Was den einen wie ein Tsunami vorkommt, der ihnen den Boden unter den Füßen wegreisst, das fühlt sich für die anderen an wie ein zunehmend kräftigerer Rückenwind, der das eigene Geschäft beflügelt.
Niemand profitiert von der aktuellen Marktentwicklung im Handel so sehr wie die Online-Spezialisten, die 2012 erstmals auch ohne Ebay die 10 Mrd. Euro Marke übersprungen haben:
Seit 2011 sind die Pure Player nicht nur das umsatzstärkste Segment im E-Commerce, sondern zugleich auch das wachstumsstärkste – was nicht nur dem Online-Markt zusätzliche Dynamik verleiht.
Am deutlichsten macht es der Fünfjahresvergleich: So lag das Marktniveau 2008 bei 40% des heutigen Wertes. Das Umsatzvolumen der Pure Player hat sich seitdem mehr als ver-2,5-facht – auf 11,4 Mrd. Euro (laut bvh).
Wer erinnert sich noch an unsere Top 500 Serie von 2008, als man als Online-Händler nicht viel mehr als kalkulierte 500.000 Euro im Jahr brauchte, um unter die Top 500 Shops zu kommen?
Viele der "größeren" Online-Händler lagen damals bei Jahresumsätzen zwischen einer und zehn Millionen Euro. Online-Händler mit 8-stelligen Umsätzen konnte man 2008 noch mit der Lupe suchen.
Heute sind Umsätze im zweistelligen Millionenbereich für die Top-Händler gang und gäbe. Von Aponeo bis Momox, von PosterXXL bis Westwing – befinden sich heute so gut wie alle Online-Händler, die auf der K5 Konferenz sprechen, in diesen Umsatzregionen.
In fünf Jahren werden Umsatzwerte im dreistelligen Millionenbereich bei den Top-Online-Playern die Regel sein, nachdem die Top-Elektronikversender schon heute die 500-Millionen-Euro-Marke knacken.
Mit der geeigneten Infrastruktur wird man auch nicht mehr einen annähernd so hohen Aufwand betreiben müssen wie aktuell Zalando, um vergleichsweise schnell in diese Umsatzregionen vorzudringen.
E-Commerce XXL ist deshalb eines der Leitmotive der K5 Konferenz, die in diesem Jahr bereits zum dritten Mal stattfindet, und wo wir genau diesen Fragen nachgehen wollen: Wie groß kann der Online-Handel werden? Wie stellen sich die großen Online-Händler strategisch darauf ein? Und wie müssen sich die Rahmenbedingungen und die Infrastrukturen im (Versand-)Handel ändern, um das Online-Geschäft dauerhaft zu erleichtern?
Frühere Beiträge zum Thema:
- Marktausblick: Die Tsunami-Jahre des E-Commerce (2011-2020)
- Wo steht der sterbende Handel – heute und in 5 Jahren?
- Explosives Wachstum: Wie Online den Handel überrollt
- bvh-Zahlen 2012: Der Markt springt auf 39 Mrd. € (+5 Mrd. €)
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Und was lernen wir daraus: Die Deutschen werden immer dicker ;)
Wie groß kann der Online-Handel werden?
-> 40% vom Gesamthandelsumsatz (exkl. Food) bis 2020 halte ich für durchaus realistisch.
Wie stellen sich die großen Online-Händler strategisch darauf ein?
-> aktuell sehe ich keine größeren strategischen Ansätze bis auf die Tatsache, dass viele sich alle möglichen Optionen (v.a. durch Invest in Startups) offen halten. Das ist aber eher einer Ungewissheit als strategischer Kompetenz geschuldet.
Und wie müssen sich die Rahmenbedingungen und die Infrastrukturen im (Versand-)Handel ändern, um das Online-Geschäft dauerhaft zu erleichtern?
-> Es wäre gut, wenn die Politik das Thema Online-Handel mal als Jobmotor und Massenmarkt erkennen würde und weniger als Zufluchtsort für dunkel Machenschaften und Computer-Nerds.
Und zudem wäre es hilfreich, wenn die Unternehmen unter einem deutlich internationaleren Fokus agieren würden (v.a. die Alteingesessenen)
Danke für die Einschätzungen!
Twitter meldet gerade, dass die bvh-Zahlen für Q1 mit leichter Verspätung am kommenden Freitag (16.5.) erscheinen:
https://twitter.com/versandverband/status/332153990043271170
Hatte gehofft, die noch in den Beitrag einfließen zu lassen. Wird spannend, ob der Online-Boom 2013 ungebremst weitergeht.
@Christian: 40% in Deutschland? Oder in welcher Region?
@JohannQ: Die 40% bezogen sich erstmal auf Deutschland. Rechnet man vom Gesamteinzelhandelsvolumen (ca. 430 Mrd. EUR p.a. in DE) den Food-Anteil (ebenfalls ca. 40%) raus, so bleiben ca. 260 Mrd. EUR NonFood-Einzelhandelsumsatz übrig. Wenn man den mit 40:60 auf Online:Offline aufteilt, so wären online knapp 100 Mrd,. EUR drin (siehe auch Jochens Wachstumsszenario welches von ebenfalls auf 100 Mrd. ausgeht).
Mit den aktuellen 40 Mrd. Online wären wir heute in etwa bei 15% (40/260 Mrd. EUR; alles exkl. Food-Umsatz, da das nochmal ein Sonderfall ist bzw. online nur unterrepräsentiert und daher das Gesamtbild verwässert).
Die 40% decken sich auch relativ gut, mit der alten McK Euroshopper-Studie die Jochen auch hin und wieder zitiert. Gemäß den dort vorliegenden Werten, dürften auch in anderen Ländern (mit ähnlichem Entwicklungsstand wie DE) ein gutes Drittel Online-Umsätze realistisch sein.
Die Frage ist halt immer: Wann ist der Zustand (100 Mrd. EUR) erreicht? bzw. welche Entwicklungen forcieren/bremsen den Lauf der Zeit?
@Jochen: Ich denke mal, dass die BVH-Zahlen den Trend des Vorjahres (Q1/12: +10% zu Q1 2011) bestätigen werden. Ein sprunghafteres Wachstum (>15% z.VJ) glaube ich eher nicht, da v.a. in der Kategorie Textil das Marktumfeld in DE aufgrund des mauen Frühlings eher schwierig war (auch für Online).
Spannend wird vor allem, ob die Pure Player auch 2013 nochmal 35% bis 40% zulegen können. Dafür sind die Q1-Zahlen ein erster Indikator.
Die bvh-Zahlen Q1/2013 sind nun da:
http://www.bvh.info/bvh/aktuelles/details/artikel/umsatzzahlen-des-interaktiven-handels-im-1-quartal-2013-deutliche-umsatzsteigerung-gegenueber-dem/?cHash=fb99607786b8371ad3a8fa0a0ca0b337
Ergebnis:
Gesamt: +19,4% z.VJ.
Pureplayer +37,3% z.VJ
Allerdings auch ein neues Studiendesign (nun wird auch online befragt), was das ganze wieder etwas relativiert. (bzw. man sollte das im Hinterkopf behalten).
Was mich generell bei den Internet-Pure-Playern interessieren würde:
Der Umsatz ist ja immer die Multiplikation aus Anzahl Händler x durchschn. Umsatzgröße. Welcher dieser beiden Faktoren überwiegt? Oder halten sich beide die Waage? Und lassen sich daraus Schlüsse ziehen?
Ich bereite die Daten gerade noch auf. Die 37,3% sind im übrigen nicht das Pureplayer-Wachstum, sondern das E-Commerce-Wachstum für alle Versender. Die Pureplayer dürften wieder entsprechend höher liegen.