In dieser Woche konnte man den Eindruck gewinnen, als hätte Groupon horrende Verluste eingefahren, doch ganz im Gegenteil: Groupon hat zum zweiten Mal in Folge ein positives Ergebnis ausgewiesen. Einbußen erlitten haben lediglich die Investoren, und zwar durchaus zurecht.
Denn wer mit Phantasiebewertungen an die Börse geht, der muss damit rechnen, dass ihn irgendwann die Realität einholt. Im Grunde schön zu sehen, wie die Börse gerade die Tech-VC-Szene abstraft, die sich darauf verlegt hat, ihre Startups – gute wie schlechte – hochzujazzen bis zum Geht-nicht-mehr. Solche Spielchen sind legitim, wenn man untereinander zockt und versucht, beim Exit das Maximum herauszuholen. Das rächt sich allerdings bisweilen, wenn man dieselben Spielchen auch öffentlich an der Börse spielen will.
Allzu schnell ist vergessen, dass Groupon beim Börsengang bewusst nur sehr wenige Anteile ausgegeben hat, um den Preis zu treiben. Der so festgesetzte Ausgabekurs half entsprechend wenig, um Groupon einzuschätzen. Er repräsentierte schon damals weniger den Wert des Unternehmens als, wenn überhaupt, den Wert des kleinen Aktienpakets, das im November 2011 verfügbar war.
Für uns ist Groupon inzwischen doppelt spannend. Zum einen bleibt es weiter das erste Unternehmen der neuen E-Commerce-Generation, das sich in die Karten schauen lässt, Geschäftszahlen veröffentlicht und so substanzielle Einblicke in die Umsatzentwicklung und das Geschäftsmodell erlaubt. Und speziell Groupon schwimmt ja in diesem Jahr in Geld.
Zum anderen kann man jetzt langsam anfangen zu diskutieren, wie ein Unternehmen wie Groupon tatsächlich zu bewerten ist:
- Ist der aktuelle Börsenwert von 3,1 Mrd. Dollar gerechtfertigt für ein Unternehmen, das 2012 Umsätze von 5 Mrd. Dollar anstrebt? Ist es noch über- oder schon unterbewertet?
- Im Dezember 2010 war Google bereit, in der damaligen Hypephase 6 Mrd. Dollar für Groupon hinzublättern – bei einem Umsatz von damals rund 600 Mio. Dollar. Zumindest vor diesem Hintergrund wäre Groupon heute ein regelrechtes Schnäppchen.
Anleger und E-Commerce-Interessierte haben jetzt die Möglichkeit, sich bei weitaus mehr Informationen ein substanziell besseres Bild von Groupon zu machen. Kara Swisher hat diese Woche ein Interview mit Groupon-Chef Andrew Mason geführt, für den sich in der Innensicht vergleichsweise wenig verändert hat.
Er betont zurecht, dass Groupon heute auf Smartphones schon Milliardenumsätze erzielen kann, von denen andere sogenannte "Mobile Player" noch träumen.
Spannend ist aber auch, dass die panikartigen Verkäufe Groupon zum Übernahmekandidaten gemacht haben. Man wird sehen, ob Groupon dem öffentlichen/Börsen-Druck standhalten kann oder ob es sich besser wieder in private Hände begibt.
Bei Exciting Commerce haben wir uns an den (Bewertungs-)Spekulationen rund um den Börsengang bewusst nicht beteiligt, sondern uns beim Thema Groupon immer an den harten Fakten aus den Geschäftsberichten orientiert, weil wir die Substanz und das Marktpotenzial von Groupon & Co. erheblich spannender finden als die Außeneinschätzungen von teils vorurteilsbeladener, teils uninformierter Seite.
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Mit der Bewertung ist das so eine Sache s. Amazon. Auf der anderen Seite sind die Investoren sicherlich enttäuscht, dass unterm Strich so wenig bleibt und der Ausblick noch schlechter ausschaut.
Ein guter Beitrag, mal schauen ob diese Firma an der Börse erfolgreich bleibt.
Alles ist subjektiv … “Einbußen erlitten haben lediglich die Investoren” sehen die Investoren sicherlich ohne das Wörtchen “lediglich” ;-)
Was mich an GroupOn immer noch fasziniert, ist die Frage: ist das wirklich eine Online-Unternehmen im Sinne des Wortes – mit den dabei möglichen Skaleneffekten? Tatsächlich steckt hier im Kern ja das gute alte Couponing, gepusht durch eine menschliche Vertriebsmannschaft – mit Emails als primärem Marketing- und Vertriebskanal. Es spricht nichts gegen ein solches Geschäftsmodell, solange Geld verdient wird. Aber die enormen Skaleneffekte, wie sie Google teilweise Facebook und sogar Amazon durch nahezu vollständige Automatisierung fast aller Prozesse (außer der physischen Logistik bei Amazon) erzielen, kann es bei GroupOn nicht geben.
Ein wirklich sehr interessanter Artikel. Die Thematik der Unternehmensbewertung wird beinahe in allen Finanzbereichen gebraucht. Je nach Anlass muss dabei differenziert werden. Der Anlass ist relevant für den Zweck, aus welchem wieder die Funktion abgeleitet wird. Je nach Funktion wird dann das Bewertungsverfahren ausgewählt, welches schlussendlich für den Unternehmenswert verantwortlich ist. Der Unternehmenswert ist jedoch nicht gleich der Unternehmenspreis!
Groupon war / ist eine Besonderheit der Unternehmensbewertung. Aufgrund des immensen Wachstums und der Innovationskraft sind „alte“ Methoden der Unternehmensbewertung nicht anwendbar. Sicherlich muss man die Bewertung auch realistisch betrachten. Ein ewig progressives Wachstum gibt es nicht! Das Ziel eines IPOs, möglichst viel Geld einzunehmen, wurde eindrucksvoll erreicht. Nach und nach spiegelt der Aktienkurs jetzt den wirklichen Unternehmenswert /-preis wider!