Pixmania baut ab: Der Fall eines Online-Elektronikversenders

von Matthias Hell und Jochen Krisch

Pixmania schließt all seine Fililalen, zieht sich aus 12 von 26 internationalen Märkten zurück und will sich künftig wieder ganz auf sein Kerngeschäft im Online-Handel konzentrieren.

Mit einem fulminanten Aufstieg und Umsätzen jenseits der 800 Mio. Euro galt der französische Elektronikversender lange als leuchtender Stern am europäischen E-Commerce-Himmel, der auch auf deutschen Online-Handelskonferenzen für sich warb.

Ein Hintergrundbericht („Pixmania, la star déchue de l’e-commerce“) im französischen Wirtschafsmagazin Capital legt allerdings nahe, dass der Onlinehändler deutschen Anbietern wie Cyberport oder Notebooksbilliger, die im vergangenen Jahr erstmals Umsätze von 500 Mio. Euro und mehr erzielt haben, eher nicht als Vorbild dienen dürfte.

Pixmania

Quelle: Dixons Retail Investorenpräsentation (PDF)

Zwischen dem Einstieg der britischen Elektronikkette Dixons 2006 und der Komplettübernahme im vergangenen Jahr („Elektronikkette Dixons übernimmt Pixmania für €10 Mio. komplett“) sei der Unternehmenswert auf ein Siebtel gesunken, rechnet das Magazin vor und spricht von einer „harten Rückkehr zur Erde für das ehemalige Flaggschiff des französischen E-Commerce“.

Gegründet im Jahr 2000, machte sich Pixmania in Frankreich zunächst als Online-Fotodienst einen Namen.

Nachdem das Unternehmen mit dem Verkauf von Digitalkameras gute Erfahrungen sammelte, wurde das Sortiment schnell auf den gesamten Unterhaltungselektronik-Bereich ausgedehnt.

Dabei machte Pixmania scheinbar alles richtig und setzte neben der Eröffnung von stationären Filialen und dem Aufbau einer schlagkräftigen eigenen Logistik auch auf die schnelle Expansion in insgesamt 26 europäische Nachbarländer, wo der Elektronikversender heute rund zwei Drittel seines Umsatzes erwirtschaftet.

Doch wie Capital berichtet, hat sich Pixmania dabei offensichtlich übernommen:

„Als Dixons 2006 bei Pixmania einstieg, stieß man auf ein Unternehmen mit 1500 Mitarbeitern, das noch wie ein Startup geführt wurde: Kurzfristige Zielvorgaben, aus dem Bauch getroffene Entscheidungen, oberflächlich gestaltete Prozesse.

„Es gab zu viele unrentable Investitionen in mitteleuropäischen Ländern, unüberlegt gestartete Projekte, die später aufgegeben wurden und viel Geld kosteten“, urteilt Jean-Robert Orland, der ehemals Finanzierung und Beschaffung verantwortete.

Wie viele Führungskräfte suchte auch Orland 2009 einen möglichst lukrativen Ausstieg. Die teure Seite der Expansion wurde einige Zeit durch die guten Einnahmen in Südeuropa überdeckt. Als diese aber in der Krise 2008 ausfielen, traten die Risse in der Konstruktion in vollem Ausmaß zutage.“

Da Pixmania zudem vom Margenverfall im Elektronikbereich getroffen wurde, setzten die Franzosen auf eine massive Ausweitung des Sortiments – allerdings ohne die nötige Beschaffungskompetenz.

Die von der Unternehmensführung zudem in die Wege geleitete Öffnung für Drittanbieter via dem Online-Marktplatz Pixplace kam angesichts von heimischen (Rue du Commerce, Cdiscount) und internationalen Wettbewerbern wie Amazon oder Ebay nie richtig ins Laufen.

Im Dixons-Geschäftsjahr 2011/12 (PDF) ging der Pixmania-Umsatz in Folge um 9 % auf 665 Mio. Pfund zurück – bei einem Verlust von 19,8 Mio. Mio. Pfund. Im Zwischenbericht für das erste Halbjahr 2012/13 weisen die Briten für Pixmania einen weiteren Umsatzeinbruch von 15 % aus.

Wie Capital berichtet, wollten die Pixmania-Gründer Steve und Jean-Emile Rosenblum hier noch im Frühjahr 2012 mit dem Ausbau ihres zuvor 21 Standorte umfassenden stationären Filialnetzes auf europaweit mehr als 100 Geschäfte gegensteuern.

Mit der Komplettübernahme durch Dixons im vergangenen August wurden solche Planspiele allerdings obsolet, stattdessen wollen die Briten Pixmania gesundschrumpfen und haben sich bereits an umfangreiche Stellenstreichungen gemacht.

Die Pixmania-Gründer sind unterdessen auf die Investorenseite gewechselt, wo sie unter anderem bei dem aufstrebenden Musik-Streaming-Dienst Deezer beteiligt sind. Jean-Emile Rosenblum hat außerdem The Kase gegründet, eine auf Hochglanz getrimmte Handelskette für Smartphone- und Tablette-Zubehör, die bisher aber ausschließlich auf das Stationärgeschäft setzt.

International ist in den letzten Jahren nicht nur Pixmania ins Schlingern geraten. In England verabschiedete sich kürzlich auch Play.com, das, als es noch von der (Umsatz-)Steueroase Jersey aus operieren konnte, mit einem Umsatz von 660 Mio. Dollar einmal ein ähnliches Dickschiff war wie Pixmania, vom aktiven Handelsgeschäft und will künftig unter der Flagge von Rakuten als Marktplatz agieren (siehe auch Rakuten: Mit Happy Commerce gegen die Produktautomaten).

Diese Entwicklungen kommen zu einer Zeit, da der deutsche Online-Handel noch voll im Expansionsmodus ist. Unter den Elektronikversendern will speziell Cyberport offline Gas geben ("Für den Online-Handel gibt es keine Wachstumsgrenzen").

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Kategorien:Shopboerse

1 Antwort

  1. Ich hatte befürchtet, dass bei Pixmania viel heiße Luft das Geschäftsmodell befeuerte, zumindest war die Außendarstellung auf Kongressen stets eher bunt als „inhaltlich“, so dass ich nicht nachvollziehen konnte, worin der Erfolg des Unternehmens lag. Dass gerade dann essentielle Prozesse nicht etabliert werden konnten,wundert mich in diesen Zusammenhang genauso wenig wie ausbleibender Erfolg.

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