von Matthias Hell
„Die neuen medialen Bedingungen lockern das Beziehungsgefüge
(zwischen Autoren und Verlagen) weiter.
Man kann mit und ohne Verlag publizieren. Man kann in Print und E-Book
publizieren. Man kann Geld dafür nehmen oder Texte verschenken. Man kann sogar
immer abwechselnd zwei Wochen Geld nehmen und dann wieder zwei Wochen einen
Gratis-Download anbieten.“
Stephan Porombka vom Thinktank LitFlow im Interview
mit Buchreport. In Berlin präsentiert LitFlow Ende dieser Woche „Radikale Szenarien für die
nächste Literatur und ihren Betrieb“.
Neue Vertriebsmodelle
Craig Mod: Der US-Autor
verkauft sein Buch „Art Space Tokyo“ nicht nur als eBook via Amazon und iBooks,
sondern bietet den gesamten Inhalt auch auf einer dazugehörigen Website kostenlos an. In seinem Blog beschreibt Mod die Motivation dazu:
„The
current generation of readers have formed expectations about sharing text, and
if you obstruct their ability to share – to touch – digital text, then your
content is as good as non-existent.I also
believe that we will sell more digital and physical copies of Art Space Tokyo by having all of the content available online.“
Payhip: Mit ihrem
Geschäftsmodell versucht sich die eBook-Plattform Payhip vom Wettbewerb zu differenzieren:
Autoren erhalten 100 Prozent der Bucheinnahmen, sollen aber für eine Reihe von
Pro Features – z.B. Analyse-Tools und personalisierte Buch-Sites – zahlen. (via
Good
eReader)
Bard and Book: Mit
einer weiteren Variation des Themas Crowdfunding wartet Bard and Book auf: Neue
Titel können nach der Veröffentlichung kostenlos online gelesen werden, danach entscheiden
die User, welche Bücher als Printausgabe erscheinen. (Pressemitteilung)
Neue Erzählformen
One Bites Reads: Der
neue E-Verlag One Bite Reads setzt auf das Singles-Format und sucht Autoren für
entsprechende „Mini Novels“. Feiert die Novelle eine Renaissance im digitalen
Publishing? (via Digital
Book World)
Negativbeispiel
Suhrkamp: Mit viel Getöse startet Suhrkamp einen Blog zum neuen Roman von Clemens J. Setz –
und bietet dort nur trivialen Marketing-Content. Dazu Stephan Porombka im oben
bereits erwähnten Buchreport-Interview:
„Der Setz-Blog ist exemplarisch für das, was im Moment in
der Branche passiert, genauer: was NICHT passiert. Es darf deshalb vermutet
werden, dass es schon kurz- und mittelfristig ganz andere Projekt- und
Unternehmensformen sind, die sich schneller und besser, auch intellektueller
und niveauvoller auf die neuen medialen Bedingungen einstellen.“
Negativbeispiel
Piraten-Bücher: Während die Medien die Piraten-Politikerinnen Julia Schramm
(veröffentlichte ihr Buch „Klick mich“ mit Kopierschutz) und Marina Weisband
(will ihr im Frühjahr 2013 erscheinendes Buch DRM-frei verkaufen) gegeneinander
ausspielen, bleibt die interessantere Frage umgestellt: Warum halten die
beiden Netzkultur-Exponentinnen überhaupt am konventionellen e-/Print-Buchformat
fest?
Struktureller Wandel
Amazon 1: Mit einer
Email versucht Amazon Publishing-VP Jeff Belles einflussreiche Literaturagenten
für die Verlagsaktivitäten von Amazon zu gewinnen und gibt dabei interessante
Einblicke in das beeindruckende Verkaufsvolumen des Onlinehändlers in dem
Bereich. (via Paid
Content)
Amazon 2: Gegenwind
bekommt Amazon derzeit von Walmart: Der Retailer hat angekündigt, den Verkauf
von Kindle-Geräte zu stoppen – offensichtlich stört Walmart die enge Verzahnung
von Medien-Inhalten und Amazon-Angeboten auf den Geräten. (via Forbes)
Kobo: Die
Rakuten-Tochter setzt weiter auf die kooperative Ausrichtung des japanischen
E-Commerce Konzerns und arbeitet künftig mit den unabhängigen Buchhändlern der Booksellers
Association of the UK & Ireland zusammen. (Pressemitteilung)
Buchhandel im Umbruch
Thalia: Zur
Abwechslung gibt es bei dem kriselnden Filialisten aufmunternde Nachrichten:
Nicht nur feierte das Veranstaltungsformat „ThaliaTainment“ eine erfolgreiche
Premiere (via Buchreport),
sondern bekannte sich auch der Mutterkonzern Douglas mit der Berufung der Thalia-Manager
Michael Busch und Manfred Kroneder in den Unternehmensvorstand zu der
Buchsparte (via Handelsblatt).
Unter der Rubrik Buchlos in die Zukunft bringen wir jede Woche das Spannendste zu den strukturellen Umbrüchen in der Buchbranche.
Frühere Beiträge zum Thema:
- Buchlos voran: Was bringt der Tablet-Boom um Kindle & Co.?
- Wie Amazon sein Mobil-Geschäft mit Kindle & Co. vorantreibt
- Buchlos voran: „Digital downloads are a hangover from the analogue world“
- Buchlos voran: „Delightedly swimming in a sea of diverse choices“
- Buchlos voran: „Shorter Attention Spans Require Different Structures“
Kategorien:Buchhandel
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