Buchhandel 2020: „Watch the revenue pour in by direct deposit“

von Matthias Hell

„In the
long term, what publishers have to fear the most may not be Amazon but an idea
it has helped engender—that the only truly necessary players in the game are
the author and the reader. (…) At a time when a writer can post a novel
online and watch the revenue pour in by direct deposit, the publishing
industry’s skill at making books, selling them by hand to bookstores, and
managing the distribution of the product threatens to become irrelevant.“

In einem großen Rundumschlag ("Book Publishers Scramble to Rewrite Their Future") beschäftigt sich Even Hughes in der aktuellen Ausgabe von Wired mit der Zukunft der
Verlagsbranche. Für das größte Veränderungspotenzial sorgen seiner Ansicht nach
weder E-Books noch Amazon und Apple, sondern die laufenden strukturellen Umbrüche:
So sei es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich auch die ersten
Bestsellerautoren im Self Publishing versuchten.

Neue Vertriebsmodelle

Elgaronline: Der
Wissenschaftsverlag Edward Elgar vermarktet seine Titel künftig über eine
Online-Plattform, die Bibliotheken auch die Lizenzierung maßgeschneiderter
Sortimentsbereiche ermöglicht. Elgaronline setzt auf Nutzerfreundlichkeit und
Relevanz und verzichtet dafür auf eine DRM-Lösung. (via The
Bookseller
)

Spiegel E-Books: Der
Spiegel-Verlag will künftig in seinen Printtiteln veröffentlichte Dossiers,
Reportagen, Interviews und Analysen als E-Books zweitverwerten. Zum Start sind
zunächst drei, für die Nutzung auf iPad und Kindle optimierte „Spiegel E-Books“
zu einem Preis von 0,99 Euro verfügbar. (Pressemitteilung)

Instant Books: Der
Hamburger Carlsen-Verlag hat das E-Book-Label „Instant Books“ gegründet und sucht nun
nach Manuskripten für Serials, Kurzgeschichten und Romane in den Genres Thrill
und Romance. Den Autoren verspricht Carlsen bis zu 50 Prozent vom Nettoerlös, Blogmarketing
und – für digitale Imprints sonst unüblich – eine Vorauszahlung. (via Börsenblatt)

"Discoverability"

Nextbookstop:
Nicht nur in den USA macht man sich Gedanken über wirksame netzbasierte
Empfehlungsmechanismen. Im Rahmen des Börsenvereins-Projekts Prototype 2013 wird
unter anderem die Plattform Nextbookstop gefördert, welche Empfehlungen und
Rezensionen mit dem einfachen Einkaufen und Verwalten von Büchern verbinden will
– und das über alle Formate (Print, E-Books, Hörbücher) hinweg. (via Innovation-Prototype)

LovelyBooks: So
etwas wie die deutsche Antwort auf GoodReads ist die vom Holtzbrinck-Konzern
betriebene Literaturcommunity LovelyBooks. Nach einem Relaunch wollen die
Macher künftig die sozial kuratierte Buchauswahl um redaktionell aufbereitete
Genre-Seiten und einen „emotionalen Designansatz“ erweitern. (Pressemitteilung)

Neue Erzählformen

Musikalische
Vorbilder:
Für gewöhnlich wird die Musikbranche gerne herangezogen, um
Vergleiche beim strukturellen Wandel der Verlagswelt zu ziehen. Einen anderen
Ansatz wählt Fabian Kern und präsentiert auf Smart
Digits
Beispiele für die multimediale Aufbereitung von musikalischen
Veröffentlichungen – mögliche Adaptionen für die Buchbranche inklusive:

„Insgesamt sind alle diese Beispiele sicher keine Königswege
zum warmen Goldregen – sehr wohl aber Anregungen zur kreativen Kooperation mit
anderen Medien- und Kunstformen. Auf diese Weise können neue Wege entstehen,
aus der Vermischung von Text-basierten Produkten und anderen Formen des
ästhetischen Zugangs das Buch neu zu erschließen.“

Readium:
Schlagworte wie EPUB3 und HTML5 stehen für den nächsten Entwicklungsschritt im
E-Book-Format. Unter dem Dach der Readium Foundation haben sich nun viele
wichtige Akteure der Publishingbranche zusammengeschlossen, um ihre Entwicklungsanstrengungen
zu bündeln – ein Signal gegen entstehende Monopolstrukturen, aber auch ein Commitment
für multimediale Buchformate. (via Publishing
Perspectives
)

Struktureller Wandel

Publishing-Disruptionen:
Über die Übernahme des Reisebuch-Verlags Frommer’s durch Google hatten wir im vergangenen
Sommer berichtet
. Nun stellt der Suchmaschinenkonzern die Print-Veröffentlichung
der Frommer’s-Titel ein – ohne bereits ein eigens Nachfolgeprodukt ankündigen
zu können. Time
hat die Nachricht zum Anlass für eine Bestandaufnahme der verfügbaren
App-Lösungen in dem Bereich genommen und kommt zu dem Schluß:

„Print
Travel Books Are Dead, and There’s No Good Replacement.“

Amazon:
Chef-Herausgeber David Blum betrachtet Amazons Kurzformat Kindle Singles als
eigene Plattform und strebt den Ausbau der zur Verfügung stehenden
Empfehlungsmechanismen an. Auf diese Weise könnte der Download beliebig
wählbarer Single-E-Books zu einer Alternative für die Lektüre von Magazinen
werden. (via Good
eReader
)

Buchhandel im Umbruch

Barnes & Noble:
Die Buchkette verkauft es als große Promo-Aktion, doch ist es eher ein
Eingeständnis des eigenen Scheiterns: Käufer des B&N-Tablets Nook HD+
erhalten ab sofort einen Nook E-Book-Reader als kostenlose Dreingabe. (via The
Verge
)

Tolino: Die
deutsche Buchbranche setzt dagegen auf den gerade erst
eingeführten E-Reader Tolino als Hoffnungsträger
. Doch könnten die damit
verbundenen Träume schnell platzen: Ein aktueller Blogbeitrag von Verleger Jürgen
Schulze führt anschaulich vor Augen, wie wenig durchdacht und kundenfreundlich
das Gerät gemacht ist. (via NullPapierVerlag)

Unter der Rubrik Buchhandel 2020 bringen wir jede Woche das Spannendste zu
den strukturellen Umbrüchen in der Buchbranche
(„Buchlos
in die Zukunft“).

Vielen Dank ans Walküre-Blog für die freundliche Empfehlung:

"Viele weiterführende Links, Berichte über interessante Entwicklungen und
kritische Überlegungen machen diese Seite sehr lesenwert"

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Buchhandel

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