Demandware-Debatte sehr durchdachter und intelligenter Beitrag. Auch wenn das Software-Entwicklungsmodell, das in der Argumentation mitschwingt, doch etwas sehr an die gute alte Zeit erinnert.
Persönlich spannend finde ich in diesem Zusammenhang den Bekehrungsprozess, den zum Beispiel Microsoft durchlaufen hat und den Chris Anderson in seinem Buch "Free" sehr gut darstellt: Auch Microsoft hat Linux zuerst lange unterschätzt (sprich: ignoriert), dann, als es schon zu spät war, heftig dagegen anargumentiert und lässt heute seine Entwickler mehr oder weniger selbstverständlich auch für Linux arbeiten.
Stefan Hollmann wird nun, wie es scheint, in der Open Source Debatte ("Risiko im Betrieb oder Chance für Innovation?") mit Magento-Erfinder Roy Rubin beim insight ecommerce Kongress in Jena für seinen Chef Peter Mark Droste einspringen.
Frühere Beiträge zum Thema:
- Auf Konfrontationskurs: Magento gegen Intershop und Hybris
- Open Source Debatte: Demandware vs. Magento – Update
- In eigener Sache: Warum soviel Wirbel um Magento?
Kategorien:Open Source, Optaros
Das mit dem “Einspringen” auf dem insight ecommerce Kongress ist nicht ganz richtig – leider hatte sich da anfangs ein Fehler in das Kongressprogramm eingeschlichen, der dann aber sehr schnell korrigiert wurde. Es war von Beginn an geplant, dass ich mich an der Diskussion beteilige und Intershop-Vorstandsmitglied Peter Mark Droste eine Keynote o.ä. hält.
Ich freue mich auf die Diskussion zum Thema Open vs. Closed Source – finde es allerdings etwas befremdlich, dass dies von manchem Twitter-Kollegen wie ein High Noon Revolver-Duell zwischen Roy Rubin und mir angekündigt wird…
Herr Hollmann hat nicht unrecht mit seinem Beitrag. Eine gewisse “Verläßlichkeit” (in den verschiedensten Bereichen) kann durchaus von Vorteil sein.
Gerade im letzten Absatz des verlinkten Beitrages liegt für mich aber auch einer der größte Nachteile: die erwähnten langen Innovationszyklen. Schön wenn diese langfristig ausgerichtet sind, aber was nützt es wenn diese dann zu spät am Markt ankommen? In der Zeit der Marktbeobachtung und Entwicklung können andere Systeme (wenn auch vielleicht in mehreren Stufen) die jeweilige Funktion schon in Anwendung haben. Das heißt auch, dass die Kunden ggf. dann schon länger aktiv mit der Funktionalität arbeiten!
Außerdem ist es meiner Erfahrung nach so, dass Open-Source-Lösungen schon alleine wegen des dahintersteckenden Grundgedankens deutlich flexibler sind. Natürlich generiert eine Anpassung Aufwand, aber tut es dies bei lizensierten Anwendungen nicht auch? Die große Masse der E-Commerce-Anbieter wird doch wohl kaum in der Lage sein, das verwendete System voll und eigentständig zu beherrschen. Dienstleister sind also (fast) immer im Boot. Und dann würde ich doch lieber eine Anwendunge nehmen, die ich selbst viel weitreichender und direkter beeinflussen kann. Und dabei ist dann das “Geben und Nehmen” meiner Meinung nach nicht mal das wichtigste Kriterium in der Entscheidung …
Alleinstellungsmerkmale realisieren online Händler mit Magento als Plattform in Form von Modulen, die natürlich nicht veröffentlicht werden und den Open Source Kern, sowie die weiteren kommerziellen Module, ergänzen.
Eigene individuelle Entwicklungen (realisiert in-house oder durch Dienstleister) sind für den Kunden somit auch vertraglich geschützt und nicht für die Konkurrenz verfügbar.
Diese Alleinstellungsmerkmale gehen dank der Architektur von Magento auch bei Updates nicht verloren und müssen daher nicht immer wieder neu erbracht werden.
@Stefan Hollmann: Martin Groß-Albenhausen wird sicherlich dazwischen gehen, sollten sich die Gemüter während des “Showdowns” zu sehr erhitzen ;-) In jedem Fall finde ich es gut und bemerkenswert, dass es überhaupt zu so einer Diskussion kommt.
@Ron Merz: Das meinte ich mit den wenig agilen Entwicklungsmodellen und den entsprechend langen Release-Zyklen, unter denen traditionelle Softwareschmieden zunehmend leiden.