Wenn man sich so auf den einschlägigen Tagungen und Konferenzen umhört (und im Mai hatten wir ja reichlich Gelegenheit dazu), scheinen viele E-Commerce-Verantwortliche derzeit wenig Besseres zu tun zu haben als sich mit Mobile Commerce zu befassen.
Der Umsatz kann für diese Shopbetreiber nicht im Vordergrund stehen, denn der mobile Markt ist marginal, die Nutzungszahlen ernüchternd – und wenn überhaupt, dann werden die Umsätze im mobilen Web schon aufgrund der geringen Nutzungsdauern nicht mit Produktkäufen, sondern vor allem mit mobilen Services, App-Verkäufen, etc. gemacht.
So kommt es zu der kuriosen Situation, dass der bvh als Händlerverband momentan Mobile Commerce bei seinen Mitgliedern über die Maßen pusht, während der BVDW als Verband der digitalen Wirtschaft die Mobile Commerce Erwartungen für den (Online-)Handel bis 2015 eher dämpft:
"Der Löwenanteil von rund 69 Prozent steuern neben dem Verkauf von Apps sowie in zunehmendem Maß In-App-Sales bei. Ihr Volumen soll bis 2015 auf rund 2,3 Milliarden Euro klettern. Für klassischen M-Commerce über mobile Websites prognostiziert der BVDW dagegen nur ein moderates Wachstum."
E-Commerce-Anbieter sollten bei ihren mobilen Ambitionen bedenken, dass auch heute noch nur jedes fünfte verkaufte Handy ein online-fähiges Smartphone ist, und beileibe nicht die meisten sind iPhones.
Die Euphorie im Mobile Commerce erinnert einen an den E-Commerce vor zehn Jahren, als man als Händler auch schon das Gefühl vermittelt bekam, man müsse unbedingt dabei sein, obwohl noch kaum jemand online war:
Wirklich spannend wird das mobile Web für den Online-Handel erst dann, wenn die Smartphone/Tablet-Penetration in der Bevölkerung die 50%-Marke erreicht und die Nutzungszeiten länger sind als die heute üblichen wenigen Minuten pro Woche. Das wird jedoch frühestens in vier bis fünf Jahren der Fall sein. Bis dahin ist Mobile von selektiver Relevanz, zum Beispiel für Gutschein- und Aktionsanbieter (s. Groupon Now und die mobilen Perspektiven für Groupon) oder die Anbieter mobiler Dienste.
Die digitale Gesellschaft zumindest ist in weiten Teilen noch nicht bereit für Mobile Commerce. Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung sind nur sehr sporadisch online (s. Analysen und Statistiken zur Strategiefindung) und auch der Rest surft nur sehr bedingt mobil.
Marcel Weiß hatte kürzlich ein paar empfehlenswerte Blogtipps. Sehr spannend und eine wahre Fundgrube für die Einschätzung der mobilen Marktperspektiven ist das Asymco-Blog ("Curated Market Intelligence")
Frühere Beiträge zum Thema:
- "Mobile" hat für uns nicht den Stellenwert wie in der Presse"
- ACTA 2010: Mobile Commerce kein Thema für die Nutzer
- Das mobile Phantom
Kategorien:Uncategorized
Das spannende an der Mobile-Commerce Thematik ist gerade hier, dass da D und CH derart unterschiedlich positioniert sind. In der Schweiz greift zwischenzeitlich fast die Hälfte der mobilen User auch aufs Web zu – zahlreiche von ihnen kaufen über diesen Kanal zudem ein. Der Anteil am mobilen Umsatz bewegt sich bei etlichen Anbietern bereits gegen 10%.
Der Mobile Kanal zeigt sich aber auch (bei uns) als stabiler und ideal zur Neukundengewinnung.
Wie ist das mit den Datentarifen in der Schweiz? Fuer Privatnutzer gibt es in D ja immer noch keine akzeptablen Daten-Flat-Rates, was erstmal Voraussetzung fuer mehr Mobile-Commerce waere.
@Claus
Das sehe ich nicht so, wenn man sich ansieht wieviele Leute z.B. Facebook übers Handy nutzen, müssen doch sehr viele Privatanwender einen Datentarif haben. Warum meinst du das es keine akzeptablen Flats geben würde? Wenn ich mir die Preise ansehe, sind die durchaus für jeden erschwinglich.
Naja, soweit ich das sehe, heisst Flatrate bei allen Anbietern Datenvolumen x mit voller Geschwindigkeit und darueber nur noch mit 64kBit, was surfen bzw. shoppen eigentlich extrem unattraktiv macht. Vielleicht aendert sich das mit LTE.
Klar, aber um zu shoppen werden ja keine Gigabite verbraten, daher sollte das doch kein Hinderungsgrund sein.
In der CH sind etliche Abos mit ausreichenden Datenvoluminas verfügbar. Zusatz GB können paketweise dazugekauft werden. Mit ca. EUR 35.- im Monat hast Du 2GB Download inkl. neben all den Gespräch- und SMS-Guthaben.
Man muss sich schon ziemlich anstrengen, um die Datenvolumina zu erreichen, damit die Drosselung einsetzt.
Ich sehe den Grund eher in der (noch?) mangelhaften Bedienbarkeit von Online-Shops mit mobilen Geräten.
Nur ums nochmal zu verdeutlichen: 75% der deutschen Bevölkerung haben kein Smartphone, 90% der Bevölkerung keinen mobilen Internetzugang. Da können die Shops noch so bedienbar sein. Es fehlt einfach noch der Markt für Mobile Commerce.
Die interessante Frage ist ja, wieviele Onlineshopper einen Mobilen Internetzugang haben und hier dürfte der prozentuale Anteil ja deutlich höher liegen.
Ich finde es einfach unpraktisch auf dem Handy zu shoppen. Man sieht die Bilder deutlich schlechter usw.
Mobile wird erst mit Tablets spannend
http://www.w3b.org/e-commerce/mobil-einkaufen-unabhangig-von-zeit-und-raum.html
Und da ist die Verbreitung noch geringer.