Alles beim Alten: Michael Otto will auch mit 80 nicht abtreten

Wer soll Otto in die Zukunft führen? Zum Verdruss der Otto-Gruppe will Firmenpatriarch Michael Otto auch mit 80 nicht abtreten, um einen radikalen Schnitt und den überfälligen Neuanfang zu ermöglichen. Das sagt er heute im Spiegel-Interview, wo er für die Zukunft weiter alles offen lässt.

Damit geht die Jahrzehnte andauernde Hängepartie weiter, in der die operativ Verantwortlichen vor allem Rücksicht auf die familiären Befindlichkeiten nehmen müssen. Wohl nicht grundlos wurde in der Not gerade Mytoys geopfert, wo bekanntlich weder das Herz des Vaters noch das des Sohnes sonderlich daran hängen (siehe Warum lässt Otto SportScheck überleben, Mytoys aber nicht?)

Unantastbar bleibt hingegen ein Relikt wie Otto.de, das der Marktentwicklung immer 10 bis 15 Jahre hinterherhinkt und neuerdings immerhin als Marktplatz fungiert. Verluste im dreistelligen Millionenbereich soll alleine Otto 2022 eingefahren haben. Wie würde man die Zukunftsfähigkeit von Otto.de wohl einschätzen, wenn es nicht den Familiennamen trüge?

Otto hat genügend Spindoktoren, die Michael Otto intern wie extern auf einen Sockel heben – trotz der vielen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen der letzten Jahren.

Neben dem mangelnden Durchhaltevermögen bei Zukunftsthemen fehlt es der Otto-Gruppe weiter an Schnelligkeit und Entscheidungsstärke in einem dynamischen Marktumfeld.

Nachlassverwalter statt Zukunftsgestalter

Das ist allerdings gewollt. Denn seit Michael Otto 2007 die operative Führung abgegeben hat, setzt Otto an der Konzernspitze nicht mehr auf unternehmerische Köpfe, sondern vor allem auf Platzhalter, die möglichst wenig kaputtmachen sollen.

So hat die Otto-Gruppe vor allem in den Jahren zwischen 2007 und 2017 viel Zeit verloren (siehe Grafik) und im Grunde auch seine Zukunft verspielt, als es allen Ernstes lieber auf ein Quelle gesetzt hat als sich an einem Zalando zu beteiligen. Mit dem Kopf im Rückspiegel lassen sich natürlich schwerlich Marktchancen nutzen.

Michael Otto hat bis in die späten 90er Jahre hinein enorme Verdienste im deutschen Handel, aber in der heutigen Zeit ist er ein Mann von gestern (böse Zungen würden sogar sagen: von vorgestern).

In den jüngsten Exchanges fragen wir uns daher, ob die Otto-Gruppe heute soviel schlechter dastünde, wenn sie 2007 gleich die Generation der (30- bis) 40-Jährigen rangelassen hätte.

Otto verfügt heute im Konzern über weitaus mehr Auslaufmodelle als über Zukunftsmodelle.

Deshalb ist im Grunde klar, was passieren müsste und im Grunde schon vor Jahren hätte passieren müssen. Passieren wird es spätestens, wenn Michael Otto abtritt. Das kann aber noch ein Weilchen dauern.

Bis dahin wird sich der Konzern weiter im Kreis drehen und dabei möglichst niemandem in der Familie Otto auf die Füße treten.

Frühere Beiträge zum Thema:



Kategorien:Shopboerse, Ultimondo

Schlagwörter:

  1. Zeig doch mal eine Grafik mit den Gewinnen anstatt den Umsätzen aus dem E-Commerce-Geschäft der jeweiligen Protagonisten…

  2. Sehr beeindruckend ist in dem Zusammenhang auch das otto up programm. Mehrmals im Jahr reibt sich die mydealz Gemeinde (mit durchschnittlich 3 accounts) verwundert die Augen, dass Otto wieder bedingungslos Geld ausschüttet…

    https://www.mydealz.de/deals/otto-up-500-extra-punkte-im-marz-evtl-peronalisiert-2144100

  3. Nur zur Einordnung: Ich bin nicht der super Expert im E-Commerce-Bereich. Mich interessiert immer nur die letzte Zeile der G&V. Die gibt’s auch im Zeitalter von eCommerce. Bei Otto hat mich schon seit langer Zeit gestört, dass dieses Unternehmen verschachtelt ist. Für mich ist dies mit „Komplexität“ gleichzusetzen. Hier den Durchblick zu behalten ist wirklich kaum möglich. Zudem muss mittlerweile ja ein großer Clan bedient werden – wenn ich es richtig sehe. Der ältere Herr will sein Lebenswerk bewahren dazu muss er eben den Clan sauber bedienen.
    Andere Familienunternehmen stehen vor dem gleichen Problem. Das Problem für diese Unternehmen ist ist, dass deren Organisations-Komplexität mit der aktuellen Marktgeschwindigkeit nicht zu synchronisieren ist. Konkret: Ein Otto wird es eben in ein paar Jahren nicht mehr geben.
    Aus meiner Sicht ist es kein Problem des Alters (sofern keine Demenz in Anmarsch ist), sondern der Wunsch nach einem Familienkoloss der ewig zu leben hat. Weder der ältere Herr noch den die sogar sehr jungen familienbezogenen „Stakeholder“ (von denen es sehr viele geben erscheint) können sich mit der Tatsache anfreunden, dass der Lebenszyklus solcher digitalen Geschäftsmodell von Jahr zu Jahr kürzer wird – heute sogar extrem schnell. Denken wir nur an die Macht von Chat-GPT. Das wird die Jungen grandios aus der Bahn werfen. Und ist mit der aktuellen Komplexität definitiv nicht machbar.

Kommentar verfassen

%d