Zooplus-Chef Cornelius Patt prangert Branchenhörigkeit an

Die Einflüsterer sind überall, und dass der Handel online ausgenommen wird, wo es nur geht, ist ein offenes Branchengeheimnis.

Und daran wird sich auch wenig ändern, solange der (Online-)Handel sich dies gefallen lässt und nicht beginnt, sich emanzipierter zu verhalten und den omnipräsenten Vertretern der dmexco-Crowd Paroli zu bieten.

Zooplus-Chef Cornelius Patt hat als einer der großen, deutschen Online-Händler diese undifferenzierte Branchenhörigkeit auf den Münchner Medientagen angeprangert:

"Wir laufen auch in einem Zug der Lemminge jedem US-Trend hinterher. Meine Firma hat binnen der letzten neun Monate die Kundenakquisitionskosten wieder von 16 Euro pro Account auf unter 10 Euro, in der Größenordnung von 9 Euro, gebracht.

Wie? Indem wir einfach den ganzen Unsinn, der einem suggeriert wurde, die Werbeformate von Criteo über Facebook und sonst etwas, einfach abgestellt haben und gemerkt haben, da kommt nichts.

Aber trotzdem war ja ein Online-Marketing-Manager, wenn er nicht in Facebook reingegangen ist, eine ganze Zeitlang sozusagen ein Typ, der hinterm Mond lebte.

Das ist eigentlich das Traurigste, dass das bisschen Cash, das wir haben, dann auch noch ziemlich undifferenziert in Internetmoden reingesteckt wird."

In München sprach der Zooplus-Gründer auch über die Schwierigkeiten in den Anfangszeiten und über das Erfolgsgeheimnis von Zooplus, das sich zunehmend internationaler ausrichtet.

Um auch genau den Themen ein Forum zu bieten, die auf sponsorengetriebenen E-Commerce-Veranstaltungen üblicherweise unter den Teppich gekehrt werden, gibt es eine Konferenz wie die K5, die sich explizit als Händlerkonferenz versteht.

Wir hatten diesmal schon eine Reihe von branchenkritischen Sessions im Programm und wollen im nächsten Jahr weitere Formate etablieren, wo auch Konfliktthemen besser angegangen werden können. Natürlich hoffen wir dann im kommenden Jahr neben meinungsstarken Händlern und Online-Marketeers auch ein paar kritikfähige Vertreter der digitalen Wirtschaft aufs Podium zu bekommen, um den direkten Meinungsaustausch zu ermöglichen.

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Kategorien:Shopboerse

1 Antwort

  1. Tja, es galt schon immer: Keine Werbemassnahme ohne geeignetes Tracking und Controlling. Wer wird schon erwarten, das sich stumpfes Geld herauspumpen lohnt.
    Und nein, es ist nicht schädlich neue Dinge auszuprobieren. Aber halt immer im Rahmen eines Projekts mit definierten Zielen und dann eben auch einer Bewertung der Ergebnisse.

  2. Beides ist nicht der Punkt.
    Woran es hakt, ist die mangelnde Urteilskraft: dass sich der Handel gerne blenden lässt bzw. nicht zu unterscheiden gelernt hat, was sind (für den Handel!) relevante Trends und Entwicklungen, und was ist nur die nächste Sau, die die Online-Branche durchs Dorf treibt, um den Händlern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

  3. Urteilskraft ist doch keine Gabe, sondern Ergebnis von gemachten Erfahrungen. Es ist schlichtweg unmöglich die exakten Auswirkungen neuer Trends auf das eigene Geschäft korrekt vorauszusagen.
    Es bleibt also nur auszuprobieren oder auf die Erfahrungen anderer (mit einer vergleichbaren geschäftlichen Situation) zurückzugreifen.
    Das es vielleicht an einer Kultur der systematischen Evaluierung von neuen Möglichkeiten fehlt, kann gut sein. Aber da sehe ich ebenfalls nur die Option der eigenen Erfahrung oder des Einkaufens von Beratung – womit wir wieder beim Ausgangsproblem wären.
    Oder welche anderen Möglichkeiten könnte es sonst noch geben?

  4. Denke Dominik hat schon recht. Woher bitte soll man denn wissen, ob eine Neu-Maßnahme greift, wenn man sie nicht entsprechend testet. Dies muss aber natürlich kontrolliert werden. Nicht für jeden ist jede Maßnahme sinnvoll, manchmal bedarf es Varianten um die beste zu finden. Welche Themen für den Handel relevant sind, sollte dieser immer noch selbst entscheiden. Wer sich ausnehmen lässt, ist halt so naiv und lässt das zu. Was ich aber aus den Äußerungen von Hr. Pratt entnehme ist, das der Handel sich getrieben fühlt, Trends hinterherzuhecheln. Dies zeigt eigentlich, wie wenig die Händler untereinander miteinander kommunizieren und sich austauschen. Ein Armutszeugnis für die Branche, die sich doch auf x-Meetings andauernd über den Weg läuft. Scheinbar sitzen die Blender nicht nur in den Online-Marketing Abteilungen sondern auch in den Pendants der Versandhändler.

  5. @Dominik Belca Manchmal hilft auch gesunder Menschenverstand …
    Man kann das iPad noch so toll und zukunftsweisend finden, wenn die Verbreitung gleich null ist, wird man auch nichts darüber verkaufen (und kann sich die iPad-App und jegliche Form von Tabletstrategie sparen, bis die Zeit/der Markt reif ist)

  6. @Mike natürlich sitzen die da. Und das ist ja das Bittere. Die Händler sind leichte Opfer und werden nicht grundlos über den Tisch gezogen.

  7. @Jochen: Das stimmt. Ich meinte auch eher solche Dinge wie Facebook oder beispielsweise Retargeting von Usern.

  8. Der vom Pragmatismus überbordende Beitrag, des Zooplus Gründers, glänzt selbst mit undifferenzierten Stammtischgehabe.
    ‚von Criteo über Facebook oder sonst was‘.
    Vllt. sollte Herr Patt weniger differenzieren und ein wenig mehr diversifizieren. So kann er in der Vertikalen dass Online-Budget besser Scoren und über einfache KPIs im Einkauf; Preis und Mengeneffekte nutzen.
    Den schwarzen Peter einfach der Online Branche zuzuschieben, ist mir ein wenig zu einfach und zeigt mir einfach eine schwarz-weiss Sicht vom Herrn Patt auf bzw. eine Denke in Handel Vs. Online Marketing.
    Anstatt an bedeutsames Miteinander zu finden wird hier einfach in die ohnehin schon grosse Kerbe weiter eingeschlagen.
    Ich kann nur soviel dazu sagen. Der Handel hat immer eine Daseinsberechtigung, die Player werden sich zukünftig immer wieder verändern. Herr Pat zählte sicherlich zu den First Movern bei den Online Shops. Neue, zukünftige Trends zu verschlafen ist fragwürdig

  9. Nein, genau so bringt man es auf den Punkt. Das differenzierte Kleinklein hilft nichts, wenn man ein grundsätzliches Problem anscheiden will.
    Denn „Criteo, Facebook oder sonst was“ sind aus Händlersicht in einem Topf. Da kann die Online-Branche noch so sehr differenzieren. Und es ist auch nicht am Handel, die Online-Branche in all ihren (buzzwordgeschwängerten) Feinheiten zu verstehen, sondern an der Online-Branche, dem Handel vernünftige, nachvollziehbare und zielführende Konzepte zu präsentieren.
    Leider ist auf Dienstleister- und Agenturseite allzu oft verschleiern und vertuschen Programm.
    Eines sollte man sich in der Debatte klarmachen: Online-Branche und Handel sitzen auf unterschiedlichen Seiten desselben Tisches. Da die Online-Branche aber größtenteils auf Kosten des Handels lebt, würde man sich von der Online-Seite eine etwas demütigere Haltung wünschen. Leider funktioniert es oft genug, dass man den Handel für blöd verkauft (und, wie gesagt, der Handel lässt es ja leider mit sich machen), aber auf Dauer kann es das ja wohl nicht sein …
    Insofern kann man ja einfach mal davon ausgehen, dass Cornelius Patt als einer der erfahrensten Online-Händler hierzulande einen validen Punkt anspricht, der nicht nur ihm am Herzen liegt. Dem Handel reichts einfach, ständig als Versuchskaninchen missbraucht zu werden.
    PS: Persönliche Angriffe/Diffamierungen zeugen in der Regel davon, dass einem die sachlichen Argumente ausgehen.

  10. Da kann ich Jochen nur Recht geben. Ich komme zum Glück aus der Agenturszene und kenne daher beide Seiten.
    Aber nicht jeder Händler kann gleich über so detaillierte Kenntnisse aller Onlinemaßnahmen verfügen bzw hat das Geld für qualifiziertes Inhousepersonal.
    Was uns z.B. in den letzten 12 Monaten in Punkto Facebookshops angeboten wurde war wirklich dreist. Tausende € für fehlerhafte und unausgegorene Shopsysteme.
    Da ich von FB Commerce aber eh nichts halte haben wir erstmal ein kostenloses Tool benutzt (was im Vergleich zu den teuer zu erwerbenden auch noch X-Mal besser ist, Payvment).
    Und wir wurden bestätigt. Über nen klassischen FB Shop geht gar nichts.
    Ich möchte nicht wissen wieviele Händler sich die teuren Lösungen haben aufschwatzen lassen.
    Und so ist es doch Jahr für Jahr eine neue Sau, die durchs Dorf getrieben und verhökert wird.

  11. Ich denke, dass viele Agenturen und auch viele Händler beginnen, bei den Tools loszudenken. Und nicht bei den Endkunden, für die der ganze Onlinezauber veranstaltet wird. Die Händler, die ihr Geschäftsmodell konsequent aus der Kundenperspektive entwickelt haben, sind in der Minderheit.
    Die meisten Händler sind angebotsgetrieben und nicht kundenbedarfsgetrieben. So wird halt fern jeder Sinnhaftigkeit jeder Schraubenschlüssel benutzt, der im Werkzeugkasten liegt. Gestern war es die Präsenz auf Second Life, heute ist der Facebook-Shop.

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