Eindrücke vom Tengelmann e-Day: Quo vadis, Tengelmann?

Gestern durfte ich durch den ersten E-Commerce-Day der Unternehmensgruppe Tengelmann führen, wo sich die Geschäftsführer alter und neuer Beteiligungen sowie Freunde des Hauses am Firmensitz in Mülheim an der Ruhr trafen, um sich über die Zukunft des Handels auszutauschen.

Da es sich um keine öffentliche Veranstaltung handelte, möchte ich nicht zu sehr ins Detail gehen, sondern nur ein paar generelle Eindrücke vermitteln. Zwar waren auch Journalisten anwesend, aber auch sie sollten den E-Day eher als Hintergrundveranstaltung nutzen, um sich ein Bild zu machen.

Tengelmann zählt zu einer guten Handvoll deutscher Handelskonzerne, die inzwischen ihr Heil im E-Commerce suchen. Was Tengelmann angenehm abhebt, ist, dass der Wandel von oben getrieben wird – und zwar mit der gewissen Ernsthaftigkeit, die man andernorts vermisst, wo man immer noch das Gefühl hat, dass E-Commerce vor allem ein großes Feigenblatt ist, das von Jahr zu Jahr nur deshalb größer werden soll, damit man sich besser dahinter verstecken kann.

Beim E-Day sprach Konzernchef Karl-Erivan Haub (s. ein früheres Interview im Gründerszene-Blog) denn auch nicht nur, wie andernorts üblich, das Grußwort, sondern war auch den ganzen Tag über aktiv dabei: Wir haben uns die erste Internetwelle gespart und können uns daher jetzt durchaus den ein oder anderen Fehler leisten, bemerkte er in seiner Eingangsrede nicht ganz ohne Augenzwinkern. Bisher entwickle sich das Portfolio aber weitaus besser als erwartet.

Konnte man nach den ersten, veröffentlichten Beteiligungen (Zalando, Brands4Friends) noch den Eindruck gewinnen, Tengelmann folge relativ willenlos der Herde, so zeigten schon die Folge-Investments (Baby-Markt, Youtailor, Stylight, Supreme New Media, Otto Gourmet), dass Tengelmann seine Fühler in unterschiedlichste Richtungen ausstreckt und dass man sich im Haus ernsthafte Gedanken macht und versucht, seinen eigenen Weg in die (digitale) Zukunft zu finden.

Denn interessanterweise gibt es ja gerade für den Handel unzählige Investmentmöglichkeiten auch jenseits der ausgetretenen Pfade. Und wer einmal ernsthaft versucht hat, sich ein Bild vom Handel der Zukunft zu machen, der wird nicht nur manch spannendes Feld entdecken, das aktuell niemand auf dem Radar hat, sondern auch weit weniger anfällig werden für das branchenübliche Brainwashing.

Chris Guillebeau ("The Art of Non-Conformity") hat dies in anderem Zusammenhang gut auf den Punkt gebracht:

"When you were a kid, you may have heard the question "If everyone else jumped off a bridge, would you?" The idea is, Think for yourself instead of following the crowd.

But one day, you grow up, and suddenly the tables turned. People start expecting you to behave very much like they do. It's almost if they are asking: "Hey, everyone else is jumping off the bridge. Why aren't you?"

Gerade für den Handel lohnt es sich wirklich, sich darüber im Klaren zu werden, wer in der Online-Branche welche Themen warum vorantreibt – und sich ein eigenes Bild davon zu machen, welche Themen davon den Handel nachhaltig verändern werden. Noch lässt sich die Handelsbranche viel zu sehr vom elektronischen Firlefanz blenden, anstatt sich auf die entscheidenden Kernthemen zu besinnen.

Prof. Gerrit Heinemann (s. Was vom Multi-Channel-Mythos übrigbleibt) hat dies beim Abschlusspanel des e-Day gut auf den Punkt gebracht. Die erste große Entscheidung ist: Mache ich E-Commerce? Wer sich nach reiflicher Überlegung dazu entschließt, der sollte es entweder ganz angehen oder gar nicht.

Der E-Day war schon beim ersten Mal eine sehr gelungene E-Commerce-Veranstaltung, die den Austausch gefördert hat und Perspektiven eröffnet hat. Mehr kann man sich nicht wünschen.

Offenlegung/Disclosure: Tengelmann ist einer der Top-Sponsoren für Exciting Commerce und die Live Shopping Days 2011

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