Buch/Handel 2020: Auf neuen, direkten Wegen zum Leser

von Matthias Hell

„Traditional
publishers must innovate to survive. They must reduce their dependence on the
traditional ‘one-to-many’ distribution models that have sustained them in the
past and must develop new ‘one-to-one’ or perhaps ‘one-to-few’ models that
deliver customized and personalized experiences for their readers.“

Als Wissenschaftsverlag kann Wiley freier mit dem Thema
Direktvertrieb umgehen als die meisten Publikumsverlage. Dennoch liefert
Wiley-CEO Stephen M. Smith im Interview
mit Publishing Perspectives
(„Reinventing Wiley“) eine Reihe anregender
Impulse, die auch branchenweit Geltung besitzen.

Neue Vertriebsmodelle

100 Fans: Eines
der spannenderen E-Publishing-Projekte startet die Münchner Verlagsgruppe (u.a.
FinanzBuch, riva, Redline): Auf dem Crowdfunding-Portal 100 Fans können Autoren ihre Buchprojekte vorstellen.
Finden sich für ein Projekt mehr als 100 Fans, bringt der Verlag das Buch
heraus. (via Buchreport: Meldung,
Interview)

Endeavour Press:
Während Großverlage darüber stöhnen, dass sich mit E-Books kein Geld verdienen
lässt, ist das Publishing Startup Endeavour
Press
bereits profitabel – mit günstigen E-Book-Editionen von vergriffenen
Print-Titeln. (via The
Observer
)

Readmill: Die Berliner
E-Reading-Plattform Readmill nimmt von ihrer
iOS-only-Strategie Abstand und bietet nun auch eine Android-App an. Der
Hintergrund: Statt auf Tablets lesen Nutzer immer mehr auf Smartphones. (via Giga OM)

Discoverability

Subskriptionsdienste:
Mit der Dokumenten-Plattform Scribd hat in
diesen Tagen ein weiterer Akteur einen E-Book Abo-Dienst gestartet (via Publishers
Weekly
). Tim Inman stellt in einem Blog-Beitrag für
Futurebook
die spannende Frage, inwiefern der anhaltende Boom der
Subskriptionsdienste auch der Discoverability von Buchtiteln Vorschub leistet:

„At launch
Oyster does have a recommendation algorithm built in, and Scribd’s new service
integrates with the existing social platform in the site, which also opens up
the door to book discovery in new ways. But will either service be able to
develop the inherent discoverability-friendly nature of the platform whilst
being able to secure the support of big name publishers other than
HarperCollins?“

Goodreads hat
Nutzerrezensionen gelöscht, die sich nicht genügend auf das betreffende
literarische Werk beziehen, und damit eine Kontroverse ausgelöst. Für Giga
OM
steckt dahinter die Suche nach der richtigen Balance – zwischen Lesern
und Autoren, aber auch zwischen eifrigen Rezensenten und eher passiven, aber
dafür umso mehr auf stichhaltige Besprechungen angewiesenen Nutzern.

Struktureller Wandel

Selfpublishing hat
dem traditionellen Verlagswesen nicht geschadet, sondern vielmehr zu einer
willkommenen Belebung geführt, berichtet Forbes
unter Berufung auf neue Zahlen des Branchendienstleisters Bowker: Trotz
steigender Indie-Verkäufe konnten auch die traditionellen Publisher zulegen.
Zudem wurden Autoren- und Preistrends aus dem Selfpublishing-Bereich
aufgenommen.

Preisfrage: Als
Einzeltitel sind E-Books günstiger als Printtitel. Doch wenn man die
geschlossenen E-Book-Ökosysteme oder gar erst den deutlich höheren Beschaffungspreis
für Bibliotheken betrachtet, entstehen beträchtliche Mehrkosten, so Wired
in einem anregenden Beitrag zum E-Book-Pricing.

Buchhandel im Umbruch

Mayersche: Die
Buchkette Mayersche sieht sich als Gegenbild zu kriselnden Filialisten wie
Thalia und Weltbild und setzt neben dem selbstgestrickten Oxid-Onlineshop nun
auch auf eine eigene Buch-Community und einen eigen-gebrandeten E-Book-Reader.
(via Buchreport)

Ocelot: Die 2012 gestartete
Berliner Buchhandlung mit Vordenker-Charakter hat ihren flankierenden Onlineshop eröffnet. Die
Selbstentwicklung auf The-Bakery-Basis besteht aus einer Mischung aus
kuratierten Inhalten, überschaubarer Datenaufbereitung und
Multichannel-Services. (via Börsenblatt)

Unter der Rubrik Buch/Handel 2020 bringen
wir jede Woche das Spannendste zu
den strukturellen Umbrüchen in der Buchbranche
(„Buchlos in die Zukunft“).

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Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Buchhandel

  1. “Ocelot: Die 2012 gestartete Berliner Buchhandlung mit Vordenker-Charakter hat ihren flankierenden Onlineshop eröffnet. Die Selbstentwicklung auf The-Bakery-Basis besteht aus einer Mischung aus kuratierten Inhalten, überschaubarer Datenaufbereitung und Multichannel-Services.”
    Ist keine Selbstentwicklung, sondern ein Intershop 7. Sieht man ganz gut im Quelltext mit nicht gebrandeten URLs wie “/INTERSHOP/static/WFS/TheBakeryBookstore-Ocelot-Site/-/-/de_DE/branding/TheBakeryBookstore-Ocelot-Anonymous/images/favicon.ico” …

  2. sorry, das ist natürlich absolut richtig. Weder Ocelot’s Intershop/TheBakery-Shop noch beim Oxid-Shop der Mayerschen handelt es sich um Selbstentwicklungen im eigentlichen Sinn. Ich wollte mit dem missverständlichen Adjektiv nur kenntlich machen, dass beide Händler auf einen eigenen Onlineshop setzen und nicht – wie sonst bei stationären Buchhandlungen üblich – auf die Whitelabel-Lösungen der Grossisten.

  3. OK, in dem Sinne ist es natürlich eine “Selbstentwicklung” – eben ein richtiger, “eigener” Shop auf Basis einer vollwertigen Commerce-Suite.
    Danke für die Erläuterung – da ich mit Online-Buchhandel (außer amazon) sonst nicht viel zu tun habe, waren mir die “Whitelabel-Lösungen” nicht bewusst.

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