Die Hintergründe: Woran Quelle letztlich gescheitert ist

Der unrühmliche Niedergang des traditionsreichen Versandhauses Quelle bewegt die Gemüter – auch in den Kommentaren. Eine hervorragende Analyse gab es kürzlich von "Pierre". Er führt das Scheitern auf folgende vier Hauptursachen zurück:

1.) 1997 – der Anfang vom Ende, die Fusion zweier starker, scheinbar komplementärer Marken mit "hohem Synergiepotential".

2.) Synergie, das am meisten missbrauchte Wort im neuen Konzern –
jeder redet darüber, aber keiner gibt die klare Marschrichtung vor.
Ergebnis – drei (Karstadt, Quelle, Neckermann) wurschteln noch
weiterhin vor sich hin, jeder für sich und jeder gegen jeden.

3.) VVs und CEOs geben sich, gerade bei Quelle, die Türklinke in
die Hand. Mal vom Schickedanz-Clan aus der Riege der Veteranen oder
ex-Assistenten durchgeboxt, mal, fast sektisch, fast alle
Schlüsselpositionen aus dem ex-Umfeld Middelhoff/Bertelsmann aufs
Schild gehoben.

4.) Last not least, der ewige Virus im Konzern, gerade bei Quelle, die "duschmichmachmichnichtnass-Strategie".

Beispiele gefällig?

a) Neue Medien/Internet – Quelle als Pionier stark gestartet, aber
durch Fehleinschätzungen, gerade Anfang 2000, auch stark nachgelassen
und die Printstrecken weiterhin forciert.

b) Teleshopping – stark gestartet, aus Geldnot und späterer Angst
vor eigener Courage, H.O.T. (HSE24) scheibchenweise verkauft, um es
dann später für ein vielfaches zurück zu kaufen. Das schallender
Gelächter von Barry Diller ist legendär.

c) Technikcenter – wacklige Lämmerschwanztaktik zwischen reinem
Katalog-Showroom-Konzept und kleiner Nadelstichstrategie gegen die
Saturns/Medias dieser Welt."

Mehr zum Thema bei den Sanierungsdetails. Inzwischen gibt es ein Gutachten über die Überlebenschancen von Quelle, das allerdings noch nicht öffentlich ist.

Auch der bayerische Ministerpräsident will sich bis zur Bundestagswahl Ende September noch für Quelle einsetzen ("Seehofer verspricht Quelle-Rettung"), die geplante Auffanggesellschaft für entlassene Mitarbeiter steht allerdings noch auf der Kippe

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Kategorien:Shopboerse, Vente Privee

1 Antwort

  1. Und an Blogs, die Firmen chronisch schlecht reden.

  2. Stimmt, den Einfluss von Blogs auf die Firmenentwicklung sollte man auf keinen Fall unterschätzen :-)

  3. Danke der Redaktion für das Zitieren meiner Ausführungen. Ich wünschte, ich hätte nicht Recht und äußere, widrige Einflüsse hätten zum Niedergang beigetragen. Aber die Protokolle sind sicherlich heute noch einsehbar.
    Aber wie heißt es so schön? „Die Saat des Erfolgreichen geht auf auf dem Humus des Gescheiterten“.
    M.E. ist Quelle sogar als Dachmarke nicht tot und mit einem neuen Geschäftsmodell durchaus revitalisierbar. Dabei spielen die noch vitalen Assets sicherlich die größte Rolle – e-Commerce, Teleshopping und durchaus auch ein Stationärkonzept. Das ganze miteinander verwoben mittels einer Anstoßkette bei der print durchaus eine gewichtige Rolle spielen kann.
    Allerdings muss dann von neuen Investoren auch sehr konsequent das Thema Management gehandhabt werden. KEINE (Versand)Handels-Quereinsteiger mehr, keine zahlenlastiges Top-Management, immer wieder gern genommen bei Finanzinvestoren und dann wundert man sich, dass man das operative Geschäft nicht in den Griff bekommt ;-), und keine topdown-Strategen mehr. Kundenflüsterer braucht das neue Konstrukt. Menschen die gelernt haben Kundenwünsche zu erahnen, bevor diese sie selber geäußert haben. Denn dann ist es meistens schon zu spät.
    Mal sehen, vielleicht kann man ja mal eine Taskforce zusammenstellen und damit, im Stile des „großen Bellheims“, mutige Investoren motivieren. Die verbleibende, fachkundige Belegschaft hätte es allemal verdient.

  4. Hmhmhm, schaun mer mal was wir da haben:
    1. Die Strategie:
    Auf jeden Fall e-commerce. Das ist schon mal gut. Teleshopping @quelle ist mir jetzt so nicht bekannt aber sicherlich ein langfristig lohnendes und jetzt genau richtiges Konzept, kostet ja nur Millionen Invest.
    Und da wir die Stationären Einheiten haben nehmen wir die doch direkt mit dazu. Und Print können wir sowieso seit 80 Jahren.
    2. Das Mmgt:
    Austauschen. Hat die Quelle einfach nicht genug getan. Und bitte ja keine Manager mit neuen Ideen (nachher macht die Quelle noch ernst mit ecom, wäre nicht auszuhalten).
    Und bitte nicht auf die Zahlen schauen. auf keinen Fall. Und bitte alle Einheiten eine eigene Strategie entwickeln lassen. Und auf jeden Fall die magischen Kundenflüsterer, die auf Ihre Vorstellung vertrauen um Kundenwünsche zu erahnen…
    Wahnsinn. Bin ich bei Harry Potter oder was?
    Was ist an der Startegie neu, der gleiche unentschiedene Mist der Quelle dahin geführt hat wo Sie heute steht. Zur Info: Man kann heute in diesem Neumodischen Kram (genannt ecom) Kundenwünsche messen.
    So einen Mist hat Quelle echt nicht verdient.

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