Groupon, mal durch die E-Commerce-Brille betrachtet

Von Marcel Weiß

Was passiert eigentlich, wenn das am schnellsten wachsende E-Commerce-Unternehmen der Welt anfängt, nicht nur Dienstleistungen sondern auch Produkte an seine über 130 Millionen Email-Abonnenten zu vertreiben?

In der berüchtigten 'geleakten' internen Email schreibt Groupon-CEO und Mitgründer Andrew Mason bereits über erste Anfangserfolge des neuen "Groupon Product":

"Travel and Product are enormous opportunities. After only a few months, they’re already making up 20% of revenue in some countries. We sold $2M worth of mattresses in the UK — in one day!"

Groupon könnte mit der Ausweitung dieser Kategorie schnell in Bereiche vordringen, die anderen vor allem auf preisbewusste Kunden setzende Onlinehändler zu schaffen machen könnten.

Scot Wingo hat sich mit dieser Möglichkeit jüngst in seinem Blog eBay Strategies auseinandergesetzt und fasst zusammen:

"Groupon's identity and messaging which is: "save half off with us" is one that clearly appeals to the value consumer. The value consumer is 100% in both eBay and Walmart's wheel house, so I think they are most at risk from Groupon's metamorphosis from a local deal site to a full-on national marketplace."

Grouponproduct

"It's also interesting that eBay hasn't really caught on to this and is continuing to send eBay users over to Groupon through the eBay bucks program.

Amazon is somewhat insulated from this situation by a couple of factors:

  • Amazon doesn't hang their hat on the value consumer. Sure they have some exposure, but primarily
  • Amazon focuses on a combination of selection, value, convenience, ease of use.
  • Amazon has a hedge in the form of their ownership of LivingSocial. This could be leveraged in a number of ways.
  • Amazon could acquire the rest of LivingSocial and have a complete counter-offer to Groupon
  • Amazon could keep LivingSocial separate, but perhaps have a counter to Groupon Products by leveraging
  • Amazon's huge user base and access to products and merchants."

Wenn man den Groupon-Beißreflex, den viele mittlerweile entwickelt haben, einmal weglässt, fällt schnell auf, dass das gar nicht so weit hergeholt ist. Groupon kann mit seiner Email-Reichweite attraktive Deals in großer Stückzahl absetzen.

Dass Liveshopping auch abseits von Dienstleistungen ein lukratives Geschäft sein kann, wird bei all der Groupon-Dominanz in letzter Zeit leicht vergessen. Auch Amazon glaubt an das Potential und hat das mit seiner Übernahme von Woot!, dem Pionier in diesem Feld, gezeigt. Der Unterschied zwischen Groupon und Woot! ist natürlich, dass Groupon lediglich die Deals vermittelt aber nicht die Logistik übernimmt.

Natürlich bleibt die Frage, wie Groupon all die verschiedenen neu hinzukommenden Richtungen und Angebote unter einen Email-Hut bekommen will. Eine tägliche Email ("Welche Rolle spielt die E-Mail im E-Commerce heute und morgen?") mit einer Vielzahl an Deals, die alle um die Aufmerksamkeit der Empfänger buhlen ist etwas anderes als eine leicht verdaubare Email mit einem oder zumindest mit wenigen attraktiven Deals.

Interessanterweise ist es auch um Groupon Stores, die Self-Serve-Plattform und mögliche Lösung für dieses mittelfristige Problem, erstaunlich ruhig geworden.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Crowdsourcing, Die neuen Händler, Live Shopping, Woot

1 Antwort

  1. Das Problem bei Produkte ist aber das Gleiche, wie bei Dienstleistungen. Die Sache muss sich fuer die Haendler lohnen, es sei denn, Groupon plant, selbst Haendler zu werden. Amazon ist a) Haendler und b) sind die CPOs fuer die externen Haendler so moderat, dass es sich fuer eine grosse Anzahl von Haendlern lohnt, ueber Amazon zu verkaufen. Gleiches gilt bei fuer eBay. Wenn jetzt Groupon losrennt und schreit: „Alles fuer die Haelfte“, wird sich das abzueglich der Groupon-Kosten fuer nur noch eine stark eingeschraenkte Anzahl von Haendlern lohnen und Stammkundschaft laesst sich so natuerlich auch nicht aufbauen, fuer Groupon schon, fuer den Haendler nicht.
    Eine 130 Mio. Nutzerdatenbank kann man sicher tatsaechlich gut monetarisieren, aber ob das mit den typischen „50% gespart“ Aktionen klappt, wage ich zu bezweifeln.

  2. Da sind wir wieder beim Thema der Preisspirale, die der E-Commerce nie so richtig verlässt. Falls er sie verlassen kann und will.

  3. Es wird immer schwerer, sich dieser Preisspirale zu entziehen, denn der Aufwand, State-of-the-Art Angebotsseiten ins Netz zu stellen, wird immer kleiner. Es sind ja nicht nur die Frondends, fast nichts muss man heute noch teuer bauen oder einkaufen, sondern kann es guenstig mieten und somit hat man fuer fast jedes Geschaeftsmodell im Internet in sehr kurzer Zeit grosse Konkurrenz und die unterscheidet sich dann in erster Linie durch den Preis. Man muss berechtigt fragen, wo diese Entwicklung am Ende hinfuehrt, der klassische Haendler wird wohl ueber kurz oder lang aussterben, weil immer mehr Geschaeft direkt vom zwischen Hersteller und Endkunden stattfindet, mit Transaktionsplattformen, die nicht mehr von Haendler-Margen sondern nur noch von CPOs und / oder Transaction-Fees leben. Die Zeiten, wo man einen mehrstufigen (Importeur, Grosshaendler, Einzelhaendler) Handel hatte, sind eigentlich bereits jetzt fast vorbei.

  4. @claus
    „Man muss berechtigt fragen, wo diese Entwicklung am Ende hinfuehrt, der klassische Haendler wird wohl ueber kurz oder lang aussterben[…].“
    Ja, diese Einschätzung ist im Folgenden nicht von der Hand zu weisen, jedoch glaube ich eigentlich nicht, dass das Preisrennen unbedingt an die Umstrukturierung der Transaktionsformen (Großhändler, Zwischenhändler, …) gebunden ist. Es geht ja um die Ansprache und Bindung von Konsumenten, nicht um die Schmerzen der Händler. Und Konsumenten muss man nicht mit zwangsläufig mit Rabatten ansprechen um sie zu binden. Das Thema Emotionen ist nach wie vor extrem unenerschlossen. Man kann Konsumenten mit Rabatt-Penetration dazu erziehen, dass der Preis ausschlaggebend ist um Konversion zu erziehlen. Vielleicht ist das, was du meintest mit „es wird immer schwerer, sich der Preisspirale zu entziehen…“. Aber wer ist mit „es wird schwerer“ gemeint. Wen betrifft das? Nicht die Konsumenten, sondern die Anbieter.
    Das soll jetzt nicht radikal klingen, aber: Die Anbieter tragen selbst die Verantwortung über die Ansprache. Niemand muss jammern, dass die Preisspirale ein Problem für den E-Commerce wird. Es gibt Auswege.
    Und das ist ja der Knackpunkt beim Groupon-Modell: Groupon bindet Kunden durch die Preise in den Deals. Das Unternehmen, bei dem man den Deal dann einlöst, die haben das Problem, das die Kundenbindung nicht weiter vererbt wird.
    Händler, die bei Groupon Angebote schalten stehen also genauso in der Pflicht, den günstigen Rabatt in den Hintergrund zu setzen.

  5. Wenn Groupon-Angebote keine oder kaum Stammkunden generieren, müssen sie in sich selber rentabel sein. Das kann in den seltensten Fällen der Fall sein. Also muss die Plattformprovison runter auf 20 bis 30%.
    Damit verliert das Modell an Glanz und Wachstumspower….aber bleibt natürlich eine attraktive Abschleusemöglichkeit – nicht mehr und nicht weniger.
    wie aber auf Groupon und ähnlichen Seiten exciting commerce betrieben werden kann, entzieht sich mir trotz aktivem praktischen Austesten bis heute.
    Und die Enge des E-Mail-Kanals ist als Problem nicht dadurch gelöst, dass man sie kurz anspricht und gleich wieder vergisst wie in diesem Artikel: Wie jeder andere Verkehr auch erstickt der e-mail-Verkehr an sich selber und am eigenen Erfolg.

  6. Groupon durch die Analysten-Brille betrachtet:
    http://www.onvista.de/news/alle-news/artikel/24.09.2011-10:00:57-ipo-groupon-muss-umsatz-angaben-halbieren
    Umsatzangaben halbiert!
    Schon davor: „Lefkofsky behauptete, sein – derzeit äußerst unprofitables – Unternehmen werde nach dem Börsengang „so richtig profitabel“ sein. Die US-Börsenaufsicht verbietet jedoch solcherlei Äußerungen.“
    Hahaha, der Mann sollte Komiker werden!

  7. Das ist aber eh Wurscht bzw. nur relevant, wenn man den Unternehmenswert ausschliesslich am Unsatz festmacht. Macht man ihn am Ebit fest, ist es eigentlich egal, wieviele Durchlaufposten eine Firma in die Bilanz nimmt. Wenn es entsprechende Regeln in den USA gibt, muss Groupon es halt so aufschreiben, aber ansonsten aendert sich fuer Groupon dadurch gar nichts.

  8. Stimmt, das ist total wurscht. Wenn das Ebit konstant bleibt ist das ja auch super, denn dann kann Levkovski erst recht ein „so richtig profitables“ Unternehmen an die Börse nbringen. Denn bei konstantem Ebit aber halbem Umsatz verdoppelt sich die Umsatzrendite auf einmal. Genial.
    Auch, dass Margo Georgiadis zurück zu Google gegangen ist, sieht nicht gerade gut aus.
    Nur ums klarzustellen: Ich freue mich nicht über Groupons derzeitigen Schwierigkeiten beim Börsengang, ich finde es nur gut wenn mal jmd. daran gehindert (insb. Levkovski – siehe seine Vorgeschichte!) wird mit seinem Unternehmen an die Börse zu gehen und womöglich unzählige Kleinanleger zu schädigen.

  9. Ich schätze auch dass der Reisemarkt noch mehr angegangen wird. Gerade weil Google auch hier aktiv ist mit seiner Flugsuche.

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