Kaum eine Branche arbeitet immer noch so ineffizient wie die Buchbranche, wo, von den ganz wenigen Bestsellern einmal abgesehen, traditionell ein Riesenaufwand betrieben wird für Bücher, die mit sehr überschaubaren Druckauflagen von im Schnitt nur wenigen tausend Exemplaren ein zunehmend schmaleres Publikum erreichen.
epubli-Gründer Jörg Dörnemann im Interview from Exciting Commerce on Vimeo.
Spätestens seit online auch Bücher in Kleinstauflagen Sinn machen und jederzeit verfügbar sind, haben sich die alten Strukturen und Organisationsabläufe in der Buchbranche überlebt. Auch wenn dies jedem einleuchten sollte, fehlt der Branche dennoch der Mut zu einer radikalen Neuausrichtung – nicht zuletzt auch aus (falsch verstandenem?) Respekt vor der eigenen, traditionsreichen Vergangenheit.
Zum zunehmenden Problem für die Verlage wird der traditionelle Buchhandel, der – wenn man es mal so platt sagen will – weder online noch offline so richtig in die Pötte kommt. Deshalb investieren die Verlage zunehmend in den Direktvertrieb, um zumindest das dringlichste Problem vieler Verlage zu lösen, die oftmals immer noch ins Blaue hinein publizieren und wenig bis keine Ahnung haben, wer denn genau wann welche ihrer Bücher liest/kauft oder kaufen will.
Doch wie sieht der (Buch-)Verlag der Zukunft aus? Müssen Verlage künftig nicht mehr nur publizieren, sondern auch handeln und verkaufen können? Das sind spannende Fragen für eine Branche, die in ihrem Denken immer noch sehr auf Massenmarkt getrimmt ist.
Die Holtzbrinck-Gruppe betreibt neben ihren traditionsreichen Verlagen wie Rowohlt, Fischer oder Kiepenheuer & Witsch seit 2008 auch den Online-Verlag epubli, wo Buchprojekte in jeglicher Größenordnung möglich sind. Dadurch kann sich epubli genau auf die Buchsegmente in einem zunehmend fragmentierten Marktumfeld stürzen, die bisher weder für Verlage noch für den Buchhandel attraktiv waren, weil die Strukturen schlichtweg nicht darauf ausgelegt waren.
epubli-Macher Jörg Dörnemann hat auf der Frankfurter Buchmesse im Gespräch beispielhaft verdeutlicht, wie die On-Demand-Zukunft die Buchbranche verändert. Der im Interview erwähnte Brandeins-Autor ("Glamour ohne Glanz") Markus Albers erzählt, warum er sich für den OnDemand-Vertrieb entschieden hat – und die Welt beschreibt am Beispiel von IBM-Vordenker Gunter Dueck, wie unzeitgemäß lang in der Buchbranche der Weg zum Leser ist.
epubli tritt als Startup sehr tapfer gegen arrivierte Anbieter wie Books on Demand, Lulu oder Amazons CreateSpace an. Noch versteht es keiner der Anbieter, nicht nur Profi(-Autoren), sondern auch (Verlags-)Laien das Thema Publizieren wirklich gut nahe zu bringen. epubli punktet im Vergleich zu den anderen immerhin mit einem sehr klaren und durchschaubaren Preismodell.
Nicht zuletzt deshalb ist auch "E-Commerce für Fortgeschrittene" jetzt bei epubli erschienen, und wir werden über die Erfahrungen berichten.
Auf der Buchmesse habe ich noch weitere Interviews geführt mit Verlagen, die ungewöhnliche (Online-)Wege gehen, u.a. mit Personalnovel und dem Oetinger-Verlag.
Am 11. Mai darf ich in München an der Akademie des deutschen Buchhandels bei der Fachkonferenz "Medienvertrieb 3.0" an einem Panel zum Thema "(E-)Buch ohne Handel" teilnehmen.
Passend dazu hat excom-Kollege Marcel Weiß gerade auf der re:publica mit Leander Wattig zusammen eine spannende Session über "Erfolgversprechende Geschäftsmodelle im Filesharing-Zeitalter" gehalten, die sehr gut verdeutlicht, wie und wo künftig Mehrwerte zu generieren sind.
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Kategorien:Make Economy
Hallo Herr Kisch,
Vielen Dank für Ihren Artikel!
Einzig schade ist das Ihr Buch E-Commerce für Fortgeschrittene nicht zeitgemäß auch/oder nur als E-Book erschienen ist und da ist epubli mE nach viel zu konservativ. Abgesehen davon finde ich die Beschreibung von “sehr tapfer” übertrieben: es handelt sich immerhin um eine Holtzbrink Tochter. Im Vergleich zu Create Space ist epubli sehr bemüht aber viel zu sehr printverhaftet (wie wohl 99% der Deutschen). Aber das ist unsere Meinung dazu im Detail: http://medienfabrikation.info/2010/11/05/online-publishing-epubli-versus-create-space-ein-vergleichstest/
Liebe Claudia,
Ihre Kritik in Ehren, aber ich verstehe nicht, dass Sie unser Bekenntnis zu Print negativ auslegen.
Ja, die meisten Deutschen ziehen das gedruckte Buch dem eBook vor. Warum auch nicht? Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und jedes Medium hat seine Vor- und Nachteile. Lassen wir doch die Leser entscheiden, welches Leseerlebnis sie vorziehen und bieten ihnen das gedruckte Buch und das eBook an – so wie Jochen Krisch getan hat.
Tatsächlich bieten wir bei epubli (als einziger deutscher Self-Publishing Anbieter!) seit Herbst 2010 eBooks sowohl im Amazon Kindle Store als auch im Apple iBookstore an. Je nach Vertriebskanal erhält der Autor bei uns bei eBook-Verkäufen 60-80 Prozent Autorenhonorar, was unser Geeschäftsmodell meiner Meinung nach nicht als konservativ sondern als im Branchenvergleich tonangebend erscheinen lässt.
Mit “sehr tapfer” meinte ich eher, den im Vergleich zu den anderen “späten” Start 2008.
Hier noch der Link zur Ebook-Ausgabe
http://www.epubli.de/shop/buch/E-Commerce-Fortgeschrittene-Jochen-Krisch/7159
Dem e-publi-Verlag fehlt eine der wichtigsten Komponenten: die Hilfe der Autoren bei der Vermarktung respektive dem Vertrieb, mit der jeder Erfolg des Buches, wie gut es auch sein mag, in der Bedeutungslsosigkeit versickert. So lässt sich nach unserer Erfahrung konstatieren, dass er nur auf das Drucken oder das Online-Stellen der E-Books ausgerichtet ist. Ferner achtet er beim Druck dann auch nicht auf offensichtliche Fehler, z. B. auf dem Buchdeckel, die das Buch hinterher unverkäuflich machen. Es ist epubli dann schlicht gleichgültig, welche Leistung er damit im Endeffekt abliefert, den Autor damit degradiert und zum reinen Kunden- oder Marktobjekt herabstuft. E-publi fragt auch nicht beim Autor nach, um eventuell Hilfestellung zu leisten. Mindestens das hätte erwartet werden können. Und auf enttäuschte Hinweise bezüglich der erbrachten Leistung wird dann auch nicht geantwortet. Alles soll möglichst effektiv und ohne Kunden- oder Autorenkontakt in schnelle Einnahmen umgesetzt werden. Unserer Ansicht nach ein Zeitgeistproblem und kein dauerhaftes Erfolgsmodell, wenn nicht mehr Mühe in die Betreuung und Zufriedenheit der Autoren investiert wird.
Vielen Dank für Ihr Feedback.
In der Tat sehen wir uns nicht als Verlag, sondern als Self-Publishing-Plattform und konzentrieren uns entsprechend auf Produktion, Forderungsmanagement und die Verfügbarkeit der Publikationen in den wichtigen Vertriebskanälen.
Wir haben uns bewusst gegen den Verkauf von Marketingpaketen etc. entschieden, da es sich um Kreativdienstleistungen handelt, die unserer Meinung nach nicht für den Autor zufriedenstellend als standardisiertes Paket abgebildet werden können. Für Hilfe bei z.B. Coverdesign haben wir mit http://www.buchprofis.de
ein Portal geschaffen, auf denen Autoren bei Bedarf verschiedene Anbieter objektiv vergleichen und dann direkt mit ihnen zusammenarbeiten können. Darüber hinaus stellen wir mit http://www.epublizisten.de ein kostenloses Portal zu Verfügung, auf dem wir den Autoren Hilfestellung bei der Vermarktung ihrer Bücher geben.
Gerade weil wir keine hohen Gebühren nehmen, keine teuren Marketingpakete verkaufen und auch nicht an den Erlösen der Buchprofis partizipieren sind wir auf den Erfolg unserer Autoren angewiesen.
Uns zu unterstellen, dass uns unsere Kunden gleichgültig sind, ist eine sehr kühne Unterstellung, die ich entschieden zurückweise!