Wo steht der Online-Handel in fünf oder in zehn Jahren? Klar ist, schon heute entfaltet der E-Commerce-Markt eine weitaus größere Wachstumsdynamik als erwartet.
Wir haben bei der Aufbereitung und der Fortschreibung der bvh-Zahlen bisher immer bewusst auf ein extrem konservatives Szenario gesetzt, das im Wesentlichen die Werte der Vergangenheit widerspiegelte und sie linear fortschrieb. Aber solch ein moderates Wachstumsszenario für ein dynamisches Medium wie das Internet ist natürlich der unwahrscheinlichste Fall. Und entsprechend lagen die realen Werte immer weit über den angenommenen.
Wahrscheinlicher ist es (und inzwischen lassen diese Sicht auch die bvh-Zahlen zu), dass die Marktentwicklung in den kommenden Jahren weiter an Dynamik gewinnt. Der E-Commerce lernt dazu, die Professionalisierung schreitet voran, und sobald bestimmte kritische Umsatzschwellen überschritten werden, kommen die üblichen Skaleneffekte zum Tragen. Die Fixkosten sinken im Vergleich zum Umsatz, machen den Handel online noch wettbewerbsfähiger, was zu zusätzlichen Umsätzen/Marktanteilen führt, etc.
Ein erstes Hockey-Stick-Szenario für den E-Commerce, das diese Dynamiken berücksichtigt, sieht wie folgt aus, und auch hier ist das angenommene Marktwachstum eher konservativ fortgeschrieben. Heute hat der Gesamtmarkt ein Volumen von 32,4 Mrd. Euro. Und die entscheidende Frage ist: Wann überschreitet das Online-Marktvolumen die 100-Mrd.-Euro-Marke – erst im Jahr 2025, wie hier angenommen, oder schon um einiges früher?
Wenn man sich vor Augen führt, wo wir heute stehen (schwarze Umrandung), wie die Marktverhältnisse vor fünf Jahren aussahen (erinnert sich noch jemand an Quelle?) und wo wir in vier bis fünf Jahren stehen werden, dann ahnt man, dass für viele Händler in den kommenden Jahren weitaus mehr notwendig ist als das bisschen SEO-, Usability- und Konversion-Optmierung, mit dem sich viele Online-Abteilungen derzeit die Zeit vertreiben. Auch hilft es wenig, auf Mobile zu hoffen. Mobile Commerce ist auf absehbare Zeit in etwa so marktrelevant wie der Online-Handel Ende der 90er Jahre. Auch das zeigt das Chart sehr gut.
Stattdessen gilt es, sich grundlegend, d.h. in den Handels- und Geschäftsmodellen, auf dieses absehbare Marktwachstum, das weniger technologisch, sondern vor allem kundengetrieben sein wird, einzustellen, entsprechend strategische Weichen zu stellen und geeignete Infrastrukturen zu schaffen, die es erlauben, am Marktwachstum zu partizipieren bzw. es idealerweise aktiv mitzugestalten.
Die E-Commerce-Branche verheddert sich gerne im Kleinklein und lässt sich von allerlei Firlefanz blenden. Leider sind in der Online-Branche viele Augenwischer unterwegs, die lieber am schnellen Geld interessiert sind als am langfristigen Markterfolg der Händler. Bezeichnenderweise gibt es am Markt ja kaum empfehlenswerte Strategieberater für den (Online-)Handel, auf die man guten Gewissens verweisen könnte.
Unserer Ansicht nach sind dies alles Gründe, warum wir spätestens jetzt eine dedizierte Wachstumskonferenz für den Online-Handel brauchen. Vieles, was bisher so wunderbar funktioniert hat, wird in den kommenden Jahren nicht mehr tragen. Was die Zukunft bringt, weiß niemand so genau, aber was die Optionen sind und was die strategischen Notwendigkeiten, das lässt sich schon jetzt sehr gut herausarbeiten und im Herbst gemeinsam auf dem K5 Gipfel der Top 500 Shops diskutieren.
- bvh-Zahlen 2011: E-Commerce wächst weit dynamischer als erwartet
- Von allem das Doppelte: Wann wird Wachstum zum Problem?
- Top 500 Shops (USA) : Die Pure Player ziehen davon
- bvh-Zahlen 2010: Die endgültigen Marktzahlen für 2010
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Wie ist denn deine Einschätzung zu den Einflussfaktoren des Hockey-Stick-Effektes? Bei Google ist es ja z.B. die Platzierung (z.B. an Pos. 1 10-20x mehr als an Pos. 2) die sowas verursacht.
Das Wachstum kommt in dieser Form ja nur wenn es dem Distanzhandel gelingt, dem Stationärhandel massiv Kunden abzujagen. (Prämisse: aufgrund gleichbleibender/sinkender Bevölkerung und nicht gerade explodierender Kaufkraft in Deutschland, wird der Retail-Kuchen in D (ca. 340-350 Mrd) ja nicht größer, sondern wird nur anders verteilt). Die geschätzen 100 Mrd in 2025 müssten dann ca. 25-30% des Retailumsatzes in D entsprechen und wären relativ passfähig zum Online-Potential zur Europe-Shopping-Studie (heute: ca. 7-8%).
Genau, die Wettbewerbssituation ist online vs. offline. Alles, was online dazukommt, geht offline verloren.
Ich gehe davon aus, dass es im Online-Handel pro Geschäftsmodell (und evtl. noch Branche) zwei, drei Topplayer geben wird, die wie Amazon & Co. extrem skalieren können.
Die Erfolgsfaktoren für die Topplayer der Wachstumsphase sind mE. Kundenorientierung (Kundenansprache und Kundenbindung) und die Schaffung von echten Mehrwertdiensten (idealerweise mit Online-Lockin-Effekten)
Und man sieht an der Grafik auch sehr schön, dass wir schon aufgrund der veränderten Marktstruktur auf allen Ebenen (von den Einkaufsprozessen über das Shopsystem bis zu Fullfilment und Logistik vollkommen andere Lösungen/Ansätze brauchen als in den frühen Internettagen.
Die Einsteiger- und Übergangslösungen, die heute noch den Markt bestimmen, werden abgelöst durch sehr viel ausgefeiltere, intelligentere und – hoffentlich auch – vernetztere Lösungen für die starke Wachstumsphase.
Vor allem braucht der Online-Handel eine erheblich leistungsfähigere Warenlogistik. Hier sind DHL & Co. gefragt und ggf. ja auch der ein oder andere neue Player, der zeitgemäße Lieferservices aufsetzen kann.
Das Marktvolumen gibts inzwischen her.
Eine sehr interessante Vorhersage! E-Commerce wird sich allerdings meiner Meinung nach nicht nur am PC oder Laptop abspielen. Das Internet wird immer mehr unser tägliches Leben und unsere gesamte Umwelt bestimmen, ähnlich wie Elektrizität heute. Dies hat zur Folge, dass es auch immer mehr, durch das Internet verknüpfte, neue Touch Points geben wird, über die es u.a. möglich sein wird Produkte zu kaufen und mit Marken in Verbindung zu treten. Seien es nun Tablets, internetfähige Fernseher, oder andere Geräte.
Um diese Entwicklung nutzen zu können, sollten Unternehmen darauf achten eine Plattform zu nutzen, die sämtliche Touch Points integrieren und konsistent ansteuern kann. Nur so wird eine kontinuierliche Kommunikation mit den Kunden über alle Kanäle hinweg möglich sein! Sich nur auf einzelne Kanäle (z.B. online) zu konzentrieren wird nicht ausreichen, um im eCommerce Markt dauerhaft wettbewerbsfähig bleiben zu können.
Ebenfalls bin ich nicht der Meinung, dass Mobile Commerce nicht relevant ist. Erstens sieht man das, wie im Artikel behauptet, anhand des Charts nicht und zweitens gibt es verlässliche Studien, die zeigen, dass im Jahr 2015 bereits mehr Nutzer über das Mobile Web online gehen werden, als über klassische Internetzugänge (z.B. PC). Auf diese Entwicklungen sollten Unternehmen sehr wohl vorbereitet sein, um nicht von der Konkurrenz abgehängt zu werden.
Hier noch ein Artikel über die erwähnte Studie: http://mashable.com/2010/04/13/mobile-web-stats/
Ebenso sollte man nicht unbedingt in den klassischen Kategorien online vs. offline denken!
Ein Kunde nutzt bereits heute mehrere Kanäle, um sich vor einem Produktkauf über das Produkt zu informieren. Dabei kann man nicht die Gleichung aufstellen mehr online = weniger offline. Vielmehr sollte man die Kanäle als komplementär in einer Cross-Channel Buying Journey sehen. So sind bereits ca. 33,5% der Käufe im stationären Handel durch eine Informationssuche im Internet getriggert (Quelle: ECC Handel).
Ein Kunde denkt nämlich nicht in der Kategorie “Kanäle”. Für ihn ist es mittlerweile selbstverständlich, dass er sich während der Zugfahrt auf dem Handy über ein Produkt informiert, anschließend am PC weitere Informationen sucht und Preise vergleicht und schließlich aber das Produkt im stationären Geschäft kauft, weil er z.B. eine Hose dort am besten anprobieren kann.
Die Zunahme des Onlinevolumens hat deswegen noch lange nicht eine equivalente Abnahme des Offlinevolumens zur Folge. Beide Kanäle können vielmehr voneinander profitieren. So kann zum Beispiel das Einkaufserlebnis am POS enorm durch internetfähige Devices wie POS Online Terminals oder mobile Einkaufsassistenten verbessert werden.
Schöne Ausführungen, aber demzufolge dürfte es weder ein Amazon noch ein Ebay noch ein Vente-Privée geben.
Zudem dürfte ein Online-Pure-Player wie Amazon nicht so erfolgreich am Markt agieren und dem stationären Handel Marktanteile in nicht unerheblichem Maße abjagen.
Bei Exciting Commerce befassen wir uns aus gutem Grund ausschließlich mit Online-Strategien, weil dort kurz- wie langfristig das höchste Marktpotenzial liegt.
Händler müssen sich entscheiden, ob sie – wie in der Branche gerne propagiert – auf allen Hochzeiten tanzen wollen oder ob sie mit einem konsequenten Online-Kurs das Online-Potenzial voll für sich nutzen wollen.
Oder um mal wieder unser geflügeltes Wort zu bringen: Wer wachsen will, setzt auf online pur, wer nicht verlieren will, auf Multi-Channel.
Selbst ein Media Saturn hat dies inzwischen erkannt und konsequenterweise einen Pure Player wie Redcoon übernommen.
Bei Mobile kann man erst dann von einem Markt sprechen, wenn wenigstens 50% der deutschen Bevölkerung ein Smartphone regelmäßig zum Surfen nutzen. Von solchen Werten sind wir aktuell noch meilenweit entfernt.
Aber auch ohne Mobile sind die Marktchancen auch heute schon riesig, wenn man nicht auf Technologie, sondern auf kundenattraktive Geschäftsmodelle setzt, mit denen man dann nicht nur die Early Adopter, sondern vor allem die breite Masse ansprechen kann.
Ein bisschen seriöseres Zahlenmaterial zur Strategiefindung gibts hier:
http://www.slideshare.net/excitingcommerce/analysen-und-statistiken-zur-strategiefindung-fr-den-handel
> Wer wachsen will, setzt auf online pur, wer nicht verlieren will, auf Multi-Channel.
Absolut richtig! Aldi, Lidl, & Co. sollten sofort alle POS schliessen und nur noch online verkaufen.
Wer langfristig erfolgreich sein will setzt auf Multi-Channel, wer das nicht kann macht halt nur online.
Pure Player werden in Zukunft gegen Amazon keine Chance haben (ausser die Branche ist nicht interessant genug für Amazon).
Wenn mein Kühlschrank den Geist aufgibt und bei den “Restpostenverramschern” gibt´s gerade keinen passenden, muss ich auch in Zukunft bei Amazon bestellen, oder eben im Netz schauen welcher lokaler Händler das zu einem adäquaten Preis “in stock” hat, so dass ich es sofort abholen oder liefern lassen kann.
Die Frage ist nicht Pure Player oder Multi-Channel, sondern welche Chance habe ich überhaupt gegen Amazon.
Amazon wird jeden Punkt in Deutschland innerhalb von 4 Stunden beliefern können – werden das die anderen Pure-Player auch können? Gut aufgestellte Multi-Channel Händler hingegen werden das auch können!
@Guuter Freund
Amazon wird das auch nicht alles allein machen koennen, zumindest nicht flaechendeckend ALLES in 4h liefern. Und es gibt auch abseits von Amazon noch genuegend Chancen, ein eintraegliches Online-Geschaeft zu machen. Ein schoenes Beispiel habe ich gestern wieder gefunden: schau mal auf http://www.jeans.de
Wer haette gedacht, dass heute bei den SEO-Schlachten hinter einer solchen Domain keinerlei Online-Geschaeft steht? Ich koennte wetten, wenn der Besitzer der Domain seine Laeden schliessen und seine Jeans in nem netten Online-Shop verkaufen wuerde, wuerde er innerhalb kurzer Zeit den x-fachen Umsatz erziehlen. Amazon hin oder her.
Du weisst gar nicht wie Du mir aus der Seele sprichst und das ist NICHT ironisch gemeint!!!
Ich bin 110%iger Onliner!!!
Es gibt halt Unternehmen / Branchen die müssen erst Multi-Channel machen, damit sie dann auch pure playen können. Reine Politik ;-)
Ich weiss nicht ob die Betrachtung als Shift von Offline zu Online und diese Pure Player Ideologie wirklich hilfreich sind.
Amazons grosse Stärken sind die Logistik und das Artikel und Kunden Profiling.
Ich kaufe so gerne bei Amazon weil ich weiss, dass ich meinen Kram in sehr kurzer Zeit habe – fast wie im Laden kaufen.
Bei Amazon sehe ich aber noch Nachholbedarf in Sachen Usability.
Diese Pure Player haben Vorteile, im wesentlichen dessen weil sie sich auf die Präsentation ihrer Produkte konzentrieren können, insbesondere die Suche – aber wenn ich mir zB Home24 ansehe gibt es da auch noch Nachholbedarf beim Finden von Möbeln. Insbesondere am Beispiel von Lampen (hohe Produktvielfalt) sieht man wie schwierig es ist, etwas passendes zu finden.
Man darf nicht unterschätzen wie gut die Produktvorauswahl in einem Offline-Laden funktioniert, da die Einkäufer teilweise eine sehr gute Vorauswahl treffen – insbesondere im Bereich Inneneinrichtung.
Ich denke auch, dass das Thema der Individual Fertigung von Produkten stark zunehmen wird, weil hier auch der grösste Mehrwert zu erwarten ist.
Und an der Stelle kommt die Frage nach der Wechselwirkung von den technischen Möglichkeiten des eCommerce und dem Kaufverhalten ins Spiel. Also wie beeinflusst der eCommerce das Kaufverhalten?
Deswegen ist eine lineare Betrachtung meiner Ansicht nach eher weniger hilfreich.
Klar scheint nur, dass der günstigste Preis nur ein Entscheidungskriterien unter vielen ist.