Wenn der Online-Handel dermaßen boomt (“Der Online-Handel und die Zahlenpolitik des b(e)vh”), dann kann das für den stationären Handel nicht ohne Folgen bleiben. Vor allem bei den Schuh- und Modefilialisten bröckelt es weiter gewaltig (“Läden schließen”). Profashionals versucht, den Überblick zu behalten:
“Einen Laden zu eröffnen, hat mit Einzelhandel so viel zu tun wie die Hochzeit mit der Ehe. Diese Erfahrung machen gerade eine ganze Reihe großer Player in unserem Markt. Gerry Weber, Hugo Boss, Tom Tailor, S.Oliver, Esprit – alle sind sie zurzeit dabei, ihre Ladennetze zu bereinigen. Der jüngste Fall ist Adidas: Der ambitionierte Aufbau eines Fast Fashion-Formats ist gescheitert, alle 16 europäischen Neo-Stores werden geschlossen.
Nicht nur die Direktvertriebsaktivitäten der Industrie haben einen Dämpfer bekommen. Auch etliche Retailer hat der Umsatzeinbruch der vergangenen Monate in Schieflage gebracht: Zero (über 120 Filialen) ist insolvent, Caro (45 Stores) in Emsdetten pleite, Charlys Modetreff (31 Läden) in Fuldabrück ebenso.
Bei Bonprix läuft ein Schließungsprogramm. Promod hat angekündigt, international 180 Läden dichtmachen zu wollen. Lokale Schuhfilialisten wie Mengin in Erlangen (12 Läden) und Raab in München (15 Filialen) mussten den Gang zum Amtsgericht antreten.”
Kaum jemand, der aktuell nicht zum Verkauf stünde. Reno hat gerade – wie zuvor schon Mexx – einen Retter in der Türkei gefunden (“Auch Reno findet einen Retter vor dem Online-Handel”). Großhändler Steilmann ist erst an die Börse, dann in die Pleite.
Der BTE (Bundesverband des Textileinzelhandels) hat seine Unterlagen des Niedergangs diesmal gar nicht mehr online gestellt. Den Vorjahresstand finden Interessierte u.a. in den K5 Marktausblicken 2025 (siehe oben).
Frühere Beiträge zum Thema:
- Auch Reno findet einen Retter vor dem Online-Handel
- Esprit über die neue E-Commerce-Strategie und das Friends-Programm
- Wie Triumph von Amazon und Zalando profitieren will
- Exchanges #135: Der Ruf des IFH/ECC Köln
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Krass!
Eines der Hauptprobleme ist, dass sich die großen Marken zu sehr von ihren Kunden entfernt haben, und glauben, dass man in Selbstherrlichkeit den Markt aufteilen kann. Es fehlen Unternehmer geführte Hersteller bzw. Vertreiber. In Kapitalgesellschaften wird Hauptaugenmerk auf die Dividende gelegt und diese soll unpersönlich eingefahren werden. Die Endverkäufer werden quasi durch Kooperationsmodelle entmündigt. Dies ist in Zeiten mehr und mehr gesättigter Märkte nicht durchsetzbar.
Wenn man glaubt, nachdem man über unternehmerische Leistung den Markt mit gutem Preis Leistungsverhältnis erobert hat, wobei die Dividenden überschaulich ausgefallen sind, werden zu Lasten der Dividende, Qualitäten heruntergefahren und durch Knebelverträge Mindestabnahmen vorgeschrieben.
Hinzu kommt, dass Alle dann in allen Feldern von Kosmetik über Brillen und zumindest den naheliegenden Schuhen alles unter ihrem Brand anbieten, wobei gerade bei Schuhen stümperhaft und unqualifiziert ein Angebot erstellt wird. Ganz schlimm Gerry Weber mit seinem Schuhangebot, dass eher geschnitzt als fachlich hergestellt wirkt, oder Hilfiger mit qualitativem Massenschuhwerk aber zu überzogenen Preisen agiert, Alles mit wenig Fachkompetenz und mit geringstem Aufwand. Das kann nur scheitern.
Die vertriebsmanager führen sich auf wie sogenannte Herrenmenschen, die ihren Kunden die Gnade der Audienz gewähren ( gutes Beispiel BASLER , inzwischen konkurs ).