Modemärkte von morgen: Was Zalando von Vente-Privée lernen könnte (und was nicht)

Zalando will die Bekanntgabe seiner Geschäftszahlen diese Woche mit einem Kapitalmarkttag flankieren. Dabei muss sich der Marktführer nach dem Höhenflug der ersten 10 Jahre spätestens jetzt Gedanken machen über die nächsten 10 Jahre:

Im Grunde befindet sich Zalando zur Zeit in einer ähnlichen Situation wie Vente-Privée 2013/14. Wie Zalando hat Vente-Privée eine Übernahme von direkten Wettbewerbern immer kategorisch ausgeschlossen hat, bis es dann irgendwann nicht mehr anders ging (“Vente-Privée schlägt nach Skandinavien auch in Polen zu”), weil – stark vereinfacht gesprochen – das eigene Wachstum zu schwach und die Wettbewerber zu stark wurden:

Das ist der natürliche Lauf der Dinge. Und so dürfte auch für Zalando über kurz oder lang kaum ein Weg an Übernahmen und Beteiligungen vorbeiführen. Und die Frage ist eigentlich nur:

Wird es Zalando proaktiver angehen als Vente-Privée?

Denn Vente-Privée hat abgewartet, bis der Druck nach dem Börsengang von ShowroomPrivé zu groß wurde und erst dann die Initiative ergriffen. Letztlich waren die Übernahmen eine Art Kapitulation und das bittere Eingeständnis, dass es mit der Internationalisierung aus eigener Kraft nicht geklappt hat:

Noch sieht auch Zalando noch vergleichsweise unbeteiligt zu, wie About You hierzulande (“About You erwartet 1,6 Mrd. € GMV und 450 Mio. € Umsatz”), Boohoo in Großbritannien und Boozt in Skandinavien hochkommen (“Boozt Fashion peilt für 2019 mindestens 335 Mio. € (+27%) an”):

Was aber, wenn Asos jetzt vorpreschen und mit den Aufsteigern zusammen eine Asos-Gruppe aufbauen würde? Im Grunde hätte es Zalando als (noch) unangefochtener Marktführer in der Hand, den Markt zu gestalten. Doch wie lange noch?

Denn nach den zahlreichen Börsengängen 2017/18 haben jetzt zunehmend mehr Modeanbieter die Möglichkeit, die Initiative zu ergreifen und internationale Champions im Modemarkt zu bauen. Siehe zum Beispiel Farfetch (“Farfetch will Stadium Goods für 250 Mio. Dollar übernehmen”).

Man kann also gespannt sein, wie lange Zalando noch abwarten und an seiner bisherigen M&A-Strategie festhalten will. Davon hängt dann letztlich ab, ob es im Modehandel von morgen weiter eine aktive oder eher eine passive Rolle spielen wird.

Zalando müsste für die nächsten Wachstumssprünge nicht notgedrungen direkte Mitbewerber übernehmen. Auch der Zukauf von Marken könnte ein Weg sein. Schließlich ist die Bestseller-Gruppe der zweitgrößte Aktionär.

Das löst aber nicht das Problem, dass jenseits von Zalando inzwischen andere Modeplattformen entstehen können, die Zalando mittelfristig das Leben schwer machen können. Die größte Gefahr wäre dabei sicherlich ein Zusammengehen von Asos und About You.

So stark Zalando immer im Angriff war und bis zu einem gewissen Grad auch noch ist. In der Verteidigung tun sich inzwischen doch etliche Lücken auf, die Zalando besser früher als später schließen müsste, um nicht irgendwann ins Hintertreffen zu geraten.

Nicht zuletzt an Vente-Privée kann man ja sehen, was passiert, wenn man sich unter Zugzwang ein Sammelsurium an Wettbewerbern zusammenkaufen musste.

Wie Vente-Privée als VeePee wieder Oberwasser gewinnen will, hören wir auf der K5 am 4./5. Juni in Berlin. Was Zalando dieses und die kommenden Jahre vorhat, erfahren wir diese Woche auf dem Kapitalmarkttag.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:MORE, Shopboerse, Vente Privee, Zalando

  1. Finde Zalando macht seine Sache schon richtig. Für teures Geld Brands aufzukaufen ist imho nur ein Mittel, das bei der nächsten Rezession auf die Füße fällt. Was langfristig wirklichen Vorteil verspricht ist Investition in Tech, und gerade da hat Zalando ja schon einiges übernommen. Gab ja auch mal einen Podcast von euch darüber soweit ich mich erinnern kann.

    • das stimmt (in der Theorie). Nur macht Zalando im Tech- und Innovationsbereich gerade keine so wirklich gute Figur. Es ist zwar Jammern auf hohem Niveau, aber zumeist ist Zalando hier ja eher Follower als Leader. Ist aber nur mein persönlicher Eindruck. Wenn man allerdings schaut, wo die Manager/Productowner/etc. der frühen Innovationsprojekte heute arbeiten, dann ist das in der Regel nicht mehr bei Zalando. Und zuletzt gab es auch im Techbereich kaum noch Übernahmen und Beteiligungen (jedenfalls keine, die öffentlich kommuniziert wurden).

  2. Asos hatte zum Ende des Geschäftsjahres Ende November keine 50m Euro cash in der Bilanz (seite 12).
    https://www.asosplc.com/~/media/Files/A/Asos-V2/results-archive/statement/fy-2018-results-presentation.pdf

    Aboutyou verbrennt weiter fröhlich Geld und müsste ohne die große finanzierungsrunde letzten Jahr jetzt schon seine investments deutlich unterschrauben. Asos könnte den cash burn von Aboutyou mangels eigener Reservieren einfach nicht bezahlen. Woher soll Asos die 1bn Euro nehmen, um Aboutyou zu kaufen?
    Ausserdem steuern wir gerade auf die erste Rezession seit 2009 zu, siehe GDP wachstum in Italien in den letzten beiden Quartalen. Auch das Wachstum in der Eurokernzone schwächt sich weiter ab. In der Situation sparen Konsumenten zuerst bei Konsumausgaben wie Mode und Elektronik.

    Ich sehe es genau umgekehrt. Zalando ist in einer poisition der Stärke mit 1bn Cash auf der Bank und solider Profitabilität und kann abwarten, wer als nächstes ins straucheln kommt.

    • na ja, Asos könnte About You gegen Anteile an die Börse holen und hätte an der Börse alle Möglichkeiten für weitere Kapitalerhöhungen.

      Asos ist gut in Eigenmarken, About You stark im Plattformgeschäft. Insofern schon eine spannende Kombination.

      • Dazu müssten sich die AY-Aktionäre mit 100% ASOS-Shares zufrieden geben. Das wäre ne ziemlich steile Wette. ;-)

      • Warum? Bestseller hat ja schon massig Asos-Anteile (und könnte weiter aufstocken). Und Otto hat einen Börsengang für About You nicht ausgeschlossen. Käme auf die Bewertung von Asos an. Und die war ja zuletzt vergleichsweise überschaubar.

  3. Solide Profitabilität bei Zalando? In Q3 waren sie mit 40 Mio. operativ im Minus.

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  1. Vente Privée staakt Engelse activiteiten - mediafeed.gertimmer.nl /  mediafeed.gertimmer.nl

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