Magento und die Zukunftsperspektiven mit/unter Ebay

Nachdem die Katze jetzt endlich aus dem Sack ist (siehe "Ebay hält 49% an Magento" sowie das offizielle Statement von Magento), kann man sich nun erstmals seit langer Zeit wieder ernsthaft mit der Zukunft von Magento auseinandersetzen.

Ebaymagento 

Eines kann man ganz grundsätzlich festhalten: Wer die Zukunft einer Branche ernsthaft verändern/gestalten will, der darf sich niemals mit einem der etablierten Player einlassen – und schon gar nicht zu so einem frühen Zeitpunkt.

Insofern wird der Ebay-Einstieg bei Magento ein ewiges Mysterium bleiben und man ahnt zwar, was das Magento-Team dazu getrieben hat, wird es aber wohl nie so genau erfahren.

Magento CEO Roy Rubin about Magento's Mystery Investor from Exciting Commerce on Vimeo.

Roy Rubin betont durchaus glaubhaft, dass Magento operativ unabhängig agiert:

"Rubin made it clear that Magento continues to operate independently – despite the investment by eBay, Magento's forthcoming Magento Go solution does not provide integration with eBay.

Magento does offer integration with PayPal, which it had offered even before last year's investment – but PayPal is not the only payments partner with which it works.

Rubin said eBay knows that Magento has to be independent, and "not mired down by a desire to be deeply integrated with them."

Rubin said eBay's investment will remain at 49%, and said he's not going anywhere. "This is a 10-year story for me," he said. "It's an incredible opportunity to be at the core of ecommerce, and we will continue to push forward."

Das Problem ist aber auch nicht die operative Integration, sondern dass Ebay/Paypal – zumal mit einem 49% Engagement – die strategische Ausrichtung von Magento doch maßgeblich beeinflussen kann.

Und das zu einer Zeit, da Ebay selber in dieser Woche einmal mehr verdeutlicht hat, wie absolut strategielos das Unternehmen derzeit agiert (s. die Präsentation vom Analysten-Tag (PDF)): Ebay möchte die eierlegende Wollmilchsau sein, oder anders formuliert: Die Ebay Führung kann sich weiter für keine klare Strategie entscheiden und man wird sehen, wie lange sie damit noch durchkommt.

Magento hängt also jetzt an einem Unternehmen, das, gerade im Vergleich zu Amazon, seine besten Tage bereits gesehen hat. Außerdem wird es durch die einseitige Bindung an Ebay nicht unbedingt einfacher, vollkommen unvoreingenommen auf die Amazon Cloud Services zurückzugreifen, die für die Zukunft des E-Commerce sicherlich maßgeblicher sind als alles, was Ebay momentan auf die Beine stellt. Allerdings lief das Magento-Engagement offenbar über Paypal, das in der Ebay-Gruppe die Zukunftsthemen vorantreiben soll.

Enttäuschend ist für ein Unternehmen wie Magento, das Offenheit und den Open Source Gedanken propagiert, sicherlich, dass es seine Community über den Ebay-Einstieg ein Jahr lang im Dunkeln gelassen hat.

Andererseits muss man festhalten, dass man selten eine so handzahme Community gesehen hat wie bei Magento. Und man fragt sich, wann sich die Magento-Community, so sie denn für die Zukunft von Magento überhaupt noch eine Rolle spielt, endlich emanzipiert und mehr Einfluss auf Strategie und Produktentwicklung einfordert.

Die vergangene Woche in Los Angeles hat gezeigt, dass es Magento in der Selbstdarstellung mit den Großen der Branche aufnehmen kann, muss sich allerdings über kurz oder lang entscheiden: Underdog oder Mainstream-Player – wo liegt die Zukunft für Magento?

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Kategorien:Ebay, Open Source

1 Antwort

  1. Yep. Exakt richtige Einschaetzung.

  2. Vom einstigen Star des jkrisch zum Prügelknaben. Warum nur sind sämtliche Beteiligungen und Übernahmen in den Augen von jkrisch schlecht und negativ? Vielleicht, weil sie nicht ins eigene Weltbild passen? Aber vielleicht passt das Weltbild nicht auf die Realität.

  3. Es scheint der Eindruck zu entstehen, dass ich die Zukunft von Magento negativ sehe. Der trügt. Im Mainstream-Segment hat Magento natürlich weiter beste Karten und wird den Markt auch entsprechend aufrollen.
    Auch sind nicht sämtliche Übernahmen und Beteiligungen schlecht. Aber es gibt eben solche und solche Übernahmen und Beteiligungen.
    Aber natürlich wünscht man sich für starke Unternehmen/Konzepte, dass sie es aus sich heraus schaffen und so lange wie möglich unabhängig bleiben, um opitmal auf Marktentwicklungen reagieren zu können. Ist das so verwerflich?

  4. Naja, die Frage ist,vwas Mainstream ist. Bisher musste man davon ausgehen, dass es die Strategie von Magento ist, sich immer mehr mit den Intershops, Hybris und IBMs zu messen und in den Enterprise Markt vorzustossen. Das duefte sich eigentlich mit Magento Go bzw. dem Einstieg von eBay erledigt haben die direkte Konkurrenz duerfen jetzt eher wieder die ePages, Shopifys und Jimdos werden. Ich gehe mal davon aus, dass es in einem Jahr nur noch ne schlanke „Community-Edition“ mkt beschraenltem Support gibt und alles was weitergeht, nur noch in der Magento-Cloud laeuft. So oder so, ich galube, Magento hat den Peak gesehen, ich glaube nicht, dass die den Markt fuer eCommerce-Software in 1-2 Jahren dominieren werden.

  5. Nur weil sie Magento Go vorgestellt haben, heißt das ja noch nicht, dass sie Magento Enterprise eingestampft haben. Im Gegenteil: Sie versuchen den kompletten Markt abzudecken – von der Einsteigerlösung bis zur Enterpriselösung.

  6. Das ist aber Illusion. Go heisst, man baut eine Plattform die man selbst hostet und die baut man so, das genau das am besten klappt. Enterprise heisst aber grosse Anpassungen (Schnittstellen etc.) und Individualisierung, sowas passt nicht zur Cloud. Und beide Sachen werden sie nicht machen koennen. Gibt ja einen Grund, warum Demandware oder Salesforce keine Softwarepakete als Lizenzen verkaufen.

  7. Magento hat inzwischen vier unterschiedliche Lösungen (Community Edition, Magento Go, Magento Professional und Magento Enterprise) mit drei unterschiedlichen Erlösmodellen (Free, Subscription und Lizenen), mit denen sie unterschiedliche Marktsegmente abdecken.

  8. Ein spannendes Thema. Ob Magento den Markt dominieren wird, bleibt nur zu spekulieren. Ich persönlich glaube nicht wirklich daran.

  9. @Jochen Das wird aber nicht zu halten sein. Alles, was Standalone ist, kann man „zusammen“ vermarkten und supporten. Sobald es gehostet ist, laeuft es sehr schnell auseinander, Synergien werden immer schwieriger und bald unmoeglich. Glaub mir, da spreche ich aus Erfahrung.

  10. Das kommt auf die Struktur an.
    Aber das Spannende ist ja: Wenn Magento einmal sagen kann, dass 10.000e von Magento Go Shops performant auf einer Magento Plattform laufen, dann wird ihnen niemand mehr die Performance im Enterprise-Segment vorhalten können.
    Aber ich gebe Dir recht, problematisch wirds, wenn sich die Systeme/Lösungen auseinanderentwickeln (Und das ist ja genau meine Sorge, dass durch die neue Ausrichtung die Flexibilität der Magento-Plattform auf Dauer leiden wird.)

  11. Das ist völlig unabhängig von der Struktur. Ich verweise da mal wieder auf ePages. Nicht ohne Grund fokussieren die aufs Providergeschäft. Mal um die Ecke denken – große Massenplattformen benötigen Mechanismen, die ein Enterprisekunde nicht braucht. Aber der „Mist“ ist dann mal in der Plattform drin, und wird immer mitgeschleppt. Deswegen MUSS man das parallel entwickeln. Um sowas rauszuhalten.
    Und nein, das sagt nichts über die Enterprisefähigkeit aus. Kleines Beispiel: ca. 2008 war ePages wahnsinnig stolz, Intershop eine Otto-Tochter (Apart in Frankreich, wenn ich mich recht erinnere) abgejagt zu haben. Das Enterprise Experiment war nach kurzer Zeit vorbei. Weil eine Plattform, die hunderte und tausende von kleinen Mietshops handeln kann, noch lange nicht für große taugt.
    Du fährst ja auch nicht mit dem Bus zur Oscarverleihung, nur weil der auch soviel Platz hat, wie die Limo…

  12. Im Ernst: Ich finde ePages klasse, sie haben eine tolle Strategie, bedienen ihre Zielgruppe optimal, und der Erfolg gibt ihnen recht. Ich würde ePages auch in keinster Weise abwerten wollen.

  13. Die vielen Diskussionen mit Magento im Enterprise Kontext, Intershop & Co. … Wer im ernst glaubt denn, dass ein Magento einem Unternehmen mit mehr als 15 Jahren Erfahrung – wie z.B. Intershop – im Enterprise Segment heute ernsthaft das Wasser reichen kann? Das ist einfach nur lächerlich. Glauben tuen es nur die, die kein Wissen über entscheidende Details haben. Vermutlich wachen Unternehmen wie Magento langsam auf und spüren, dass in praktischen Anwendungsfällen im Premium Segment kein Wein einzuschenken ist.
    Bert

  14. Ich glaube das Jochen es glaubt :-)
    Persönlich finde ich Magento ja auch total fancy, aber das man ständig versucht es im Enterprise-Segment zu positionieren ist, wie Bert schon sagte, total lächerlich.
    Vielleicht steigen Magento, Oxid & Co. ja mal in die Liga IBM, hybris, intershop & Co. auf, aber derzeit sind das zwei Welten.

  15. Enterprise bedeutet ja nicht, die tollsten Features und Geschaeftsmodelle, sondern dass sich die Software in die komplexen IT-Strukturen eines grossen Unternehmens gut einbauen laesst und dann auch noch performant (>100k Besucher / Tag) arbeitet. Diese ganzen Live-Shopping Features etc. koennen die meisten grossen Unternehmen in ihren Backend-Systemen bzw. Prozessen eh nicht abbilden, also brauchen sie die auch nicht. Die brauchen z.B. ne gute SAP-Anbindung etc.
    Da hat Magento einfach einen anderen Schwerpunkt und andere Staerken. Es wurde aber der Eindruck vermittelt, dass man mit einem Magento-Enterprise auch ne Otto.de betreiben koennte, dass hat sich schon bei ner damals noch relativ kleinen Zalando als Irrglaube rausgestellt. Deswegen sollte Magento konsequent weiter um den Mittelstand kaempfen und die Software der Wahl sein fuer alle die, die gute Ideen haben, aber gerade erst anfangen mit Online-Verkauf.

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