Buchhandel 2020: Tolino und der Nook-Flop in den USA

von Matthias Hell

Unter der Rubrik Buchhandel 2020 („Buchlos
in die Zukunft“) bringen wir jede Woche das Spannendste zu
den strukturellen Umbrüchen in der Buchbranche
.

Neu haben wir den Aspekt "Discoverability", bessere Auffindbarkeit, aufgenommen, nachdem die Debatte darüber zuletzt an Bedeutung gewann.

Buchhandel im Umbruch

Barnes & Noble, Nook: 26% Umsatzrückgang im Digitalgeschäft und deutlich rückläufige Verkaufszahlen
bei den Nook-Readern haben Barnes & Noble im Jahresendquartal 2012/13 einen
Verlust beschert (Pressemitteilung).
CEO William Lynch bestätigte daraufhin, dass der
Buchhändler über
einen Abschied aus dem Hardware-Geschäft nachdenkt
. Im TOC-Blog erklärt Joe
Wikert, warum
dieser Schritt absolut richtig wäre
:

„Dedicated
e-readers (…) are losing momentum to tablets. Content is mostly quick-and-dirty
print-to-e conversions, or “paper under glass”, if you will. The typical
selling model is to buy one ebook at a time. Pretty simple. And not a whole lot
of innovation happening in any of the three areas by the major players.

At the end
of the day B&N should continue letting Apple, Google, et al, distribute
their Nook apps. They don’t need to lose any more money selling devices that
are viewed as commodities. They should instead focus on dramatically changing
the reading experience and content acquisition model.”

Tolino: Unterdessen haben DBH/Weltbild, Thalia, Deutsche Telekom und Bertelsmann ein neues Lesegerät namens Tolino vorgestellt, inklusive zugehöriger E-Book-Plattform. Technisch und auch im Hinblick auf die
dahinterstehende Cloud-Lösung ist der „Tolino Shine“ State of the Art, findet Lesen.net.

Dennoch wurden schnell Zweifel laut, ob deutschen Buchhändlern und
Verlagen ausgerechnet mit einem weiteren Gerät der Befreiungsschlag gegen Amazon gelingen wird: „Kein Kindlekiller in Sicht“ urteilt
Privatsprache
, während Smart Digits bereits detaillierte
Verbesserungsvorschläge
auflistet.

Die spannendste Einordnung findet sich bei "Quo Vadis Buch?":

„Ich glaube nicht an die große Geheimwaffe – aus mehreren
Gründen:

  1. Tolino ist vor allem ein Gerät.
  2. Tolino ist keine wirklich offene Lösung.
  3. Tolino macht nichts besser als Amazon.
  4. Die beteiligten Unternehmen sind eher Hemmschuhe als Motoren
    der Innovation.“

Neue Erzählformen

The „New Book“: Anknüpfend an seine Forderung nach
Symbolen für das „neue Buch“
setzt sich François Joseph de Kermadec mit der
Frage auseinander, inwiefern sich interaktive Inhalte und Apps noch als „Buch“
bezeichnen lassen – keine Detailfrage, wie der Franzose in
einem Beitrag für TOC ausführt
:

„In our
enthusiasm to create a new book, we have created something else entirely. This
new device is exciting and may start a revolution in how we learn, share and
teach. But it is not yesterday’s book. Our first step in developing its full
potential ought to be giving it a name of its own.“

Neue Vertriebsmodelle

iSpeech: Der
nächste Übernahmekandidat für Amazon? Das Text-to-Speech Startup iSpeech, das
bisher vor allem auf Textumwandlungs-Apps und Connected-Home-Lösungen setzt,
hat eine Plattform für Verlage gestartet, mit der sich gedruckte Texte einfach
in Audio konvertieren lassen. Erste Kunden sind Evernote und Pearson. (via GigaOM)

Kickstarter:
Bereits Mitte 2012 hatte die Anzahl der via Kickstarter veröffentlichten Comics
und Graphic Novels ein Niveau erreicht, dass die Crowdfunding-Plattform praktisch
zum zweitgrößten
Publisher in dem Bereich
machte. Eine genauere Untersuchung des
Comic-Vertriebs via Kickstarter zeigt nun eine Reihe von Besonderheiten auf:
DRM-frei, Bundles, flache Preise. (via Good
eReader
)

"Discoverability"

Bücher als API:
Statt sich über die mangelnde Sichtbarkeit ihrer Titel zu beklagen, sollten
Verlage lieber aktiv an der Verbreitung relevanter Inhalte und Daten arbeiten,
erklärt Nick Ruffilo in
einem Beitrag für Publishing Perspectives
. Der Matadata-Spezialist plädiert
dabei nicht nur für APIs als Funktionsprinzip, sondern liefert auch gleich eine
Beispiel-API mit.

Tweets als Währung:
Mit Picador versucht sich nun auch ein Major-Verlag an dem Prinzip, Nutzer
durch Freiexemplare als Promotion-Helfer einzuspannen: Wer seine
Twitter-Follower über das Buch informiert, erhält den ersten Teil der
E-Book-Serie „The Kills“ des Autors Richard House umsonst. (via The
Bookseller
)

Struktureller Wandel

Tesco Blinkbox: In
Großbritannien setzt sich der Trend fort, Bücher und andere Medien in die
Online-Kanäle der Food-Retailer zu integrieren. Während sich Sainsbury mit
seinem E-Book-Shop auf
einem guten Weg sieht
, bereitet Tesco nach dem Zukauf Blinkbox, Mobcast und einer Reihe namhafter Neueinstellungen
den Start eines eigenen Medienangebots vor. (via Paid
Content
)

Amazon: Über den
geplanten Abo-Dienst Kindle FreeTime Unlimited für Kinder und Familien haben wir
bereits berichtet
. Dass es Amazon mit der Offensive bei den Leseeinsteigern
ernst ist, beweist das Unternehmen durch eine Kooperation mit dem
US-Elternvertretungsverband National PTA. (via Fast
Company
)

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Buchhandel

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