Rakuten und die große Ernüchterung auf dem deutschen Markt

„Amazon, wir geben uns geschlagen“, das war die Botschaft, die Rakuten gestern auf der Rakuten-Expo in Berlin vermittelte. In seiner Antrittsrede zerstörte der neue Deutschland-Chef so ziemlich jede Hoffnung, dass Rakuten auf absehbare Zeit eine größere Rolle auf dem deutschen Markt spielen könnte.

rakutenexpo

Bedauerlich war die Standpauke nicht nur für die anwesenden Händler, die ähnlich wie unsereins aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr herauskamen, sondern vor allem auch für das Team und für Produktchef Frank Hümmer, der immerhin verdeutlichen konnte, dass zumindest einer im Führungskreis noch die Sprache der Händler spricht.

Wann will die Führung endlich das Feuer für Rakuten entfachen?

Verblüffend bleibt, wie die Rakuten-Führung auch drei Jahre nach der Übernahme von Tradoria weder den deutschen (Händler-)Markt verstanden hat, der der internationalen Entwicklung nun einmal um Jahre hinterhinkt (siehe auch Exchanges #42: Zur Lage der kleinen Fachhändler), geschweige denn einen wirklichen Draht zu den Händlern aufbauen kann.

Auch wenn Rakuten selber an vorderster Front mit den Amazons und mit den Facebooks dieser Welt mitspielen will und muss (siehe Exchanges Extra: WhatsApp, Viber und die mobile Webwelle), so interessiert das die deutschen (Marktplatz-)Händler herzlich wenig. Für sie geht es in erster Linie darum, wie ihnen Rakuten zusätzlichen Umsatz bringen will. Und genau darauf bekamen sie auch diesmal keine befriedigende Antwort: Wann und wie will die Führung hierzulande endlich das Feuer für Rakuten entfachen?

rakuten2014

Denn unverändert gilt: Der deutsche (Händler-)Markt braucht Alternativen zu Amazon und Ebay. Und nichts wäre prädestinierter als das Rakuten-Modell („Exchanges #9: Rakuten unter der Lupe“).

Dafür müsste man allerdings bereit sein, das Rakuten-Modell auf den deutschen Markt zu übertragen, anstatt dem deutschen Markt ein japanisches Modell aufzupfropfen, das von völlig anderen Voraussetzungen ausgeht.

Offenbar glaubt man bei Rakuten aber immer noch, man habe ein Umsetzungsproblem. Defacto hat man aber ein strategisches Problem.

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1 Antwort

  1. Danke für die offenen Worte. Hoffen wir mal, dass Mikitani oder jemand aus der japanischen Führungsriege eine Übersetzung bekommt. Vielleicht wäre Rakuten besser beraten gewesen in Deutschland auf der grünen Wiese zu starten, als Tradoria aufzukaufen und versuchen umzuwandeln…

  2. Das Scheitern war abzusehen, großspurige Ankündigungen, strategische Fehlausrichtung und v.a. und wohl eine katastrophale Führungskultur (wenn man die einschlägigen Bewertungsportale liest), ich denke das Thema rakuten ist durch, Amazon wird’s freuen

  3. waren dieses 2 verschiedenen veranstaltungen??
    http://info.rakuten.de/infos/deutschland/expo

    Das war die Rakuten EXPO 2014:

    Dank Ihrer zahlreichen Teilnahme war die Rakuten EXPO 2014 in Berlin ein voller Erfolg! Mehr als 400 Besucher haben den Weg ins KOSMOS gefunden um an dem Event für Rakuten Fachhändler, Partner, Interessenten und Experten des E-Commerce teilzunehmen.

    Auch dieses Jahr nutzten unsere Händler mit großer Begeisterung die Möglichkeit, den Gründer und CEO von Rakuten Inc., Hiroshi Mikitani live zu erleben und den neuen Geschäftsführer der Rakuten Deutschland GmbH, Dr. Christian Macht, persönlich kennen zu lernen.

    Für viel positives Feedback sorgte vor allem das facettenreiche Programm der Rakuten EXPO 2014. Die Vorstellung des neuen Marktplatzes, praxisnahe Fachvorträge von Experten der Branche, die Verleihung des Shop of the Year Awards, Blicke über den Tellerrand und nicht zuletzt die EXPOnight – Hier war für jeden Besucher das Richtige dabei!

    • Nein, das eine war die Einschätzung eines unabhängigen Beobachters und das andere ist offizieller Firmensprech. Von daher hätte es mich gewundert, wenn die Einschätzungen gleich gewesen wären. :-)

    • an der Veranstaltung an sich gabs auch nicht allzu viel auszusetzen. Die war professionell organisiert und durchgeführt. Nur eben schade, dass Rakuten die Botschaft nicht rüberbringen konnte.

      Bin aber gespannt auf die Beiträge und Einschätzungen der Kollegen, die die Interviews mit der Geschäftsführung gemacht haben. Die folgen dann sicherlich in den nächsten Tagen.

  4. @juergenh

    Rakuten muss die Veranstaltung selber natürlich als Erfolg kommunizieren.

  5. Die Veranstaltung war kein voller Erfolg. Über 200 Anmeldungen (bezahlt!) lagen am Nachmittag nicht abgeholt am Eingang.

  6. „Wir wollen die Nummer Eins unter den Internet-Marktplätzen in Deutschland werden“, …..die sehr amerikanisch geprägte Ansage des japanischen Gründers Hiroshi Mikitani bei der Übernahme von Tradoria 2012.
    „Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen: wir haben einiges falsch gemacht. Wir haben unsere Versprechen teilweise nicht eingehalten“, so übt sich der Anfang des Jahres angetretenen deutschen Geschäftsführers Macht.2014 in der Kunst des japanischen Shazai (Entschuldigung),

    “Amazon, wir geben uns geschlagen” so die sehr deutsche Polemik des interkulturellen Gemengelages des (obwohl wahrscheinlich bezahlten?) Rakuten-Expo-Podiums-Diskussions-Teilnehmers Jochen Krisch, so auch kolportiert von seinem Co-Autor Matthias Hell in Channelpartner und wiedergegeben in zahlreichen anderen deutschen Medien zum Thema eCommerce.

    Tatsache ist: Rakuten ist nach wie vor relativ neu und unbekannt im deutschen Markt.
    Amazon und eBay haben einige Jahre Vorsprung die es, neben anderen Herausforderungen (vor allem technischen), aufzuholen gilt.
    Der wahrscheinlich größte Verdienst von Hiroshi Mikitani wird es sein, das er der Welt gezeigt hat, das es kulturelle Alternativen zu den angelsächsischen Methoden des nach absoluten Monopolen strebenden Systems (Amazons) gibt…..aber auch diese Vormachtstellung(en) wird in wettbewerbs-intensiven Gesellschaften (hoffentlich) nicht von Dauer sein.

    Das echte Scheitern ist es allerdings, das Europa der amerikanischen kulturellen Dominanz keine europäische Position entgegensetzt (bspw. Verbundgruppen 2.0), anstelle dessen wird aus der Position des Zuschauers polemisiert, geätzt und gejammert.

    • Ja, es ist traurig dass der deutsche Online-Markt von amerikanischen und bald auch asiatischen Unternehmen dominiert wird.

      Noch trauriger, da die Ursache darin zu finden ist, dass deutsche und europäische Unternehmen, die das Geld und die Möglichkeiten gehabt hätten es einfach verschlafen haben oder zu ängstlich waren oder auch ganz einfach zu arrogant oder alles Drei zusammen.

      Aber Rakuten hat die Häme durchaus verdient, wurde ihnen doch zu Beginn mit viel Wohlwollen entgegengetreten. Aber wie schon erwähnt, haben sie – genauso wie es USA meist zu Recht immer vorgehalten wird übrigens – gedacht sie müssten es einfach so machen wie bei sich Zuhause, dann läuft das auch in Deutschland.

      Dass hierzulande dieses Superpunkte-Gedöns nicht funktionieren wird, war doch völlig klar. Und wenn sie ihren Händlern von heute auf morgen „doppelte“ Gebühren aufhalsen und ihnen auch sonst zu verstehen geben, dass sie lediglich Steigbügelhalter zum Kohle machen sind, ist doch klar dass die keine Lust mehr haben und entweder aufhören zu verkaufen oder halt die Preise auf dem Marktplatz einfach erhöhen. Was zur Folge hat, dass der Marktplatz für Endkunden immer unattraktiver wird. Und dadurch auch für Händler und so weiter und so weiter.

      Letztlich sind sie also vor allem an ihrer Arroganz gescheitert und da ist Häme ein durchaus gerechter Lohn.

      • Ich wundere mich, das die deutschen Unternemen in diesem Segment so wenig Aufmerksamkeit erfahren: Payback, webmiles und Deutschlandcard sowie Mein Paket und Ladenzeile haben zusammen erhebliches Umsatzpotential (Ich schätze die zusammen auf ca. 1 Mrd. Außenhandelumsatz).
        Das „Superpunkte Gedöns“ funktioniert in Deutschland übrigens super. Über 85% der Deutschen nehmen an einem Bonusprogramm teil.

        Das Problem von Rakuten sind nicht die Superpunkte sondern:
        Keine konkurrenzfähigen Preise und Produkte, keine Brands bei den Händlern, keine Reichweite weil kein attraktives Angebot und dann auch kein Marketing, keine Weiterempfehlung …

  7. >>> kulturellen Dominanz keine europäische Position entgegensetzt (bspw. Verbundgruppen 2.0)

    So isset!

  8. Ebay schröpft Händler, Amazon macht sie zu Sklaven, und Rakuten weiß nicht, was es will. Meinpaket (und generell die deutschen Portale)? OH GOTTOGOTTOGOTT! (Und das sagt ein Atheist!)
    Meinpaket ist der Gipfel des Möchtegern-Gehabes. Während unserer 2 Jahre bei Meinpaket gab es Ärger ohne Ende: Datenbanken wurden nicht aktualisiert, Bestellungen liefen mal bei Afterbuy ein und mal nicht, Bilder waren mal da und mal nicht, alleine der nette telefonische… na ja, Support kann man nicht sagen, das waren eben die üblichen Leute im Call-Center… alleine das und die phantasievollen Entschuldigungen haben uns davon abgehalten GLEICH zu kündigen. So ging das erste Jahr vorbei. Das 2. Jahr war geprägt von massivem „Support“-Abbau, Vetröstungen bei Problemen (nicht mehr so phantasievoll wie am Anfang) und am Ende totalem Schweigen bei Problemen. Was dann das Fass zum Überlaufen brachte: Ein Kunde beschwerte sich (bei Meinpaket) über irgendeine Kleinigkeit, woraufhin SOFORT der „Support“ bei mir angerufen und rumgenörgelt hat. Ich habe dann noch während des Telefonats meine Kündigung ausgesprochen. Es geht nicht an, dass technische Probleme monatelang unkommentiert bleiben, aber wegen 5 Euro eines Kunden, der zu blöd war, eine korrekte Adresse anzugeben, ein Händler eine halbe Stunde lang zur Sau gemacht wird. Nach 4 Briefen an verschiedene Adressen, 3 Faxen an verschiedene Nummern und unzähligen Mails und Anrufen wurde nach 4 Monaten tatsächlich die Kündigung bestätigt…
    Nicht nur deswegen kann ich keinem Händler raten, zu Meinpaket zu gehen. Die Verkäufe waren miserabel, selbst wenn man Artikel, die normalerweise 20 Euro gekostet haben, für 5 Euro angeboten hat, wurde das erst nach 4 Wochen durch die liebe Kundschaft bemerkt (SEO? was iss’n das? Preissuchmaschine? Nie gehört!).
    Und jetzt stellt hier jemand die Frage, warum „die Deutschen“ es nicht hinkriegen!
    Ja, das ist ganz einfach: Bürokratie trifft auf Traditionsbewusstsein, modernes Management auf Outsourcing, Kostenersparnis auf die coolen Sprückeklopfer aus den Werbeabteilungen. Von allem nimmt man das Schlechteste, fertig ist sowas wie Meinpaket.
    Gegenbeispiele gibt es auch. Da wäre z.B. Markt.de. Obwohl – da verkauft sich auch nichts… Die Kunden siond von Amazons und Ebays Werbung so eingelullt, dass man diesen Läden wohl oder übel die Weltherrschaft überlassen muss.

  9. kein wunder, wenn man es kurz und einfach ausdrückt, sind die preise bei den rakuten händlern einfach viel zu hoch.

    warum sollte ich als kunde bei rakuten kaufen, wenn viele dinge 15% aufschlag oder mehr kosten als bei amazon&co?

    die punkte interessieren die leute nicht, die menschen sehen die preise beim kauf.

    und selbst mit den superpunkten bleiben die meisten artikel, abgesehen von einem sale, einfach überteuert.

  10. Also meine Preise bei Rakuten sind die gleichen wie bei Ebay und trotzdem , seit dem Wechsel von Tradoria zu Rakuten geht nicht mehr viel. DIe Umsätze sind nur noch so hoch wie in den ersten Monaten bei Tradoria , dort stiegen sie aber stätig bis zum Wechsel zu Rakuten . Seit dem sinken sie wieder und im letzten Monat war es so viel wie im ersten Monaten bei Tradoria und das war noch nicht mal ein voller Monat . Ja Globalisierung heisst es in der Führungsebene. Aber von meinen Kunden vielen Kunden kennt niemand Rakuten . 2010 gab es Werbung im Fernsehen , nirgendwo Werbung. Was nützt da Globalisierung wenn niemand sie kennt . Und Japaner, Chinesen , Amerikaner kaufen recht selten bei mir.
    Schade das die Gründer von Tradoria verkauft haben aber bei soviel Geld hätte ich auch nicht nein gesagt.

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