Groupon bleibt unabhängig – und das ist besser für alle!

Von Marcel Weiß und Jochen Krisch

Auch wenn es viele erwartet haben, geht Groupon nun doch nicht an Google.

Wir haben uns in den letzten Tagen bewusst zurückgehalten und uns an den zum Teil absurden Übernahmespekulationen nicht beteiligt, weil es aus Exciting Commerce Sicht extrem unwahrscheinlich war, dass Groupon so wenig von sich und seinem Erfolgsmodell überzeugt ist, dass es sich zu so einem frühen Zeitpunkt an Google & Co. binden müsste.

Während Groupon für Google eine echte Bereicherung gewesen wäre, war Googles schlagkräftigstes Argument für Groupon das Geld. Aber was sind kolportierte 6 Mrd. Dollar und ein schneller Exit für eine (Live Shopping) Idee, die die Welt verändern kann?

Inzwischen ist bekannt, dass Andrew Mason und die Groupon-Verantwortlichen dem Charme von Marissa Mayer, seit kurzem die Google-Lokalchefin, nicht erlegen sind und nach Amazon auch Google eine Abfuhr erteilt haben.

Groupon bleibt fürs erste unabhängig und will den Weg lieber alleine gehen. Als Exit-Option für die Investoren bleibt ein Börsengang im nächsten Jahr.

Albert Wenger von Union Square Ventures hatte in den letzten Tagen eine der stichhaltigeren Analysen ("Google Buying Groupon is a Flawed Idea")

"On one hand I can understand Google’s aggressive aggressive interest in Groupon. Groupon appears to be one of the few companies that has cracked the code on making money from local businesses. But there are at least two fundamental compatibility problems.

First, Groupon is a feet on the street business employing over 3,000 people globally. So at $600 million in annual revenues, that amounts to only $200,000 of annual revenue per employee.  Google on the other hand does about $30B in revenues with around 25,000 employees, which works out to $1.2 million in annual revenue per employee and that’s including all the employees that work in Google businesses that produce no revenues at all. 

In other words, Google is a technology company and Groupon is a people company.  Business Insider made this point when the acquisition rumor first surfaced."

Viele schieben Groupon immer noch in die "Local Deals" Ecke. Sie unterschätzen dabei aber, dass es sich bei Groupon im Kern um ein Infrastruktur-Unternehmen handelt, das über ein weltweites Vertriebsnetzwerk verfügt, mit dem schon heute kein anderes Online-Unternehmen mithalten kann – und das im ersten Schritt zügig ausgebaut wird, um es anschließend schrittweise in eine Art Selbstbedienungssystem zu überführen ("Groupon startet Groupon Stores").

Groupon ist als Deal-Plattform das Ebay der nächsten Generation

Mit dem zügigen Aufbau der Groupon Stores und der zugehörigen Deal-Feeds schafft Groupon im Idealfall einen Lock-In-Effekt bei den Händlern, der es für Konkurrenten schwer macht. Der Zusatznutzen für die User kann, bei Erfolg, ebenfalls nicht unterschätzt werden. Das dürfte neben dem erheblich höheren Umsatz-Potential für Groupon der Beweggrund für den Wechsel in die aktuelle Richtung sein.

Groupon plant beziehungsweise hat begonnen, einen zweiseitigen Markt auf das eigene Angebot aufzusetzen, wo zunehmend mehr Händler zunehmend mehr Kunden anziehen – und umgekehrt.

Erfolg mit der neuen Groupon-Richtung setzt allerdings ein großes 'Wenn' voraus: Groupon muss die neu entstehenden Dynamiken im Zaum halten.

Wie bereits in den Kommentaren diskutiert, führen die neuen Shopabonnements in Form der Groupon Stores im schlimmsten Fall dazu, dass die Händler Schnäppchen an Stammkunden verteilen, statt Neukunden zu generieren.

Im besten Fall schaffen es die Groupon-Händler mit den Angeboten allerdings, eine stabile Bindung aufzubauen und ihre Stammkundschaft immer wieder aufs neue zu aktivieren.

Für Google wird es jetzt eher schwer, in diesem Markt Fuß zu fassen. Denn in der Zwischenzeit hat sich Amazon an Groupons größtem Konkurrenten Living Social beteiligt. Im schlimmsten Fall muss Google nun eigene Vertriebsstrukturen aufbauen, um den lokalen Handel anzusprechen.

Neuesten Spekulationen zufolge soll Groupon in diesem Jahr weltweit Gutscheine im Wert von zwei Mrd. US-Dollar absetzen, was einmal mehr die Potenziale im Live Shopping Markt verdeutlicht.

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Kategorien:Crowdsourcing, Die neuen Händler, Live Shopping, Shopboerse

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  1. Also ob es für Google schwer sein muss, das wage ich einmal zu bezweifeln. (Zumindest) die technische Infrastruktur ist bereits vorhanden (Maps, Places, Android ggf. für push, Gmail als Kontaktdatenbank, usw.), Places könnten sie locker ohne jeglichen Vertrieb als Selbstbedealungsladen ausbauen, sprich Groupon Stores und Deal Feed emulieren (was ohnehin eher Google entspricht). Wenn sie ihren eigenen Cut auf ein paar Prozent (bzw. zumindest deutlich unter Groupon) reduzieren und noch ein, zwei Designer anheuern, dann ist für viele Google als Alternative wohl ein no brainer.

  2. @Markus: Ja, fehlt halt dann “nur” noch die Community.

  3. Sehr schöne Analyse. Die Herausforderungen für Groupon sind allerdings alles andere als trivial. Auch wenn ich Ihnen den Erfolg gönne, es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Probleme der ein oder andere Wettbewerber schneller lösen könnte.

  4. @markus prinzipiell hast Du natürlich recht, aber irgendwas muss Groupon haben, was sich Google selber nicht zutraut und was Groupon für Google so extrem attraktiv macht.
    Persönlich glaube ich, dass Google der Draht zu den lokalen Händlern/Dienstleistern fehlt. Die sind eben (noch) nicht so einfach für Online-Aktionen zu aktivieren wie zum Beispiel die (Online-)Händler/Dienstleister, die Adwords buchen.
    Und für die ist Google auch nicht die natürliche Alternative, zumal viele gar nicht wissen, womit Google sein Geld verdient …

  5. Und wer weiß wie lange das ganze System überlebt. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern da wurde hier regelmäßig über die ganzen Liveshopping Seiten berichtet und da hieß es auch, wer das nicht machen würde wäre schnell weg vom Fenster. Wo sind heute die Liveshopping Seiten?
    Letztendlich muß es sich für die meisten Seiten die bei Groupon wirbt rechnen, nicht jeder der dort seine Gutscheine verkauft hat soviel Geld zu verschenken wie Zalando.
    Und ob es davon letztendlich genügend gibt?
    Ich habe da meine ganz großen Zweifel! Letztendlich müssten alle profitieren und das sehe ich hier einfach nicht, wenn von Anfang an erwartet wird das es mindestens 50% Rabatt gibt.

  6. Ja, wer weiß, wie lange das Internet überlebt ;-) Entschuldige bitte, aber das Argument ist mir zu plump.
    Wir berichten auch weiterhin über erfolgreiche Live Shopping Seiten (Woot!, iBOOD, Catch of the Day, etc.). Und Amazon ist nun wirklich nicht dafür bekannt, leichtfertig auf jeden Hype aufzuspringen:
    http://www.excitingcommerce.de/2010/12/amazon-live-shopping.html
    Groupon wendet sich ja auch nicht in erster Linie an Händler, sondern an lokale Dienstleistungsunternehmen (Restaurants, Beautystudios, etc.), die mit den Groupon-Aktionen Zusatzumsätze in nachfrageschwachen Zeiten generieren können, d.h. sie generieren Umsätze zu Zeiten, wo die Mitarbeiter eh nur Däumchen drehen.
    Da können sich selbst solche extremen Rabattaktionen rechnen. Die zweite große Einnahmequelle, auch das sollte man nicht unterschätzen, sind nicht eingelöste Gutscheine.
    Aber natürlich stimmt, Groupon-Aktionen eignen sich nicht für (Online-)Händler. Dazu sind sie aber auch nicht gedacht.

  7. Wegen der User wird Google Groupon ja kaum gekauft haben wollen. Dann schon eher wegen der lokalen Vertriebskompetenzen. Wäre da ein Kauf von Yelp nicht weitaus attraktiver? Yelp gab es doch schon für 500M zu kaufen und hat attraktive lokale Vertriebsstrukturen.

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