von Marcel Weiß
Groupon hat in einigen US-Städten begonnen, Groupon Stores zu testen, in denen Händler ihre Deals direkt auf Groupon anbieten können. Damit hat Groupon den Ausbau zur Plattform gestartet.
Mittlerweile sind weitere Details zur Groupon-Plattform bekanntgeworden, wie etwa die Gebührenstruktur:
"Fees are 10% for non-promoted deals, 30% for promoted deals… No upfront costs. Deal of the Day is typically 50%."
Groupon scheint ein besonders Gewicht auf die neue Follow-Funktion zu legen:
"The product encourages merchants to get current customers to follow their Groupon Stores page. Further, the CRM functionality goes beyond deals: Stores allows the merchant to “share the latest news, deals or specials, or just invite them to stop by.”"
Siehe hierzu auch die offizielle Willkommensseite auf Groupon für interessierte Händler.
Die neue Richtung von Groupon verändert den Dienst selbst dramatisch. Zur Einführung der personalisierten Groupon-Deals waren wir bereits skeptisch:
"Groupon bezeichnete sich bisher immer ganz gerne als "Social Shopping" Angebot, scheint aber den sozialen Aspekt gehörig zu unterschätzen, denn der impliziert, dass es bei Deals, von denen man sich gegenseitig erzählen soll, "(sozial) gerecht" zugeht, das heißt, dass mit offenen Karten gespielt wird und jeder die gleichen Ausgangschancen hat."
Auch im ersten Artikel zu den Groupon Stores haben wir Fragen aufgeworfen:
"Die Frage, die sich mit der neuen Plattform-Strategie nun stellt ist, inwiefern Groupon es schaffen wird, nicht zu einer beliebigen Rabattplattform zu verkommen"
"Oder anders gefragt: Missversteht Groupon den eigenen Markt, also das, was man für die Endnutzer darstellt? Oder soll sich Groupon bewusst in etwas vollkommen Anderes transformieren?"
Diese Frage ist, unabhängig davon, was aus Groupon wird, eine durchaus spannende Frage für alle professionell am Thema Social Shopping Interessierte.
Vor einigen Tagen hatte ich auf neunetz.com anhand der iPhone-Fotosharing-App Instagram das neue Social-Startup-Pattern beschrieben, das sich bei nahezu allen neuen Startups mit Social-Charakter abzeichnet. Anhand dessen können wir uns anschauen, in welche Richtung Groupon aktuell geht und was es künftig machen kann (und daran vielleicht auch Rückschlüsse für unsere eigenen Startups schliessen).
Das Social-Startup-Pattern besteht aus vier Hauptmerkmalen:
- Follower-Prinzip
- Stream
- Ein-Klick-Geste und Kommentare
- Share-Anknüpfung
Zu 1.: Das Follower-Prinzip kennt man von Twitter und Facebook-Fanseiten: Mit einem Klick können die Nutzer anderen Akteuren auf den Plattformen folgen. Es ist das einfachere und oft ohne direkte monetäre Transaktion ausgeführte Social-Web-Äquivalent zum Abonnement wie man es etwa von der Printpresse kennt. Das Follower-Prinzip ist ein zentrales Element vieler neuer Angebote im Web.
Groupon setzt bei seinen Groupon Stores logischerweise auf asymmetrische Verknüpfungen: Endnutzer folgen Groupon Stores.
Die Implikationen für die Nutzung von Groupon und die Wirkung auf die Händler sind enorm und nicht zwingend positiv, im Gegenteil. Was auch im Yipit-Blog bereits angesprochen wurde, hatte ich auch in einem Kommentar hier auf Exciting Commerce ausgeführt:
"Das Follower-Prinzip führt dazu, dass die Schnäppchen an 'Stammkunden' gesendet werden, während man doch eigentlich Groupon dazu verwendet(e), um darüber Neukunden in das eigene Geschäft zu locken.
Das hat schon ganz schön weit reichende Implikationen. Da könnten die teilnehmenden Händler auch mittelfristig recht unglücklich über die Ergebnisse werden."
Im Following-Stream (2.), der die chronologisch sortierten Items derer anzeigt, denen man folgt, finden die Nutzer dann die Deals der von ihnen ausgewählten Händler vor. (Das lässt sich in einer täglichen Email abbilden.)
Für die Groupon Stores nutzenden Händler würde sich der Nutzen von Groupon dank Follower-Prinzip um 180 Grad drehen, wenn es dabei bliebe:
Statt wie üblich Neukunden mit attraktiven Deals zu akquirieren, bekommen die Händler schnäppchenfixierte Stammkunden.
Das kann kaum das Ziel sein. Auch nicht für Groupon, dass sich nicht als Schnäppchenaggregator sondern als eine neue Art von Stadtführer sehen will. Also als ein Dienst, mit dem man neues entdecken kann. Also ein Dienst, wo Händler mit Neukunden zusammenkommen.
Zu 3.: Ein-Klick-Geste und Kommentare gehören heute ebenfalls oft zum Grund-Repertoire von Diensten, die auch auf zwischenmenschliche Beziehungen für ihre Architektur setzen. Die Ein-Klick-Geste wurde spätestens dieses Jahr mit der webweiten Einführung des Like-Buttons von Facebook bekannt.
Die Ein-Klick-Geste ist die kleinste Einheit von bewusst getätigter Aktivität im Web, und deshalb besonders wichtig, weil Startups sehr viel mit den so gewonnenen Datenmengen umsetzen können. (Ich habe ausführlich über die Möglichkeiten auf neunetz.com geschrieben.)
Anhand der Möglichkeiten, die Startups mit den dem Follower-Prinzip und den Daten von Ein-Klick-Gesten erwachsen, lässt sich erahnen, was Groupon auf ihrer Plattform wohl umsetzen werden. Nur wird Groupon dabei wohl eher auf den tatsächlichen Erwerb aufsetzen, statt auf den für die Nutzer vergleichsweise folgenlosen einfachen Klick.
Redistribution/Neuverteilung: Neben den Deals des Tages und den Deals der verfolgten Händler kann Groupon weitere Deals den Nutzern anhand folgender Grundlagen nahelegen, um das Entdeckungspotential auszuschöpfen:
- Deals, die von Freunden gekauft wurden (Groupon wird das Follower-Prinzip auch auf die Nutzer ausweiten.)
- (populäre) Deals von Händlern, die vielleicht nicht von einem selbst aber von vielen Freunden verfolgt werden
- lokal populäre Deals (also Deals, die von vielen Nutzern gekauft werden; 'trending Deals' quasi.)
- Deals, die von Groupon-Nutzern gekauft werden, die den gleichen Händlern folgen
- Deals, die von Groupon-Nutzern gekauft werden, die vorher ein ähnliches Kaufverhalten an den Tag gelegt haben
Das alles natürlich zusätzlich zu den Deals des Tages. Man sieht auch schon, dass das Ganze auf Masse angelegt sein muss.
Zusätzlich könnte Groupon eine eigene Ein-Klick-Geste für den Social Graph auf Groupon einführen: Mit einem Klick auf einen interessanten Deal wird den befreundeten Nutzern auf Groupon die Frage gestellt "Das würde ich gern machen. Wer kommt mit?".
Das gleiche findet außerhalb der Plattform mit der Integration von Facebook, Twitter und, alte Schule, Email auch bereits statt. (4.: Share-Anknüpfung)
Wenn Groupon die Vernetzung auf der Plattform vorantreibt, entstehen damit unzähliche Möglichkeiten Deals und Nutzer zusammenbringen. Die Frage bleibt natürlich, ob Groupon diese Transformation erfolgreich gelingt.
Zweifellos betritt Groupon Neuland und wandelt sich selbst komplett dabei. Das frühere, einfache Groupon wird bald verschwinden. Ob Groupon mit der neuen Richtung erfolgreich sein wird oder nicht, ist offen. Man kann aber viel lernen, wenn man diesen Transformationsprozess kritisch beobachtet.
Groupon hat mit dem Follower-Prinzip für Händler angefangen und wird bald weitere soziale Grundelemente einführen. Was dort erfolgreich sein wird, kann auch in anderen Social-Shopping-Kontexten funktionieren.
Frühere Beiträge zum Thema:
- Groupon Stores: Groupon will sich zur Plattform wandeln
- Entscheidung mit Folgen: Groupon führt personalisierte Deals ein
- Groupon-Gründer Andrew Mason im ausführlichen Interview
Kategorien:Facebook, Live Shopping, Social Commerce
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