Was Zalando den Verbandszahlen entgegensetzt

„Wachstum im interaktiven Handel bricht ein“, der „Online-Handel wächst weniger rasant“, der „Onlinehandel schwächelt“, etc. – das ist das Bild, das die Handelsverbände der Öffentlichkeit derzeit gerne vermitteln möchten.

Umso skeptischer sollte man die Verbandszahlen (und ihre Interpretationen) aktuell betrachten, die zunehmend ungenierter Stimmung gegen Online-Spezialisten machen und dabei versuchen ihrer angestammten Klientel nach dem Mund zu reden. Und die nimmt den Ball natürlich gerne auf („Zur aktuellen Marktlage im deutschen Online-Handel“):

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„Ausgerechnet bei Fashion und Schuhen waren die deutschen Verbraucher im vergangenen Jahr sehr zurückhaltend.

Laut bevh ist das Bekleidungssortiment von 11,6 Mrd. Euro auf 11,9 Mrd. Euro, also um nur 2,6 Prozent, gewachsen.

Ich betrachte die aktuelle Marktlage als Wendepunkt, denn Online-Händler müssen sich nun beweisen und Antworten auf die wesentlichen Fragen finden.“

Interessanterweise haben Online-Händler im Mode-Bereich aber gar kein Problem bzw. sich längst bewiesen (siehe die Zahlen von Zalando oder auch die von Stylefruits & Co.):

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Wenn jemand das Wachstum im Versandhandel gerade bremst, dann sind es Otto und andere Multi-Channler, die ihr Online-Geschäft nicht in den Griff bekommen und ihre schwache Performance 2014 auf das Wetter schieben.

Ganz so, als ob es kein Zalando & Co. gäbe, die zeigen, was der Markt hergibt („Zalando wächst im DACH-Raum auf 1,234 Mrd. Euro (+17%)“):

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Die Zahlen des b(e)vh sind weiter mit extremer Vorsicht zu genießen. Nach dem Debakel von 2013 („Wenn der b(e)vh für den E-Commerce schwarz sieht“) hat der „Otto-Verband“ seine Erhebungen noch nicht vollends im Griff.

Was ihn aber nicht hindert, mit seinen gewohnt abenteuerlichen Einschätzungen („Bewegtes Jahr 2014 für Online- und Versandhandel“, siehe auch die entsprechenden Anhänge) an die Öffentlichkeit zu gehen.

Man kann gespannt sein, wie lange die Verbände noch damit durchkommen („Verbände wie der Börsenverein des deutschen Buchhandels bejubeln selbst minimale Umsatzzuwächse zulasten des E-Commerce als große Erfolge und Trendwende“)

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Kategorien:Samwer Report, Ultimondo

1 Antwort

  1. Danke für den Beitrag! Dieses Problem finden wir doch auch in der Möbel-Branche. Die Verbände probieren ihre Mitglieder zu beruhigen, indem sie Ihnen erläutern, dass doch niemand Möbel online kauft. Sicherlich sind die Online-Umsätze im Vergleich zu den stationär getätigten Umsätzen nur ein Bruchteil des Marktes (bspw. lt. EHI <7%), aber dieser kommt gerade erst so richtig in Fahrt. Gerne wird den Mitgliedern dann auch berichtet, dass niemand online Möbel kaufen möchte und ein "online Schaufenster" reicht. Schließlich würde sich der Kunde ja nur informieren und seinen Weg weiterhin bis in die stationäre Filiale machen. Das bereinigte Flächenwachstum der stationär geprägten Händler spricht da allerdings eine andere Sprache. Stagnation auf der Fläche und Wachstum im eCommerce.

  2. Man darf beim Online-Wachstum aber auch nicht vergessen, dass er sehr teuer erkauft wurde! Der stationäre Handel hat keine Rieseninvestoren, die erst einmal über Jahre Millarden in den Markt pumpen um zu schauen, ob die Läden rentabel sind.
    Was am Ende an Online-Umsätzen überbleibt, der dann auch nachhaltig Gewinne abwirft, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier.

    • Sehr guter Einwand, Kai!

    • Wer hindert ein Görtz & Co. daran, aggressiv Werbung zu machen? Ich denke eher, dass dort der Zug abgefahren ist. So wie man stationäre Marken vor geraumer Zeit bekannt gemacht hat läuft es eben nun auch im Onlinehandel. Das muss aber nicht heißen, dass Onlinehandel untergeht, wenn die Werbung wegfällt. Siehe auch Zalando steigender Umsatz bei sinkenden Marketingkosten.

  3. 25% Einbruch beim Buch? Ich habe deshalb beim bevh nachgelesen und musste schmunzeln: man kann es nicht erklären. Unfassbar.

  4. Görtz hindert das Rentabilitätsdenken daran. Warum Geld verbrennen, wenn sie aus jahrelanger Erfahrung wissen, dass das Investment in Werbung nicht den nötigen Gewinn abwerfen wird.
    Bei vielen Online-Firmen ist die Denke eine ganz andere. Da investieren externe Investoren Millarden in das Unternehmen in der Hoffnung, dass es so schnell wie möglich eine relevante Marktgröße erreicht um dann gewinnbringend verkauft zu werden (Exit). Genau aus solchen Überlegungen ist auch damals ein Zalando entstanden (Stichwort Zappos). Das es nun nur über den Börsengang ging, die Investoren glücklich zu machen, war ein notwendiges Übel. Wobei man hier wirklich von „Schrei vor“ Glück sprechen muss, dass die aktuell historisch einmaligen Möglichkeiten des Börsengangs (Bombastische Wirtschaft in Deutschland, historisch niedrige Zinsen, extreme liquide Mittel im Markt und keine alternativen Investmentmöglichkeiten) den Samwers stark in die Karten gespielt hat.

    Aber weg von der Zalando-Story, gibt sicherlich sehr gute Online-Unternehmen, die eine dauerhafte Existenzberechtigung haben und weiter wachsen werden. Nur darf man eben nicht vergessen, dass der Großteil des Online-Umsatzes von wenigen Firmen wie Amazon, Ebay und Co erwirtschaftet werden und es gerade für die kleinen Player ohne externes Geld zukünftig sehr schwer werden wird.

    • Also würdest du dein Geld in die Metro Aktie (sehr zurückhaltend bei der Werbung) stecken und nicht in die Zalando Akte, richtig?

      • Ich würde bei dem aktuellen Dax-Stand weder in das eine noch in das andere investieren. Zumindest nicht, wenn mein Anlagehorizont nicht sehr langfristig angelegt ist.

        Aktienkurse sind ja gerade bei den Internetaktien nicht auf rationale Werte zu begründen. Bei der Metro habe ich feste Zahlen, feste Gewinne, eine Historie etc. Aber Zalando ist nicht wegen den hervorragenden Zahlen mit fast 6 Mrd. Euro bewertet, sondern viel mehr aufgrund der Fantasie und der Hoffnung, dass dieses Unternehmen einmal den Markt umkrempeln wird.
        Werte wie KGV etc sind bei den meisten Internetaktien vollkommen irrelevant.

        Ich glaube an den Online-Handel, nicht das ich falsch verstanden werde. Ich selbst lebe davon seit Jahren ziemlich gut. Nur finde ich diese Schwarz-Weiß-Denke, die oftmals hier publiziert wird, als falsch. Es wird meiner Meinung nach noch lange lange Zeit ein nebeneinander zwischen Online und Offline geben, das eine kann nicht ohne das andere. Und es wird Produkte und Dienstleistungen geben, die auch in ferner Zukunft primär Offline stattfinden werden. Allein aus dem Grund der sozialen Verarmung, die Leute brauchen und wollen Kontakt zu ihren Mitmenschen, Einkaufserlebnisse etc.

  5. Find es ehrlich gesagt Quatsch, die allgemeine Kritik an solchen Verbandspublikationen jetzt an einer einzelnen Pressemeldung fest zu machen.
    Den e-commerce Spezies bei Otto ist doch auch klar, dass man sich verschiedene Studien anschauen muss und auch sehen muss, wie insbesondere dieser bevh seine „Daten“ erhebt. Mit einer Umfrage, so so. Denke wenn du dir Tendenzen anschaust, konzentrieren sich Kunden auf ihre 3-4 Shops, bei denen sie oft einkaufen und eine verlässliche Kundenbasis bilden. Und gerade mit geographischer Expansion und so weiter und sofort sind ja für gute Player auch gute Wachstumsraten drin. Aber doch nicht für die Mehrheit, glaube dass das irgendwie der Aufhänger sein sollte. Und nicht eine Einordnung der bevh zahlen in weniger als 20 Zeilen in einer Stellungnahme.

    Vom Gefühl her hat Jochen natürlich recht, aber ich glaube wenn man den Otto Leuten genug Platz in nem Blog einräumen würde, würden die auch differenzierter antworten. Wenn man EC über einen längeren Zeitraum verfolgt, kann man schon auf die Idee kommen, das gern mal der große Kasten aus Hamburg schlechter weg kommt als nötig :-). Außer vlt das Collins Ding.

    Fakt bleibt ja, das gerade die bevh Veröffentlichung befremdet, wenn man irgendwo im großen Rahmen ipp herum springt.

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