von Matthias Hell und Jochen Krisch
"Innosaurier sitzen in der Innovationsfalle, weil sie Veränderungen nur noch im Rahmen des Bestehenden zulassen."
Ein lesenswerter Beitrag zur Media-Saturn-Debatte kam in dieser Woche von Jens-Uwe Meyer im Handelsblatt, der nochmals sehr gut verdeutlicht, dass Media Markt kein E-Commerce-Problem hat, sondern ein sehr viel tiefergehendes Strategieproblem ("Media Markt in der Innovationsfalle"):
"Der Media Markt war einst als radikaler Innovator angetreten, um ein komplett neues Angebot zu schaffen: Einen Supermarkt für Elektronik, den es so zuvor noch nicht gegeben hat. Die Devise: Billig! Billig! Billig! Oder zumindest so tun.
Nun ist der Media Markt zum Opfer seiner eigenen Werbephilosophie geworden: Nein, die Kunden sind nicht blöd. Sie vergleichen. Und plötzlich bekommt das Unternehmen mit voller Wucht das zu spüren, was es jahrelang ignorieren konnte: die Macht des Internets."
Im Text beschreibt er wie "aus dem mutigen radikalen Innovator von einst ein ängstlicher, zögernder, zaudernder Verteidiger dessen [wurde], was geschaffen wurde" und promotet damit sein ebenfalls sehr lesenswertes "Handbuch für Marktrevolutionäre"
Wir hatten das Dilemma von Media Markt & Co. vor drei Jahren in dem Beitrag "Media Markt bleibt blind für neue Geschäftsmodelle" beschrieben, der in abgewandelter Form auch in "E-Commerce für Fortgeschrittene" zu finden ist. Inzwischen ist sich Media Saturn seiner Defizite durchaus bewusst und war ja an iBOOD, reBuy & Co. immerhin dran.
Letztlich ist jedoch das, was Jens-Uwe Meyer beschreibt, die "Innovationen im Rahmen unserer Möglichkeiten", genau der Grund, warum "Multi-Channel-Strategien" unter "Innosauriern" so populär sind.
Für radikale Innovationen fehlen Mut und Verständnis, und mit Multi-Channel-Strategien lassen sich immerhin gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Man kann Innovationsfreude demonstrieren (im Rahmen unserer Möglichkeiten), man kann sein Revier verteidigen und sich zudem einreden, den (eigenen!) Kunden etwas Gutes zu tun.
Dass solche Strategien dabei komplett am boomenden Online-Markt vorbeigehen, spielt in dieser Debatte ("Was vom Multi-Channel-Mythos bleibt") dann keinerlei Rolle mehr. Man sollte sich dann aber auch nicht wundern, wenn derlei halbgare Strategien den Unternehmen reihenweise das Genick brechen.
Frühere Beiträge zum Thema:
- Metro-Gruppe verliert E-Commerce-Gesamtverantwortlichen
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- Mediamarkt.de: Eine E-Commerce-Strategie für Selbstabholer
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Kategorien:Ultimondo
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