Wie Media Saturn den Online-Elektronikmarkt aufmischt

Was aber, wenn sich einer der Getriebenen/Offliner eines Besseren besinnt und online so richtig in die Vollen geht? – Das kann man derzeit bei Media Saturn verfolgen, das sich im deutschen Markt in Zalando-Manier Online-Marktanteile (er)kauft und sich so binnen kürzester Zeit auf Online-Umsätze von 755 Mio. Euro hochkatapultiert hat – und damit im Online-Elektronikhandel zur klaren Nummer 2 (hinter Amazon) aufgestiegen ist:

Elektronikversender2012msh

Geld scheint bei der Online-Expansion erstmal keine große Rolle zu spielen: Alleine 125 Mio. Euro hat sich Media Saturn Redcoon kosten lassen. Weitere zig Millionen steckt die Gruppe in die Marketingaktivitäten von Media Markt, Saturn und Redcoon.

Über den Parforce-Ritt auf fulminante 132 Mio. Euro alleine in Q4 und die damit verbundenen "Nacht- und Nebelaktionen" von Media Saturn haben wir immer wieder berichtet. MyDealz-Macher Fabian Spielberger hat als einer der intensivsten Branchenbeobachter gerade auf der Exceed nochmals unterstrichen, was er kürzlich schon angemerkt hat:

"Saturn
und Media Markt schießen momentan wahnsinnig viel Geld in ihren
Online-Shop. Alles in
allem bin ich sehr zuversichtlich. Die Marke hat
riesigen Trust und konvertiert super, trotz fürchterlichen
Bestellprozesses."

Der Ausgang ist natürlich offen. Doch Media Saturn hat nach Redcoon 2012 einen weiteren Elektronikversender geschluckt und sich an Flip4New beteiligt. Und einiges deutet darauf hin, dass der Branchenführer auch 2013 weiter zukaufen wird und bei seiner Online-Expansion auch künftig nicht nur auf organisches Wachstum setzen will.

Bis Ende 2015 möchte Media Saturn 10% seines Umsatzes online machen, also rund 2 Mrd. Euro (siehe Präsentation (PDF)). Inzwischen bekommt man eine Vorstellung davon, wie es dies schaffen will.

Mshstratamb

Es bleibt nun spannend zu sehen, wie die Onliner reagieren und wie ernst sie derlei Ambitionen nehmen. Abhängig davon wird sich weisen, wer von diesen Elektronikversendern in den kommenden Jahren in welcher Form und Konstellation am Markt bestehen kann.

Im Grunde wäre es spätestens jetzt auch an den Onlinern, die nötige Phantasie und den Ehrgeiz zu entwickeln, um nicht nur von der ohnehin online-freundlichen Marktdynamik zu profitieren, sondern den Markt auch aktiv mitzugestalten.

Andererseits zeigen Pixmania und Dixons Retail wiederum, wozu allzu großer Überschwang führen kann.

Es herrschen eben weiter Wildwestzeiten im Online-Handel – mit noch unabsehbaren Folgen für den Handel als Ganzes (siehe auch Die Tsunami-Jahre des E-Commerce (2011-2020))

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Shopboerse, Ultimondo

  1. Wie immer viel Blabla, aber was soll uns dieser Artikel jetzt sagen? Ist es richtig oder falsch? Und so wie hier früher immer auf MM und Saturn rumgehackt wurde, ist es sowieso egal, was sie machen. Irgendwie schlecht ist es immer.

  2. Das hier wundert mich nun auch ein wenig.
    So wie ich die Einträge hier in den letzten Jahren verstanden habe, ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis der “Dinosaurier” MSH vom Markt verschwindet.
    Keine Strategie, schlechter Shop, zu spät und vor allem: Multi-Channel (40% Abholung bei Media-Markt und Saturn ist doch ziemlich eindeutig Multi-Channel). Und Multi-Channel, auch das habe ich gelernt aus der Lektüre hier, ist absoluter Schwachsinn. Zum Scheitern verurteilt, von Anfang an.
    Nun frage ich mich, was plötzlich anders geworden ist, denn der Text hier hat ja doch einen positiven Unterton!?
    Dass MSH Geld in Werbung investieren kann? Nun, das ist in der Unternehmensstrategie nicht wirklich neu, nur wurde es bislang nicht so konsequent für den Online-Kanal gemacht, aber den hat man ja auch noch nicht so lang? Dass der zweitgrösste Player in der Branche weltweit recht viel Geld investieren kann, ob in Werbung oder in Akquisitionen, war auch klar.
    Also: Was ist denn nun neu?

  3. @Dirk: “Nun frage ich mich, was plötzlich anders geworden ist, denn der Text hier hat ja doch einen positiven Unterton!?”
    .
    Die normative Kraft des Faktischen lässt praktisch nichts anderes zu.
    .
    Man sollte nicht vergessen, dass Metro MILLIARDEN verdient hat (!) und nicht nur wie die Startup-Bubis hunderte Mio. VC AUSGEGEBEN hat.
    Das Rennen ist noch lange nicht entschieden.

  4. “Die normative Kraft des Faktischen…” gefällt mir. Dann bin ich aber mal gespannt, ob dies bei den Kommentatoren auch mit einem selbstkritischen Rückblick auf die eigenen Prognosen verbunden wird…

  5. Ich wundere mich ein bisschen über die verwunderten Kommentare.
    Die Aussage war immer: Sollte Media Saturn nicht vom Innovationsvirus gepackt werden und als Online-Spätzünder überhaupt eine Chance haben, dann wird es in jedem Fall sehr kostspielig (siehe zum Beispiel http://www.excitingcommerce.de/2011/03/media-saturn-pauldirekt.html ).
    Media Saturn hat jetzt das denkbar kostspieligste aller Szenarien gewählt (teure Übernahmen + hohe Marketingaufwendungen). Nichts anderes beschreibt der Beitrag.
    Ob das nun gut ist oder schlecht, ob es aus Verzweiflung geschieht oder aus strategischer Weitsicht, ob man so auf lange Sicht Geld verdienen kann oder nicht, kann sich ja jeder selber ausrechnen.
    Den Online-Markt macht es zumindest spannend.

  6. @Helmut, Dirk & Eric: Was genau hat sich denn aus eurer Sicht nun an den Erfolgsaussichten von Mediamarkt geändert. Nun haben sie einen defizitären stationären Kanal und eine sehr fragliche und defizitäre Online Strategie. Tolle Multichannel Variante. Marktanteile kaufen kann jeder mit genug Geld. MSH war DAS stationäre Geschäftsmodell im Elektronikmarkt in den 80er und 90er Jahren. Aber aktuell haben sie Amazon & Co. nichts, aber auch gar nichts entgegenzusetzen. Und der gekaufte Online Umsatz der letzten 12 Monate ändert daran nichts.

  7. Sehe ich genauso. Die “Start-up Bubis” verbrennen VC, MediaSaturn verbrennt das Firmenvermögen. Wo ist der Unterschied?
    Ggf. hat MediaSaturn den längeren Atem, was das Geld angeht, ein profitables Geschäft wird daraus aber noch lange nicht.

  8. @CF: ich sehe da schon einen Unterschied.
    Ich denke dass Multi/Cross Channel bei den Kunden schon gut angenommen wird. Und Media Markt braucht sich keine Gedanken über einen “Showroom” für seine Ware zu machen – davon gibt es jede Menge.
    (Dagegen sind die 1-2 Läden von Cyberport / Notebooksbilliger und Co nicht erwähnenswert.)
    Die wirklich große Herausforderung liegt meines Erachtens in den Prozessen. Bei allen Multichannel Firmen mit denen ich zu tun hatte, krank es an der übergreifenden Denke. Insbesondere die technischen Voraussetzungen für ein “Traditions-Unternehmen” wie Media Markt, Otto etc. sind meistens nicht gegeben. Eine Flexibilität wie die der Start Ups ist illusorisch.
    Also wenn es jetzt die Dinos schaffen hier die Kurve zu kriegen (dafür reicht aber wohl kaum nur die Frontend-seitige Erneuerung), dann haben sie mit der komfortablen finanziellen Ausstattung und der guten Marke eine Chance. Aber nicht wenn Dir zwischendurch die Artikelnummern ausgehen ;-)

  9. @Markus: Davon, dass die Sache bei Kunden “gut angenommen wird”, wird sie ja nicht profitabler. Multichannel ist auf jeden Fall erst mal teurer und bei Produkten, wo die Margen eh schon im Eimer sind, ist das wenig hilfreich. Plus Du schreibst selber, dass es die etablierten Händler noch schwerer (teurer) haben, Multichannel zu machen, als die neuen Online, die auch Showrooming machen, weil die ihre Prozesse i.d.R. im Griff haben.

  10. Wieviele Filialen wird Media Saturn in fünf bis zehn Jahren haben? – Warum sollte es Media Saturn so wesentlich anders ergehen als BestBuy in den USA oder dem Handel in England:
    “Over the past six months some of Britain’s biggest retailers, including Game, Habitat, Jessops and HMV, have closed their doors” http://www.independent.co.uk/news/uk/this-britain/shopping-its-all-in-the-gender-8547059.html
    Was wird wohl passieren, wenn die Wirtschaftskrise auch den deutschen Handel so richtig erfasst?
    Und wer steht dann besser da – ein Multi-Channel-Händler wie Media Saturn oder ein Online-Händler wie Amazon oder Redcoon?
    Lesenswert sind dazu auch die entsprechenden Passagen in der aktuellen Immobilienstudie der Credit Suisse https://infocus.credit-suisse.com/data/_product_documents/_shop/385986/cs_immobilienstudie_2013_de.pdf (für den Schweizer Markt).

  11. Wenn es um die Profitabilität geht dann sieht das beim Online-Pure-Player sicher besser aus, wenn er die kritische Größe erreicht.
    Aber eine Transformation der alten Dinos in einen Online-Pure-Player ist ein schwieriger Weg. Gut gemachter Crosschannel kann zumindest die Kunden binden und auch profitabel sein (wenn auch nicht so profitabel wie online only).
    Und ja, die großen Händler werden Federn lassen und Läden schliessen müssen. Aber es ist schon ein klasse Einkaufserlebnis wenn die Mitarbeiter in den Filialen Online-geschult sind und dem Kunden Ware aus dem Online-Lager besorgen und nach Hause schicken lassen etc.
    Sagen wir es so: ich würde den größten Erfolg einem schlanken Crosschannel Unternehmen einräumen, dass mit einer straken Marke in jeder Shopping-Laune präsent ist. Im Moment sehe ich dieses Modell aber noch nicht am Markt.

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