Shopping-Netzwerke: Warum „Bezahlen über Amazon“ erst der Anfang ist

Von Marcel Weiß

Amazon hat vor ein paar Tagen Amazon Checkout nun auch in Deutschland gestartet. Unter den Namen "Bezahlen über Amazon" können Online-Händler wie das Musikhaus Thomann nun auch Amazon als Bezahloption ihren Kunden anbieten. Mit den exakt gleichen Gebühren wie PayPal ist das ein weiterer Konkurrent für selbiges und eine ordentliche Kampferklärung von Amazon.

amazonpayments

Nach eigenen Angaben können 130 Millionen Benutzer sofort "Bezahlen über Amazon" benutzen.

Das ist bereits enorm. Natürlich dürften nicht wenige Händler skeptisch sein, eine Payment-Option eines direkten Konkurrenten zu integrieren. Aber das dürfte bald eine geringere Rolle spielen. Zum einen ist die Situation bei anderen Optionen wie PayPal nicht sehr viel anders (Wer PayPal einsetzt, nutzt ein System, das auch Konkurrenten den Alltag erleichtert und ebenfalls einem E-Commerce-Riesen gehört.), zum anderen ist die langfristige Perspektive von Amazon Checkout die wahrlich spannende:

Machen wir einen Schritt zurück und schauen uns das heutige Amazon an.

Was ist Amazons Marketplace heute? Es ist eine Plattform, die auf der Website des Plattformproviders stattfindet. Ähnlich startete Facebooks Plattform: Ein Sandkasten innerhalb des Grundangebots, mit all seinen Vorteilen (z.B. integrierte User-Experience) und seinen Nachteilen (z.B. geringe Handlungsspielräume, fehlende Ausdifferenzierungsmöglichkeiten).

Vor gut einem Jahr hat Facebook die Ausrichtung seiner Plattform grundlegend verschoben: Von Binnenintegration zur Außenintegration. Und das mit enormen Erfolg: Heute finden sich die Like-Buttons von Facebook auf über 2,5 Millionen Websites. Und darunter findet man auch die großen Webangebote:

"More than 2.5 million websites have integrated with Facebook, including over 80 of comScore’s U.S. Top 100 websites and over half of comScore’s Global Top 100 websites"

Die Außenintegration ist in vielen Fällen die spannendere:

So oder so werden Daten über APIs (Programmierschnittstellen) zwischen Plattformprovider (Facebook etc.) und Plattformnutzer (App-Entwickler etc.) ausgetauscht. APIs für die Integration in bestehende Angebote sind aber für größere Anbieter oft attraktiver als eine zusätzliche Dependance zu starten. Und diese Integrationsangebote (Like-Button, Login, etc.) können vom Plattformprovider weitaus feingliedriger angeboten werden: Die Integration eines Like-Buttons ist minimal im Aufwand.

Diese Öffnung der Plattform nach außen ist so erfolgreich und so vielversprechend auch für den Plattformprovider, dass die cleveren unter den etablierten Webanbietern, bei denen sich ähnliches anbietet, langsam nachziehen: Seit kurzem kann man das beim Business-Netzwerk LinkedIn etwa beobachten.

Was hat das nun mit Amazon zu tun?

Weiter oben hatten wir Amazon Marketplace mit der ersten Inkarnation der Facebook-Plattform (Binnenintegration) verglichen.

Amazons Checkout ist ein erster Schritt, und einer der wichtigsten Schritte, von Amazon, die Funktionalitäten des Marketplace auch Online-Händlern für ihre eigenen Online-Präsenzen anzubieten. (Außenintegration)

Einen Amazon-Login gibt es ebenfalls bereits zumindest bei eigenen Tochtersites:

"Auf beiden E-Commerce-Seiten kann man sich mit Amazon-Login anmelden, sicherlich ein Service, den Amazon künftig als eine Art Amazon Connect auch anderen E-Commerce-Seiten anbieten dürfte."

Was könnte ein nächster Schritt von Amazon sein?

Amazon könnte ein E-Commerce-Netzwerk aufbauen, bei dem die Netzwerkeffekte und Möglichkeiten der Plattform weit über die Möglichkeiten des Amazon Marketplace oder anderer Binnenplattformen im E-Commerce hinausgehen.

So könnte Amazon beispielsweise den bei sich eingeführten Gefällt-Mir-Button zum E-Commerce-Äquivalent des Facebookschen Like-Buttons machen; mit entsprechend auf E-Commerce abgestimmten Zusatzeigenschaften, die sich daraus ergeben und durch die Fokussierung möglich werden, dass ein Gefällt-Mir-Klick immer einem Produkt gilt.

Diese Daten könnten dann wie bei Facebook zwischen Plattformprovider und anderen Netzwerknutzern hin- und herfließen.

(Die Daten aus dem Einkaufsverhalten, die Amazon zur Personalisierung nutzt, werden wohl eher nie in so ein Netzwerk einfliessen. Das hat zum einen offensichtliche Datenschutzgründe als auch der Wettbewerbsvorteil von Amazon würde hier wohl öfter als nicht die Vorzüge übersteigen. Der Datenschutzaspekt zeigt die Vorteile von explizit abgegebenen Daten (Ein-Klick-Geste) und implizit abgegebenen Daten (Surfverhalten, Einkaufverhalten, etc.))

Amazon könnte in diesem Netzwerk noch weit mehr in verschiedenste Richtungen anbieten. Man denke etwa auch an das Cloud-Computing-Angebot AWS, das bereits von immer mehr Startups genutzt wird.

Die Chancen im E-Commerce auf dieser Ebene der Wertschöpfung sind enorm. Und nur wenige Unternehmen könnten hier erfolgreich sein – aufgrund der anfänglich zwingend notwendigen Netzwerkeffekte, wie die oben genannten 130 Millionen Nutzer, die unumgänglich für den Erfolg des Unterfangens sind.

Amazons mittelfristiges Problem oder Herausforderung: Facebook selbst dürfte mit ähnlichen Gedanken Schritte für Plattformangebote eines E-Commerce-Netzwerkes machen. Bereits vor einigen Wochen hatte Facebook mit Facebook Payments eine neue Tochterfirma gegründet und begonnen, in US-Staaten anzumelden.

Facebook könnte also bald auch mit seinen Facebook Credits in den Payment-Bereich einsteigen (wobei noch nicht klar ist, ob das bereits hier mit Facebook Payments der Fall ist). Bei Facebook wäre das aber bevorzugt wohl nur in die Bereiche, in denen eine starke Social-Komponente zu mehr Aktivität führen kann: Wie bei den Groupon-ähnlichen Facebook Social Deals.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Facebook, Shopboerse

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1 Antwort

  1. Chancen hat amazon damit einige und es war auch an der Zeit, dass insbesondere ebays Paypal Konkurrenz gemacht wird.
    Allerdings ist „Bezahlen über amazon“ ebenso wie facebook Like-Button eine Möglichkeit auch offsite die User zu tracken, was ich mit gemischten Gefühlen sehe. Wenn es so weiter geht, haben wir bald ein Daten-Oligopol mit facebook, amazon, google, Apple und wenigen anderen. Und das ist dann wirklich erst der Anfang von etwas was keiner will.
    Ein paar kritische Stimmen zu „Bezahlen über amazon“ findet man hier: http://www.shopanbieter.de/news/archives/4496-amazon-payment-skepsis.html

  2. Es ist interessant, dass bei solchen Themen in Deutschland immer der erste Kommentar sich um Datenschutz dreht. :)

  3. so richtig und wichtig eine Alternative zu paypal wäre, so wenig kann ich die Begeisterung für einen Amazon Checkout teilen. Als „normaler“ Shopbetreiber in DE ist das doch die Wahl zwischen Pest und Cholera.
    Und dabei meine ich NICHT den Datenschutz als solches.
    Ich würde da mir da schon ein wenig kritischere Betrachtung wünschen, und auch mal Gedanken machen zum Trend der daraus erwächst (bzw. schon längst in Gang ist).
    Denn das Ziel dieses Angebots ist auch Sicht von amazon klar. Je mehr Services wahrgenommen werden, desto mehr Konzentration auch mein Angebot habe ich und desto größer ist meine Marktstellung (-macht).
    Genauso wie bei Facebook wird hier Ursache und Wirkung vertauscht. Zuerst leiten wir immer mehr unserer Kunden zu Amazon weiter (i.e. Partnershops, Fullfillment, usw), weil ich ja da auch ein paar Online Bestellungen generiere, und später bleibt mir gar nichts anderes mehr übrig, weil die plötzlich so viele Kunden haben.
    Wenn ich als Versandhändler auf eine eigene Identität verzichten kann, ok … Aber auch der Checkout gehört für mich nicht zu einem lästigen Prozess, der irgendwie abgewickelt werden muß, sondern zu einem Kundenservice, mit dem ich als Onlineshop bei Kunden auch gegenüber dem Wettbewerb punkten kann.
    Ich sehe die Monopolisierung im eCommerce Bereich wirklich als bedenklich an. Die Chancen und Vorteile liegen eindeutig bei amazon.
    Die wenigsten Onlineshops haben einen USP, der amazon nicht zur Konkurrenz macht.
    Wenn ich bei Esso tanke und zum Bezahlen zur gegenüberliegenden Shell Tankstelle geschickt werde, kann man zwar lange noch damit argumentieren, Esso braucht ja nur mit geschicktem Marketing, besserem Service und überlegter Sortimentsauswahl am eigenen USP arbeiten.
    Aber Shell ist auch nicht „blöd“, und wenn ich meine Kunden dort nach jedem Besuch dorthin weiterleite, ist es nur eine Frage der Zeit bis …

  4. @paysun Ich kann die Bedenken nachvollziehen, kann mich den Schlussfolgerungen aber nicht komplett anschliessen. Eine Plattform in den Ausmassen wie Facebook, die im E-Commerce allgemeine Daten verfügbar macht, ist natürlich eine enorme Chance für den Plattformprovider, aber auch nur, wenn sie das auch für die teilnehmenden Händler ist. Denn ohne sie funktioniert das nicht. Das heißt, die Händler müssen auch etwas davon haben. Und das haben sie. Das ist kein Nullsummenspiel. Natürlich verändert so eine Plattform das Marktumfeld. Aber wo vielleicht Bereiche vom Plattformprovider absorbiert werden, entstehen neue Möglichkeiten (Man denke etwa an Zynga bei Facebook).
    „Die wenigsten Onlineshops haben einen USP, der amazon nicht zur Konkurrenz macht.“
    Ich meine, wir berichten auf Exciting Commerce recht oft über Händler die einen USP gegenüber Amazon und co. haben. :)
    Märkte mit Netzwerkeffekten tendieren übrigens wenig überraschend zu natürlichen Monopolen. Monopole sind bei zweiseitigen Märkten auch nicht zwingend etwas schlechtes. (Senkung der Transaktionskosten am gesamten Markt steigert den Gesamtumsatz)

  5. @Marcel Weiss
    mag sein, aber die Sichtweise ist mir zu einseitig. und eine win-win situation kann ich nicht erkennen. ich bekomme von amazon keinen einzigen zusätzlichen kunden, gebe aber potentiell alle meine kunden an amazon weiter. und anders als ein reiner payment-dienstleister, kann amazon mit diesen daten auch etwas anfangen.
    soweit ich das sehe wirbt amazon einzig und allein damit, dass es bequem für den kunden wäre, wenn er bei amazon bezahlt da er dort bestimmt schon mal was gekauft hat und deshalb seine daten schon gespeichert sind.
    sorry, aber überspitzt formuliert klingt das für mich: „lieber kunde, keine ahnung wie du auf diesen onlineshop gestossen bist. du kaufst da vermutlich das erste mal ein. aber kein problem, jetzt komm erst mal heim zu amazon, wir regeln das …“

  6. @paysun Hältst Du es für ausgeschlossen, dass Du mit einem Payment-System wie PayPal oder Amazon Checkout neue Kunden gewinnst, die ohne diese Angebote gar nicht bei Dir eingekauft hätten, weil der Bezahlvorgang zu aufwendig gewesen wäre? Wenn ja, dann wirst Du diese einfach nicht einsetzen.
    Wo liegt das Problem? :)

  7. @ Marcel
    Klar ist der Datenschutzaspekt ein wichtiger. Wäre ja auch schlimm, wenn dem nicht so wäre.
    Ich verstehe auch die Sorge von paysun und hatte auch auf den Artikel bei shopanbieter.de verwiesen, der recht gut die Sorge weiterer Online-Händler deutlich macht.
    Das Problem liegt darin, dass man vielleicht auf kurze Sicht neue Kunden dazu gewinnt, auf mittlere Sicht sich aber der großen Gefahr aussetzt sich zum billigen Marktforschungsinstrument von amazon macht.
    Und zu den Monopolen, die nicht zwangsläufig was schlechtes sind: Ich habe auch schon von der Theorie des guten Diktators gehört … wohlgemerkt in der Theorie ;-)

  8. amazonpayment wird sich eh nicht durchsetzen…die paar (großen) shops benutzen das auch nur weil es für sie kostenlos ist (werbezweck damit andere onlineshops nachziehen)

  9. Wow.That great stuff.I like your blog presentation since it has good volume of information and realistic in nature. Amazon is a platform that takes place on the website of the platform provider like Face book.So i appreciate your efforts on posting such a great information.

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