Wenn man sich mal bei den Shoppingclubs umhört (wie zuletzt auf der K5, aber auch international bei Gilt & Co), dann spürt man – jenseits von Vente-Privée zumindest – eine zunehmendes Maß an Verzweiflung.
Viele werden sich und ihrem Geschäftsmodell untreu, wohl weniger, weil das Clubmodell per se nicht funktioniert, sondern weil sie sich einreden (lassen), dass E-Commerce so ganz ohne SEO & Co. doch nichts sein könne: Was einem da an Traffic und an Umsatz entgehe!
Da werden dann also wahlweise Outlets eröffnet (was ein absolutes No-Go sein sollte für einen Shoppingclub, der etwas auf sich hält), Shops mit festen Sortimenten eingeführt oder sonstige Stunts vollbracht, um an Google-Traffic zu kommen.
Allen Shoppingclub-Nachahmern und Besserwissern sei deshalb immer mal wieder dieses legendäre Interview mit dem Vente-Privée-Gründer ans Herz gelegt:
"And we can't buy traffic. It's impossible to buy traffic! What does it matter if someone comes into your shop? What you need to understand is why he comes into your shop!
Hundreds of millions of dollars of VC money aren't going to change that."
Dort lästert er auch sehr schön über Amazon, Gilt & Co.:
"And when Gilt says they're going to open new verticals, and open full-price e-commerce sites, they're becoming just another e-commerce company.
Are we doing that?
No, we're about something else. We're about doing something special.
What we want is for something to happen every day that's so special that people come. And with those daily events, we create an addiction.
We don't do e-commerce, we do events."
Dass sie sich im Eventgeschäft befinden, scheinen manche Shoppingclubbetreiber zunehmend zu vergessen.
Markafoni-Chef Sina Afra hat einen schönen Überblick über die Themen, die die Shoppingclubs momentan bewegen ("Takeaways from the Flash Sales conference in India"). Vor einem Jahr fand das Treffen in Istanbul statt
Bei Investoren sind Shoppingclubs (bzw. das, was sie darin sehen wollen) aber nach wie vor sehr beliebt, speziell in Nischensegmenten (Verticals):
- So hat Shoppingclub-Spätzünder Accel Partners diese Woche mit anderen 30 Mio. Dollar in Lot18 ("Wein und Delikatessen") gesteckt. Das deutsche Pendant Wine-in-Black wird laut Deutsche Startups von eVenture Partners (Otto) und anderen finanziert (siehe auch Die neuen Weinportale)
- One Kings Lane, das Vorbild für Westwing, Casacanda & Co., hat in diesem Sommer weitere 40 Mio. Dollar bekommen.
- Und auch Zulily ("Eltern und Kinder") konnte sich in diesem Sommer über eine Kapitalspritze von 43 Mio. Dollar freuen
Die größten Runden konnten in diesem Jahr mit 55 Mio. Dollar KupVIP in Russland und mit 138 Mio. Dollar Gilt Groupe in den USA vermelden.
Hierzulande haben zuletzt neben Westwing und Wine-in-Black u.a. MySportsBrand und Pauldirekt Kapitalrunden im mittleren siebenstelligen Bereich erhalten – und das, nachdem man dachte, dass der Markt für Shoppingclubs nach dem (Aus-)Verkauf von BuyVIP und Brands4Friends schon tot ist.
Frühere Beiträge zum Thema:
- Vente-Privée: "Wir haben 150 Mio. Euro in der Kasse"
- Auch Markafoni wird Teil von Naspers globalem Shoppingclub Netzwerk
- Vente-Privée-Interview: "All they can think of is deals!"
- Holtzbrinck, Westwing und der Markt für Shoppingclubs
Kategorien:Live Shopping, Shopboerse, Vente Privee
Dem bleibt anzufügen, dass der mit viel Lärm angekündigte Outlet-Store vom grössten CH-Shoppingclub Fashionfriends.ch in Luzern vor Kurzem wieder geschlossen wurde.
Dafür hat fashionfriends.ch letzte Woche einen “traditionellen” Spielwaren-Laden eröffnet. http://quaps.fashionfriends.ch
Das Problem ist, dass die SCs durch genau dieses viele VC zum extremen Wachstum gezwungen werden. Das, was VP macht, ist ueber eine gewisse Zeit gewachsen und in der haben sie alles richtig gemacht und haben daher jetzt genuegend Geld, dass sie auf VC nicht angewiesen sind und daher sich in ihr Geschaeft auch nicht reinquatschen lassen muessen. Das ist bei allen anderen nicht so. Deswegen wird man panisch und verlaesst den richtigen Pfad. Dazu kommt, dass das Sourcing auch zunehmend schwieriger wird.
Stimmt, ich denke auch das das Sourcing einfach zu schwierig wird.
selbst wenn, niemand ist ja gezwungen einen Shoppingclub aufzumachen. Das Geschäftsmodell zu verwässern ist jedenfalls nicht die Lösung.
Wenn man alles mögliche neben dem eigentlichen Businessmodell versucht und Ende nichts mehr richtig macht spricht es weder für den Glauben an die eigene Grundidee und deren Stärke noch für den Glauben der VC’s an die Gründer. Am Ende dreht sich wieder nur alles um den günstigsten Preis und das kann es doch nicht sein.
“selbst wenn, niemand ist ja gezwungen einen Shoppingclub aufzumachen. Das Geschäftsmodell zu verwässern ist jedenfalls nicht die Lösung.”
Naja, man kann es auch eine Anpassung nennen, der man sich auch nicht immer verwehren darf. Letztendlich muß man sehen wo man am profitabelsten arbeiten kann. Man kann ja nicht stur sein Konzept verfolgen, wenn es nichts einbringt. Der Markt für Shoppingclubs ist nunmal begrenzt, denn nicht viele Leute haben Lust sich erstmal anmelden zu müssen um dann zu sehen was angeboten wird wenn man bei Amazon direkt das bekommt was man haben möchte.
Stimmt schon, aber ein (schäbiges) Outlet ist so ziemlich das genaue Gegenteil eines (exklusiven) Shoppingclubs. Das geht einfach strategisch nicht zusammen. Da muss man sich eben entscheiden, welchen Weg man gehen will.
Overstock ist auch in die Shoppingclubfalle getappt
http://allthingsd.com/20111106/o-co-shutters-at-least-three-businesses-as-it-questions-new-commerce-models/
Hier noch eine lesenswerte Gegenposition
http://mode-und-schuhe.blogspot.com/2011/11/shoppingclubs-teil-3-vente-privee.html
Gut, “schäbig” war vielleicht das falsche Wort, gemeint war “ramschig”
Anzumerken wäre, dass Vente-Privée online keine Outlets betreibt, zumindest keine, die mit VP in Verbindung gebracht werden können.
Der Kollege von mode-und-schuhe hat recht. VP ist sicherlich ein schlechter Vergleich, wenn sie a) den kompletten Gewinn unter ganz anderen Rahmenbedingungen machen und b) nicht VC getrieben sind.
Klar, dass die darueber hinaus natuerlich auch noch fast alles richtig gemacht haben und der First-Mover waren.
Wenn man das Geschaeftsmodell (“Exklusivitaet”) ernst nimmt und konsequent durchzieht, duerfte explosionsartiges Wachstum nicht drin sein.
Die Frage ist doch: Sind Shopping-Clubs überhaupt etwas besonderes? Marken-Produkte werden dort günstiger angeboten. Aber würden sich diese Produkte nicht über “normale” Shops oder über Ebay ebenfalls verkaufen lassen. Mir ist mindestens ein Fall bekannt, bei dem Ware von Vent-Privee zu einem höheren Preis bei Ebay weiterverkauft werden konnte. Sind es nicht gerade wieder die günstigen Preise, die das Modell so attraktiv machen?
Die andere Frage: Ist da Wachstum nicht ohnehin begrenzt, da über solche Clubs nur Restbestände verkauft werden? Marken-Hersteller werden kaum Ihre neue Kollektion dort verramschen.
Ich sehe da irgenwie auch keinen wirklichen Unterschied zwischen “Outlet” und “Shopping-Club”. Eine limitierte Anzahl an Restposten, Jahresware werden zu günstigen Konditionen verkauft, veramscht oder was auch immer.
Ist doch heutzutage kein besonders innovatives Modell mehr. Das einzige, was doch “exklusiv” und anders ist, ist der Nutzerkreis bei Club. Das sehe ich aber eher als Kundenbindungsmittel, während ich über den Outlet Channel dann auch Sachen an andere Kunden loswerde, die im Club nicht laufen. Glaube nicht, dass Outlets als so negativ gesehen werden, es ist eher ein anderes Klientel was da angesprochen wird. Die Kunden in den Hugo Boss Flagstores werden auch nicht immer noch den Weg ins Outlet nehmen.
Das nennt sich Illusion oder Marketing :-) Klar sind Shoppings Clubs einfach nur Outlets aber anders verpackt. Durch scheinbare Exklusivität (die niemals vorhanden war, Stichwort limitierter Zugang) und “aufwendig” aufbereitete Produktpräsentationen wird dem Nutzer suggeriert er sei Teil einer ganz besonderen Clique. Das in Verbindung mit Schnäppchen stimuliert wesentliche Reizzentren im Hirn der Leute und die Falle schnappt zu.
Ich denke wenn man klassische Offline Outlets mit einem entsprechenden Eventcharacter versieht würden die ihren ramschigen Ruf auch loswerden.
Oder anders gesagt: Hugo Boss eröffnet sein Outlet ja auch nicht als Teil seines Flagshipstores. Online ist das aber gang und gäbe.
Nichts gegen Outlets. Gut gemacht (s. Dress-for-less & Co.) kann das auch ein valides Geschäftsmodell sein, aber eben nicht als Teil eines Shoppingclubs.
Anmerkung: Shopping-Clubs basieren auf dem Vertriebsmodel, dass Ware zu reduzierten Preisen nur kurzfristig(!) verfügbar ist. Dies führt zum “Run” bei den Endkunden und zur Akzeptanz bei den Marken. Outlets benötigen ganz andere Rahmenbedingungen.
Andre: “Ich denke wenn man klassische Offline Outlets mit einem entsprechenden Eventcharacter versieht würden die ihren ramschigen Ruf auch loswerden.”
Sehr gut. Denke ich auch. Dort lassen sich wunderbar die Vorteile von Netztechnologien, selektiver Wahrnehmung (Illusion) und Offline Eventstimuli zu einem Shopping Bonbon(chen) mergen.*
Neue/r Jobbezeichnung/Jobtitel für diese/n Projektverantwortliche/n oder besser Master of Ceremonies: MC RamschDeluxe (offline/online)
*(Die DIN-A4 Seite wurde schon quergelegt und das ist ohne Augenzwinkern gemeint)
Die Frage ist doch wie die Shopping-Clubs mit den Restanten umgehen. Ist es besser wenn vente-privee den ganzen Sommer einen Sale mit wenigen Stückzahlen macht oder wenn brands4friends ein Outlet im Shopping-Club eröffnet? Das finde ich für den Abverkauf OK.
Nicht so gut ist sicherlich brands4friends bei eBay, das offene Limango Outlet, die direkte Lounge Integration bei Zalando.