Die About You Ziele zwischen Handels- und Plattformwelt

Mit einem Marktplatzanteil von 45% (“Wie sich About You künftigen Kapitalgebern präsentiert”) hat About You mehr noch als Zalando (“Wie Zalando von 5 Mrd. Euro auf 10 Mrd. Euro wachsen will”) das Problem, dass die Netto-Umsätze von 135 Mio. Euro (= Handelsumsätze plus Marktplatzprovisionen) zu kurz greifen und weist deshalb Investoren gegenüber zusätzlich das Handelsvolumen (GMV) von 350 Mio. Euro aus:

In der Kundenbewertung ist in den Pitch-Unterlagen (PDF) die Zalando/Florian-Heinemann-Schule unverkennbar: 25 Euro lässt sich About You die durchschnittliche Neukundin kosten, die im ersten Jahr einen Deckungsbeitrag von 34 Euro und im zweiten Jahr von weiteren 17 Euro bringt:

In 5 Jahren möchte About You Netto-Umsätze von mindestens 1 Mrd. Euro erzielen.

Auch Zalando hat kürzlich erst auf dem Kapitalmarkttag beschrieben, wie es sich künftig bewerten lassen will, wenn der Marktplatzanteil in den zweistelligen Prozentbereich steigt.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Collins, Shopboerse

  1. Mmhh. Nach 2 Jahren hat ein Neukunde seine Akquisition-Costs wieder eingespielt? Das heisst erst >2 Jahren ist er profitabel? Wieso werden in 360 Tagen nur 1,4 Bestellungen und in 720 Tagen nur 1,2 Bestellungen angenommen? Interpretiere ich hier was falsch? Das kommt mir für einen Fashion-Laden, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, zu inspirieren, extrem wenig vor. Oder wie seht Ihr das?

    • Wie das Chart sehr schön zeigt, sind Neukunden im Schnitt nach 360 Tagen “profitabel” (=DB-positiv), nach zwei Jahren haben sie DB-seitig das Doppelte der Akquisitionskosten eingespielt.

      Alle Kohorten, die About You beim Pressetag gezeigt hat, wiesen im Bestellverhalten nach oben. Kunden die About You 2015 und 2016 gewonnen hat, bestellen tendenziell häufiger als 2014er Kunden.

      In jedem Fall sollte man bei der Kundensicht berücksichtigen, dass About You gerade erst sein Dreijähriges gefeiert hat und erst zwei volle Geschäftsjahre hinter sich hat.

      Und generell handelt sich hier natürlich um Pitch-Unterlagen, mit denen sich About You im besten Licht präsentiert.

      Spannend finde ich vor allem die Herangehensweise, die ja leider immer noch nicht branchenüblich ist.

    • Im Chart steht ganz klar, dass die erste Order 14 Euro contribution margin bringt und dann in den folgenden 359 Tagen nochmal 20 Euro dazu kommen. Im ersten Jahr ist der Kunde also schon profitabel.

      Die Orderfrequenz ist leicht abnehmend: 1,4 Orders im Schnitt im ersten Jahr lifetime, dann 1,2 Orders im zweiten Jahr.

      @Jochen: im Text oben steht fälschlicherweise noch was von 9 Euro Deckungsbeitrag im ersten Jahr.

  2. Das von About You verwendete Modell nimmt die Marketing spendings per period und teilt sie durch die new customers same period. Dabei ergeben sich 25 Euro pro Neukunde Marketing Kosten. Ich verstehe es so, dass es sich um alle Marketing Spendings handelt (ggf sogar incluse der nicht-digitalen Kanäle).

    Das Model ignoriert den Effekt, dass ein beträchtlicher Teil der Marketing Spendings Bestandskunden sinnvollerweise zum Wiederkauf aktiviert (zum Bsp insbesondere alle Retargeting Aktivitäten). Das führt rechnerisch zu dem Effekt, das ein wiederkaufender Neukunde in dem Model nicht als positiv erscheint, je höher der Anteil der aktivierten Bestandskunden in Relation zu den Neukunden, desto höher werden die Aquise Kosten pro Neukunde.

    Hiesse im Umkehrschluss, dass die Steuerung der Marketing Kanäle möglichst wenig Bestandskunden erreichen sollte, damit der Neukunden cost-per-order möglichst hoch bleibt. Ein komplettes Nichtnutzen des Retargetings wäre damit rein aus KPI Sicht förderlich für das Model. Ich wage aber zu bezweifeln, dass es aus Business Sicht Sinn machen würde, dieses LowCost CpO Medium nicht aggressiv zu nutzen.

    Bleibt die Frage: wenn dieses Model die Neukunden Kosten einseitig darstellt, da es den Bestandskunden Effekt komplett ignoriert, welches Model wäre dann das richtige?

    • Hi Jürgen,

      grundsätzlich gebe ich Dir recht. Das Modell bietet sich aus diversen Gründen nur bedingt für die operative Steuerung an. Es dient hier eher dem Zweck Dritten ohne große Komplexität ein Bild darüber zu vermitteln, ob sich die Investitionen in Neukunden überhaupt lohnen und eine Vergleichbarkeit zwischen Geschäftsmodellen zu schaffen die verhältnismäßig simpel und gleichzeitig relativ genau ist.

      Für die operative Steuerung haben wir ein deutlich komplexeres Modell, welches nicht einseitig die Neukundenakquise, sondern auch die Bestandskundenreaktivierung incentiviert und auch noch mal diverse weitere Dimensionen betrachtet.

  3. Hallo Tarek,
    besten dank- das dachte ich mir eigentlich schon. Da das Thema Neukunden-Rentablität im Online Marketing mir derzeit zu Denken gibt, erlaube mir,etwas nachzufassen:

    Ein nennenswerter Teil der Neukunden dürfte nicht über Online Marketing trackbar sein, platziert also die erste Order, ohne das ein Attributionsmodel diese Order spezifischen Werbemassnahmen direkt- oder indirekt in der Customer Journey zuordnen kann.

    Ordne ich diese Neukunden, wie in eurer vereinfachten Darstellung als Erfolg dem Online Marketing zu, ergeben sich Neukunden Aquise Kosten , die sich im ersten Jahr schon über die CLV Deckungsbeiträge rechnen. Lasse ich diese Neukunden aber weg, dürfte das Bild ganz anders aussehen.

    Das könnte zum Teil mit diesem Thema zu tun haben, das hohen Einfluss auf die ROI Berechnung hat.
    Ein professionelles algorithmen-basiertes Attributionsmodel berücksichtigt neben Click(visits) natürlich auch Views. Hier gibt es zwei interessante Fragestellungen:
    1) wann sollte man einen View in die Attribution einbeziehen, wann steuert er Wert ?
    2)) was macht man mit Views, von denen wir wissen, das es sie gibt, wir sie aber nicht messen dürfen, da das Tracking vom Anbieter geblockt wird?

    Zudem stellt sich die Frage, wie man den Effekt von x-device customer journeys hochrechnet auf alle journeys, wenn wohl nur ein überschaubarer Teil der Journey wirklich x-device über Tracking zusammengeführt werden kann – insbesondere veständlicherweise im Neukunden Bereich.

    Beste Grüsse nach Hamburg
    Jürgen

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